Wasserwirtschaftliche Anforderungen an
Anlagen zum
Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft
IV B 4 – 220-5v. 8.8.1996
Mit
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes
NRW v. 27.1.1995 Az.: IV B 4-200-5 (SMB1. NRW. 770) wurden die
wasserwirtschaftlichen Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von
Jauche, Gülle und Silagesickersäften eingeführt. Im Erlass wurde u.a. deutlich
gemacht, dass die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb sowie die
Feststellung der dauernden Dichtigkeit der Anlage allein dem Betreiber obliegt.
Um
die generellen Vorgaben für die Überwachung der genannten Anlagen aufzuzeigen,
wurde innerhalb der nordrhein-westfälischen Wasserwirtschafts- und
Landwirtschaftsverwaltung das nachfolgende „Merkblatt zur Überwachung von
Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften"
erarbeitet. Es soll den Betreibern, Wasserbehörden und landwirtschaftlichen
Beratungsstellen aufzeigen, welche entsprechenden Prüf- und Wartungsarbeiten
zur Gewährleistung der dauernden Dichtheit derartiger Anlagen durchzuführen
sind.
Merkblatt zur Überwachung
von Anlagen
zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften
Allgemeine
Rechtsgrundlagen
Nach den §§ 26
und 34 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19.
August 2002 (BGBl. I S. 3246) dürfen Stoffe nur so gelagert oder abgelagert
werden, dass eine Verunreinigung des Grund- und Oberflächenwassers nicht zu
besorgen ist.
Anlagen
zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften müssen nach
§19 g Abs. 3 WHG so beschaffen sein und so eingebaut, aufgestellt, unterhalten und
betrieben werden, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer erreicht wird. Sie
müssen mindestens entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik
beschaffen sein sowie eingebaut, aufgestellt, unterhalten und betrieben werden.
Durch
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes
NRW v. 27. 1. 1995 (SMBl. NRW. 770) wurden die DIN 11622 „Gärfuttersilos und
Güllebehälter" als allgemein anerkannte Regeln der Technik i. S. des § 19g
Abs. 3 WHG für den Bau und Betrieb, sowie zusätzliche wasserwirtschaftliche
Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und
Silagesickersäften eingeführt.
Nach
§ 19g Abs. 6 WHG sowie des § 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit
wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe v. 12. August 1993 (GV. NRW. S. 676), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. August 1999 (GV. NRW. S. 558), - SGV. NRW. 77 -, unterliegen derartige Anlagen weder der
wasserrechtlichen Eignungsfeststellung noch der wiederkehrenden Prüfpflicht
durch Sachverständige.
Die
Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb sowie die Feststellung der
dauernden Dichtigkeit der Anlagen obliegt allein dem Betreiber (Landwirt). Auf
die Haftung des Betreibers wird hingewiesen.
Das
Recht der zuständigen Behörden zur Überwachung und Kontrolle der Anlagen im
Rahmen der Gewässeraufsicht nach § 116 Landeswassergesetz (LWG) vom 25. Juni
1995, zuletzt geändert am 25. September 2001 (GV. NRW. S. 734 / SGV. NRW. 77)
und § 52 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) i.d.F. der
Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830) bleiben hiervon
unberührt.
Geschlossene
Behälter und Gruben mit einem Fassungsvermögen bis 50 m³ sind
baugenehmigungsfrei. Sie müssen jedoch den allgemein anerkannten Regeln der Technik
entsprechen. In Wasserschutzgebieten sind ferner die Anforderungen der
jeweiligen Schutzgebietsverordnungen zu beachten.
Lagerbehälter
mit mehr als 50 m³ Fassungsvermögen sowie offene Behälter für Jauche und
Flüssigmist, unabhängig von ihrer Größe, bedürfen einer Baugenehmigung nach der
Landesbauordnung. Bei der baurechtlichen Genehmigung werden die
wasserwirtschaftlichen Belange mit berücksichtigt.
Nach
DIN 11622 Teil 1 muss die ordnungsgemäße Ausführung aller Arbeiten,
einschließlich der Eigenleistungen, durch einen fachkundigen Bauleiter *1) überwacht werden.
Überwachung, Kontrolle und Prüfung
Für die
Überwachung der Anlagen sowie Kontrollen und Prüfungen sollen nach Abschluss
der Baumaßnahme folgende Unterlagen aufbewahrt werden:
- Bei genehmigungspflichtigen Anlagen: Genehmigungsbescheid einschl. aller
Bauantragsunterlagen.
- Abnahmebescheinigungen und anlagetechnische Unterlagen.
- Bei nicht genehmigungspflichtigen Anlagen: Bau- und anlagetechnische
Unterlagen.
- Bescheinigung des fachkundigen Bauleiters über die Dichtigkeitsprüfung nach
DIN 11622.
- Betriebsanleitung für Behälter und technische Einrichtungen gem. DIN 11622.
Während
des Betriebes ist der ordnungsgemäße Zustand der Anlagen vom Betreiber
sicherzustellen. Dabei ist insbesondere auf Undichtigkeiten zu achten und der
Füllstand des Behälters zu beobachten. Um ein Überlaufen der Behälter zu
vermeiden, ist bei offenen Behältern zur Aufnahme von anfallendem
Niederschlagswasser ein Freibord von mindestens 20 cm bis zum oberen Behälterrand
einzuhalten.
Darüber
hinaus hat der Betreiber die Anlagen mindestens einmal jährlich einer
gründlichen Sichtkontrolle zu unterziehen und deren Durchführung mit Tag und
Datum schriftlich festzuhalten. Die schriftlichen Aufzeichnungen dienen dem
Betreiber bei behördlichen Kontrollen und bei Schadensfällen als Nachweis, dass
er seinen ihm in Eigenverantwortung obliegenden Pflichten zur Überwachung der
Anlagen nachgekommen ist. Deshalb wird empfohlen, diese Aufzeichnungen für die
Dauer des Betriebes der Anlage aufzubewahren. Da der Betreiber grundsätzlich
für Schäden haftet, sollte er für einen ausreichenden Versicherungsschutz
sorgen.
Die
Sichtkontrolle sollte bei vollgefülltem Behälter durchgeführt werden.
Eine weitere
Überprüfung sollte möglichst bei leerem Behälter erfolgen. Dies setzt voraus,
dass beim Entleeren eine ordnungsgemäße Verwertung des Behälterinhaltes möglich
ist.
Auf folgende
Punkte ist besonders zu achten:
- Funktion und Dichtigkeit der Schieber, Verschlüsse, Ventile und Rohrleitungen.
- Einhaltung der Wartungsarbeiten gem. den Betriebsanleitungen der Hersteller.
- Risse, Abplatzungen, Korrosions- und Fäulnisschäden.
- Zustand der Fugenabdichtungen, Spannringe usw.
- Zustand der Abfüllplätze und Schächte.
- Entnahme von Wasserproben aus der Kontrolldrainage und Prüfung hinsichtlich
Verfärbungen und Geruch.
Die
bei der Prüfung festgestellten Mängel sind baldmöglichst - bei Gefahr im Verzug
umgehend - zu beseitigen.
Nachrüstung
vorhandener Anlagen
Anlagen, die den
heutigen Sicherheitsanforderungen nicht entsprechen, sind baldmöglichst - bei
Gefahr im Verzug umgehend - nachzurüsten. Dazu gehört insbesondere:
- Alle mit Gülle gefüllten Leitungen, die zu einem unbeabsichtigten Auslaufen
des Behälterinhaltes führen können, müssen mit doppelten
Sicherheitseinrichtungen (Schieber, Verschlussklappen, Ventile) versehen sein.
Mindestens eine der Sicherheitseinrichtungen ist gegen Betätigung durch
Unbefugte zu sichern.
- Die Befüllung und Entnahme der Gülle über den Behälterrand gilt als bevorzugte
Lösung (s. RdErl. V. 27. 1. 1995 ‑ SMBI. NRW. 770 ‑). Bei erdverlegten Leitungen sollten die
Schieber in Kontrollschächten verlegt sein. Das Gestänge der Schieber ist
mindestens bis zum Geländeniveau hochzuführen *2).
- Alle mit Gülle gefüllten Leitungen müssen bei Frostgefahr entleert werden
oder frostfrei verlegt sein.
- Alle Leitungen und Schieber sind im Fahrbereich gegen Anfahren zu sichern.
Bei seitlichem
Behälteranschluss sollte eine Absperrmöglichkeit innen oder außen unmittelbar
an der Behälterwand vorgesehen werden.
Bei Anschluss im
Behälterboden ist eine Absperrmöglichkeit des Bodenablaufes vorzusehen.
Weitergehende
Dichtigkeitskontrollen
Sollte die
Sichtkontrolle der Anlagen einen Verdacht auf Undichtigkeiten in nicht
einsehbaren Bereichen ergeben, sind weitergehende Dichtigkeitsprüfungen
erforderlich. Größere Undichtigkeiten können u. U. durch eine
Füllstandskontrolle erkannt werden. Besteht die Möglichkeit, den Zulauf zum
Behälter für mindestens 2 Tage abzusperren, lässt sich der Füllstand während
dieser Zeit messen. Durch ein neben dem Behälter aufgestelltes Gefäß lassen
sich dabei witterungsbedingte Füllstandsänderungen durch Verdunstung und
Niederschlag berücksichtigen. Bei nicht absperrbarem Zulauf sollte der
Füllstand über einen längeren Zeitraum unter Abschätzung der Zulaufmenge
aufgrund von Erfahrungswerten beobachtet werden.
Ergibt
die Füllstandskontrolle oder der bauliche Zustand der Behälter einen
begründeten Verdacht auf Undichtigkeiten, ist die Untere Wasserbehörde zu
benachrichtigen.
Für
die Durchführung weiterer Kontrollen bieten sich folgende Möglichkeiten an:
- Vollständige Entleerung der Behälter und Prüfung des Bauzustandes von innen *3).
- Entnahme von Bodenproben am Behälterrand in Höhe der Behältersohle und
Überprüfung der Bodenproben.
- Freilegen der
Behälterwände bis zum Wand-/Bodenabschluss. Die bei der Prüfung festgestellten
Mängel sind baldmöglichst ‑ bei Gefahr im Verzug umgehend ‑ zu
beseitigen.
Fachkundige
Beratung beim Bau und der Unterhaltung von Anlagen zum Lagern und Abfüllen von
Jauche, Gülle und Silagesickersäften bieten insbesondere die
Bauberatungsstellen der Landwirtschaftskammern.
Unfälle
beim Umgang mit Jauche, Gülle und Silagesickersäften, bei denen zu befürchten
ist, dass diese Stoffe in ein Gewässer, in den Untergrund oder in die
Kanalisation eindringen, sind dem zuständigen Ordnungsamt (§ 18 Abs. 3 LWG)
unverzüglich zu melden.
*1) Fachkundiger Bauleiter kann der
Unternehmer (Hersteller), Architekt oder Bauingenieur sowie ein von diesem
beauftragter Vertreter sein. Aus Gewährleistungsgründen ist dringend zu
empfehlen, die Aufgaben des „fachkundigen Bauleiters" schriftlich zu
vereinbaren.
*2) Gegebenenfalls ist es zweckmäßig, die
unteren Abgänge ordnungsgemäß abzudichten und die Leitungen über den Behälterrand
zu führen. Erdverlegte Leitungen müssen zu Kontrollzwecken entleert werden
können.
*3) Beim Einsteigen in die Behälter sind
die Vorschriften der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zu beachten;
wegen der Vergiftungs- und Explosionsgefahr ist Vorsicht geboten.
MBl. NRW 1996 S. 1578