Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024

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§ 21a (Fn 11)
Fesselung und Fixierung

(1) Gegen Patientinnen und Patienten kann als weitere besondere Sicherungsmaßnahme die Fesselung angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbstverletzung oder Selbsttötung besteht.

(2) Fixierungen dürfen nur angeordnet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer von den Patientinnen und Patienten ausgehenden erheblichen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer unerlässlich ist und nach dem Verhalten der Patientinnen und Patienten oder auf Grund ihres seelischen Zustandes andere, weniger einschneidende Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

(3) Die Fesselung oder Fixierung ist unverzüglich zu lockern oder zu entfernen, sobald die Gefahr nicht mehr fortbesteht oder durch mildere Mittel abgewendet werden kann.

(4) Fesselungen und Fixierungen, durch die die Bewegungsfreiheit der Patientinnen und Patienten absehbar nur kurzfristig aufgehoben wird, werden von der therapeutischen Leitung der Einrichtung angeordnet. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der therapeutischen Leitung der Einrichtung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Absehbar nicht nur kurzfristige Fixierungen nach Absatz 2 bedürfen der vorherigen ärztlichen und richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug dürfen die therapeutische Leitung oder, wenn deren Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann, andere Bedienstete der Einrichtung die Anordnung vorläufig treffen. Die ärztliche und richterliche Entscheidung sind unverzüglich nachzuholen. Einer Antragstellung bei Gericht bedarf es nur dann nicht, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme absehbar ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Das Gericht ist unverzüglich zu unterrichten, wenn die Fixierung nach Antragstellung bei Gericht, aber vor einer gerichtlichen Entscheidung, nicht mehr erforderlich ist.

(6) Bei Fixierungen ist eine ununterbrochene, unmittelbare Überwachung durch Beschäftigte des Pflege- und Erziehungsdienstes oder therapeutisches Personal innerhalb des betroffenen Raumes oder im Sichtfeld der Beschäftigten des Pflege- und Erziehungsdienstes oder des therapeutischen Personals vor dem Raum vorzuhalten (Sitzwache).

(7) Die Notwendigkeit der Fixierung ist fortlaufend zu überprüfen und ärztlich zu überwachen.

(8) Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sollen den Patientinnen und Patienten zusammen mit der Anordnung erläutert werden. Bei einer Gefährdung der Sicherheit kann dies nachgeholt werden. Über Fixierungen nach Absatz 5 sind Personensorgeberechtigte der Patientinnen und Patienten unverzüglich zu unterrichten. Dem Wunsch der Patientinnen und Patienten nach Unterrichtung weiterer Personen soll entsprochen werden. Nach Beendigung einer Fixierung, die nicht richterlich angeordnet worden ist, sind die Patientinnen und Patienten über die Möglichkeit zu belehren, die Rechtmäßigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.

(9) Bei Fixierungen dokumentiert die Maßregelvollzugseinrichtung die

1. Anordnung,

2. hierfür maßgeblichen Gründe,

3. Durchführung,

4. Dauer,

5. Art der Überwachung sowie

6. die Belehrung nach Absatz 8 Satz 5.

(10) Gerichtliche Zuständigkeit und gerichtliches Verfahren bei einer Fixierung nach Absatz 5 richten sich nach den §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436) in der jeweils geltenden Fassung.

Fußnoten:

Fn 1

GV. NRW. S. 402, geändert durch Gesetz v. 11.6.2002 (GV. NRW. S. 237); Artikel 63 des Vierten Befristungsgesetzes vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 332), in Kraft getreten am 30. April 2005; Art VI des Gesetzes v. 5.4.2005 (GV. NRW. S 408), in Kraft getreten am 5. Mai 2005; Artikel 3 des Gesetzes vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540), in Kraft getreten am 1. März 2010; Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019; Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1238), in Kraft getreten am 1. Januar 2021.
Aufgehoben durch Gesetz vom 17. Dezember 2021 (GV. NRW. S. 1494) nach Maßgabe des § 62 (siehe Hinweis), in Kraft getreten am 31.Dezember 2021.

Fn 2

GV. NRW. ausgegeben am 15. Juli 1999.

Fn 3

§§ 1, 3, 18, 26 und 34 geändert durch Gesetz v. 11.6.2002 (GV. NRW. S. 237), in Kraft getreten am 29. Juni 2002.

Fn 4

§§ 27 u. 28 gestrichen durch Gesetz v. 11.6.2002 (GV. NRW. S. 237), mit Wirkung vom 29. Juni 2002.

Fn 5

§ 38 angefügt durch Artikel 63 des Vierten Befristungsgesetzes vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 332);in Kraft getreten am 30. April 2005.

Fn 6

§ 16 Abs. 3 geändert durch Art VI des Gesetzes v. 5.4.2005 (GV. NRW. S 408); in Kraft getreten am 5. Mai 2005.

Fn 7

§ 35: Wortlaut umbenannt in Absatz 1 und Absatz 2 angefügt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540), in Kraft getreten am 1. März 2010; Absatz 3 angefügt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017.

Fn 8

§ 17a eingefügt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 5 geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019; Absatz 4 und 6 geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1238), in Kraft getreten am 1. Januar 2021.

Fn 9

§ 17: Absätze 1, 3 und 4 geändert, Absatz 2 neu gefasst und Absatz 5 aufgehoben durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511), in Kraft getreten am 1. September 2017; Absatz 3 (alt) aufgehoben und Absatz 4 (alt) umbenannt in Absatz 3 durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019.

Fn 10

Inhaltsübersicht zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019.

Fn 11

§ 21a eingefügt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Juli 2019 (GV. NRW. S. 339), in Kraft getreten am 17. Juli 2019.

Fn 12

§ 31 zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GV. NRW. S. 1238), in Kraft getreten am 1. Januar 2021.