Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Augehoben d. RdErl. v. 13.7.2012 (MBl. NRW. 2012 S. 562).

 


Historisch: Merkblatt über Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Netzbereich der Elektroversorgungsunternehmen RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft IV B 4 – 220-9 v. 2.3.1995

 

Historisch:

Merkblatt über Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Netzbereich der Elektroversorgungsunternehmen RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft IV B 4 – 220-9 v. 2.3.1995

Merkblatt
über Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe
im Netzbereich der Elektroversorgungsunternehmen

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
IV B 4 – 220-9 v. 2.3.1995

Die in den Anforderungstabellen des Anhanges zu § 4 Abs. 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) (SGV. NRW. 77) zusammengefassten Maßnahmen gelten für eine Vielzahl von - hier vor allem im Bereich der HBV-Anlagen - Anlagen mit unterschiedlichen Randbedingungen. Daher verbleibt im Einzelfall ein weiter Ermessensspielraum für die Beurteilungen einzelner Anlagen und die sich daraus abzuleitenden konkreten Anforderungen.

Für den Bereich der Anlagen im Netzbereich von Elektrizitätsversorgungsunternehmen wurden unter Berücksichtigung eines Anforderungskataloges, der vom Institut für wassergefährdende Stoffe an der TU Berlin erarbeitet und von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) im Grundsatz gebilligt und den Ländern für den Vollzug empfohlen wurde, sowie unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik für die Übertragungs- und Verteilungsnetze der Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Anforderungen des Anhanges zu § 4 Abs. 1 VAwS für HBV-Anlagen, soweit bauliche und apparative Einrichtungen betroffen sind, weiter und abschließend in einem Merkblatt konkretisiert, das hiermit bekannt gegeben wird.

Inhaltsverzeichnis

l           Ziel

2          Anwendungsbereich

3          Begriffe und Erläuterungen

3.1       Elektrizitätsversorgungsunternehmen

3.2       Elektrische Betriebsmittel

3.3       Anlagen

4          Allgemeines

5          Anforderungen an Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Netzbereich von Elektrizitätsversorgungsunternehmen

5.1       Übersicht über die Anforderungen

5.1.1    Anforderungen an die Befestigung und Abdichtung von Flächen unter Anlagen

5.1.2    Anforderungen an das Rückhaltevermögen für austretende wassergefährdende Flüssigkeiten

5.1.3    Anforderungen an infrastrukturelle Maßnahmen organisatorischer und technischer Art

1
Ziel

Dieses Merkblatt verfolgt das Ziel,
- Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) als Betreibern von elektrischen Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe in ihren Netzbereichen aufzuzeigen, welchen Anforderungen diese Anlagen aus wasserrechtlicher Sicht genügen müssen,
- Behörden die Beurteilung bestehender und neu zu errichtender Anlagen zu erleichtern.

Dieses Merkblatt beschreibt Anforderungen an Anlagen im Netzbereich von EVU nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS). Vorschriften aus anderen Rechtsbereichen bleiben unberührt

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Anwendungsbereich
Dieses Merkblatt giltfür elektrische Anlagen und Betriebsmittel im Netzbereich von EVU und für andere vergleichbare Anlagen
- zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Sinne von § 19g Abs. 1 WHG i. V. m. § 2 VAwS, insbesondere als Isolier-, Kühl- oder Hydraulikmedium,
- der Wassergefährdungsklasse (WGK) 1 gemäß VwVwS,
- mit einem Fassungsvermögen bis zu einschließlich 100m³.

Als Isolier- bzw. Kühlmedien werden üblicherweise
- Isolieröle auf Mineralölbasis nach DIN VDE 0370 (Datenblatt-Nr.: 802, WGK 1) in besonderen Fällen auch
- Schwefelhexafluorid SF6 (Datenblatt-Nr.: 846, nicht wassergefährdend)
- Penta-Erythrit-Tetra-Fettsäure-Ester [C6-C10] (Datenblatt-Nr.: 770, nicht wassergefährdend)
verwendet.

Tabelle 1: Gebräuchliche Fassungsvermögen elektrischer Betriebsmittel

(siehe Anhang)

Wassergefährdende Stoffe befinden sich in diesen elektrischen Anlagen oder Anlagenteilen im Sinne von § 19h Abs. 2 Nr. 2 a) WHG im Arbeitsgang.

Zum Netzbereich zählen grundsätzlich alle Einrichtungen und miteinander verbundenen elektrischen Anlagen und Anlagenteile der Netze zur Übertragung und Verteilung elektrischer Energie, nicht jedoch Anlagen und Anlagenteile zur Erzeugung von Energie bzw. zur Umwandlung anderer Energieformen in elektrische Energie.

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Begriffe und Erläuterungen

3.1
Elektrizitätsversorgungsunternehmen
Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) sind solche im Sinne von § 2 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG).

3.2
Elektrische Betriebsmittel
Elektrische Betriebsmittel im Sinne dieses Kataloges sind solche im Sinne der einschlägigen DIN-VDE-Bestimmungen, jedoch nur insoweit, als
- in ihnen wassergefährdende Stoffe verwendet werden und
- sie zur Übertragung oder Verteilung elektrischer Energie dienen,
insbesondere
- Transformatoren,
- Spulen,
- Kondensatoren,
- Wandler,
- Messinstrumente und
- sonstige Schalter oder Schutzeinrichtungen,
ferner die diesen, zugeordneten Hilfs- und Nebeneinrichtungen wie
- Ausgleichsgefäße,
- Kühlkreisläufe und -einrichtungen,
- Betätigungseinrichtungen wie Motoren oder Relais sowie
- verbindende Rohrleitungen, durch die wassergefährdende Flüssigkeiten betriebsmäßig von einem Betriebsmittel in ein anderes gelangen können, nicht jedoch elektrische Leitungen.

3.3
Anlagen
Eine elektrische Anlage im Sinne dieses Kataloges ist grundsätzlich jede ortsfeste oder ortsfest benutzte elektrische Funktionseinheit aus elektrisch oder mechanisch miteinander verbundenen Teilen bzw. unselbständigen Funktionseinheiten, soweit sie ein elektrisches oder mehrere elektrische Betriebsmittel umfasst.

Elektrische Anlagen sind insbesondere
- Schaltanlagen (ohne Transformator),
- Umspannanlagen und
- Netzstationen (Ortsnetz- und Kundenstationen)
in den Netzen zur Übertragung und Verteilung elektrischer Energie sowie an Standorten der Energieerzeugung.

Netzstationenunterteilen sich von der Bauart her in nicht begehbare Stationen wie
- Maststationen und
- Kompaktstationen
und in begehbare Stationen wie
- Turmstationen,
- Garagenstationen und
- Einbaustationen in Gebäuden.

Sofern in den unselbständigen Funktionseinheiten wassergefährdende Stoffe als Kühl- und Isoliermittel verwendet werden und die wassergefährdenden Stoffe keine Verbindung mit den wassergefährdenden Stoffen anderer unselbständiger Funktionseinheiten haben, gelten die unselbständigen Funktionseinheiten, z. B. Transformatoren, Schalter, Kondensatoren, Wandler, für sich als eine Anlage im Sinne der VAwS.

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Allgemeines
Anlagen im Anwendungsbereich dieses Merkblattes sind der Gefährdungsstufe A nach § 6 VAwS zuzuordnen.

Daraus folgt:
- ein Anlagenkataster gemäß § 11 Abs. 1 VAwS ist nicht erforderlich;
- eine Überprüfung durch Sachverständige gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 22 VAwS ist nicht erforderlich;
- Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen brauchen gemäß § 24 Nr. 1 VAwS nicht von Fachbetrieben eingebaut, aufgestellt, instandgehalten, instandgesetzt und gereinigt zu werden;
- besondere, der jeweiligen Anlagezugeordnete Einrichtungen zur Löschwasserrückhaltung sind gemäß Nr. 3.1 VV-VAwS nicht erforderlich.

Besondere Vorschriften für Anlagen in Wasserschutzgebieten bleiben unberührt

Der Betreiber stellt im Rahmen der Betriebsanweisung nach § 3 Abs. 3 VAwS sicher, dass die für den Betrieb und die Überwachung der Anlagen erforderlichen Vorschriften dem Bedienungspersonal bekannt sind. Die Anbringung eines Merkblattes in jeder Anlage und die Kennzeichnung der Anlagen nach § 9 VAwS sind dann nicht notwendig.

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Anforderungen an Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Flüssigkeiten im Netzbereich von EVU

5.1
Übersicht über die Anforderungen
Entsprechend Anhang zu § 4 Abs. 1 VAwS, Tabelle 2.3, gelten für Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Netzbereich von EVU und in anderen vergleichbaren Anlagen die in Tabelle 2.3 aufgeführten Anforderungen. Im weiteren sind beispielhaft Maßnahmen
- an Flächen unter Anlagen (F-Maßnahmen),
- an das Rückhaltevermögen (R-Maßnahmen) und
- an die infrastrukturellen Maßnahmen organisatorischer oder technischer Art (I-Maßnahmen) beschrieben, die die Anforderungen erfüllen.

Tabelle 2: Übersicht über die Anforderungen

(siehe Anhang)

5.1.1
Anforderungen an die Befestigung und Abdichtung von Flächen unter Anlagen

Beispiele für Maßnahmen an Flächen unter Anlagen (F-Maßnahmen):

Maßnahme F0
- Boden wie vorgefunden

Maßnahme F 1 zum Herstellen von Ableitflächen
- bituminöse Befestigung
Mindestdicke der Asphaltschichten - Tragschicht, Deckschicht, evtl. Binderschicht - ca. 150 mm. Mindestdicke der Deckschicht aus Asphaltbeton oder Gußasphalt 40 mm (Einbau bei mehr als 4 cm zweilagig). Hohlraumgehalt der Deckschicht kleiner als 3 Vol.%.

- Betonformsteine mit Fugen
Fugenmaterial gem. IVD-Merkblatt Nr. 6

- Pflaster mit Verguss
- Beton B 25 ohne besondere Anforderungen d > 100 mm oder Estrichbelag d ³ 40 mm.

Maßnahme F 1 zum Herstellen von Auffangräumen
- unbeschichteter Stahlbeton nach DIN 1045, wasserundurchlässig gem. Abschnitt 6.5.7.2, Mindestkonstruktionsdicke nach statischen Erfordernissen, in verschiedenen Ausführungen:
a) als Ortbeton B 25, Betongruppe B I, Konstruktionsdicke 100 mm, Rissbeschränkung 0,2 mm, Trennrisse > 0,1 mm sind zu schließen
b) als werkmäßig hergestelltes Fertigteil, Betongruppe B II, Wasserzementwert < 0,5 mm, Rissbeschränkung 0,2 mm

- Auffangwanne aus Stahl
Wanddicke abhängig von statischen Erfordernissen, korrosionsgeschützt, Aufstellfläche beschichtet gegen mechanische Beschädigungen, dicht geschweißt - dichtende Schraubverbindungen nur in Verbindung mit geeigneten Dichtungen und nur bei oberirdischer Aufstellung.

5.1.2
Anforderungen an das Rückhaltevermögen für austretende wassergefährdende Flüssigkeiten

Maßnahme R 0

- Keine zusätzlichen Anforderungen an das Rückhaltevermögen über die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik, insbesondere DIN VDE 0101 (Mai 1989), hinaus.
- Die für Transformatoren geltenden Maßnahmen sind in DIN VDE 0101 Abschnitt 5.4.2 beschrieben: „Bei Transformatoren mit Isolier- bzw. Kühlflüssigkeit (Kühlmittelart O oder K) sind Auffangwannen bzw. Sammelgruben erforderlich."
Anmerkung:
Kühlmittelart O:
Mineralöl oder synthetische Isolierflüssigkeit mit Brennpunkt £ 300 °C
Kühlmittelart K:
Isolierflüssigkeit mit Brennpunkt > 300 °C

Diese Einrichtungen sind wie folgt auszuführen:
a) Auffangwanne zugleich als Sammelgrube für die gesamte Flüssigkeit des Transformators.

b) Auffangwanne mit getrennter Sammelgrube. Bei mehreren Auffangwannen dürfen die Abflussleitungen zu einer gemeinsamen Sammelgrube führen. Diese muss dann die Flüssigkeit des größten Transformators aufnehmen können.
Anmerkung:
Rohrverbindungen von Bodenausläufen zu Abscheideeinrichtungen etc. dürfen einwandig unterirdisch verlegt werden, wenn sie regelmäßig und nach einer Betriebsstörung auf Dichtheit überprüft werden.

c) Auffangwanne zugleich als Sammelgrube für mehrere Transformatoren. Diese muss die Flüssigkeit des größten Transformators aufnehmen können.

d) In abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten sind als Auffangwannen für die Flüssigkeit undurchlässige Fußböden mit entsprechend hohen Schwellen zulässig, wenn höchstens drei Transformatoren vorhanden sind. Jeder dieser Transformatoren muss weniger als 1000 l Flüssigkeit enthalten.

e) Bei Sammelgruben muss sichergestellt sein, dass ihr Aufnahmevermögen für Isolier- und Kühlflüssigkeit durch einfließendes Wasser nicht unzulässig vermindert wird. Das Wasser muss abgelassen oder abgesaugt werden können. Die Frostgefahr ist zu beachten.

Für den Gewässerschutz sind bei den Transformatoren mit Kühlflüssigkeit (Kühlmittelart O oder K) folgende Maßnahmen zusätzlich zu treffen:

a) Der Austritt von Isolier- und Kühlflüssigkeit aus der Sammelgrube muss verhindert werden.

b) Wasserabflüsse sind über Einrichtungen zur Trennung der Flüssigkeiten zu führen. Dabei ist auf ihre spezifischen Wichten zu achten.

c) Im Freien - ausgenommen in Fassungsbereichen und engeren Schutzzonen von Wasserschutzgebieten - darf eine Auffangwanne, die nicht für die gesamte Flüssigkeit der Transformatoren bemessen ist, auch ohne Sammelgrube verwendet werden, wenn verunreinigtes Erdreich abgetragen werden kann und die Flüssigkeit weder in Abwasseranlagen noch in Gewässer abfließen kann. Bei Transformatoren mit weniger als 1000 l Flüssigkeit darf auch die Auffangwanne entfallen.

„Wenn in Ausnahmefällen in Fassungsbereichen und engeren Schutzzonen von Wasserschutzgebieten diese Erleichterungen bei der Auslegung von Auffangwannen in Anspruch genommen werden sollen, muss Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde erfolgen."

Maßnahmen R l und R 2

- Der Auffangraum muss 10% des Inhaltes aller zugeordneten elektrischen Betriebsmittel, mindestens jedoch den Inhalt des größten elektrischen Betriebsmittels, aufnehmen können.

5.1.3
Anforderungen an infrastrukturelle Maßnahmen organisatorischer und technischer Art

Maßnahme I0

- Keine zusätzlichen Anforderungen an die Infrastruktur über die allgemein anerkannten Regeln der Technik -z. B. DIN VDE 0105, Unfallverhütungsvorschriften - hinaus, jedoch Kontrolle der Anlage nach Erkennen eines Fehlers, in dessen Verlauf Isolierflüssigkeit ausgetreten sein kann. Die Anlage ist soweit instand zu setzen, dass keine weitere Isolierflüssigkeit austritt, ausgetretene Isolierflüssigkeit zurückgehalten wird und Verunreinigungen der ungeschützten Umgebung beseitigt werden.

Maßnahme I1

- Der Verlust an Isolierflüssigkeit wird in einer ständig besetzten Leitstelle des betreffenden Netzes sofort direkt oder durch signifikante Änderung von Netzparametern (z. B. Strom, Spannung) angezeigt. Sind elektrische Anlagen vom Netz getrennt, so sind Kontrollgänge entsprechend Betriebsanweisung durchzuführen, sofern der Füllstand nicht überwacht wird.

Maßnahme I2

- In einem Alarm- und Maßnahmenplan ist festgelegt und mit den zuständigen Behörden abgestimmt, welche Sofortmaßnahmen vor Ort zu treffen, welche örtlichen oder überörtlichen Stellen zu alarmieren und welche Maßnahmen von diesen innerhalb welcher Zeiten zu ergreifen sind.

MBl. NRW. 1995 S. 436


Anlagen: