Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Grundsätze für die Planung und die Bauausführung von Abwasseranlagen im ländlichen Raum RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 7. 8. 1996 - IV B 6-031 001 2108 ¹)

 

Historisch:

Grundsätze für die Planung und die Bauausführung von Abwasseranlagen im ländlichen Raum RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 7. 8. 1996 - IV B 6-031 001 2108 ¹)

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234. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 1. 10. 1996 = MB1. NW. Nr. 65 einschl.)


 Grundsätze für die Planung  und die Bauausführung von Abwasseranlagen  im ländlichen Raum

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt,

Raumordnung und Landwirtschaft v. 7. 8. 1996 -

IV B 6-031 001 2108 ¹)

Die nachfolgenden Grundsätze für die Planung und die Bauausführung von Abwasseranlagen im ländlichen Raum werden hiermit nach § 57 Abs. l Landeswasserge-setz (LWG) als allgemein anerkannte Regeln der Abwassertechnik eingeführt und bekanntgemacht.

1 Einleitung

Es ist erklärtes Ziel in Nordrhein-Westfalen, im Sinne des Gewässerschutzes eine flächendeckende Entsorgung und Reinigung der anfallenden Abwäs- . ser zu gewährleisten.

In den nächsten Jahren werden überwiegend nur , noch dünn besiedelte Gebiete und einzelne Neubau-

febiete erstmalig abwassertechnisch entsorgt, für ie die konventionellen Entsorgungskonzepte häufig zu teuer sind. Es ist daher erforderlich, für diese Gebiete kostengünstige organisatorische und technische Lösungsvorschläge'unter Berücksichtigung dezentraler und zentraler Alternativen auszuarbeiten.

Grundsatz ist, eine weitestgehende Erfassung und Reinigung des im ländlichen Raum anfallenden Schmutzwassers unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen, die im Einklang mit den Zielen des Gewässerschutzes stehen, zu erreichen. Durch den Einsatz vereinfachter Bauweisen bei der Errichtung der Kanalisationsanlagen und wartungsfreundlicher und betriebssicherer Reinigungssysteme soll diesem Grundsatz entsprochen werden.

2 Empfehlungen - allgemeine Grundsätze für die Planung und Bauausführung im ländlichen Raum

- Bereits bei der Bauleitplanung sollte darauf geachtet werden, daß Flächenausweisungen für Wohn- und Gewerbeansiedlungen so gesteuert werden, daß die Kosten für die Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung möglichst gering gehalten werden.

- Zur Erarbeitung kostengünstiger Lösungen emp-

- fiehlt sich bei der Planung von Abwasseranlagen die Erarbeitung von Planungsvarianten zu verlangen, die einen Vergleich in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ermöglichen (s. a. HOAI). Bei größeren Bauvorhaben sollte auch ein Ideenwettbewerb für das Auffinden eines optimalen Planungskonzeptes ins Auge gefaßt werden. Der Kostenvergleich kann auf der Grundlage der allen Ingenieurbüros bekannten „LAWA-Leitli-nien zur Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen" erstellt werden (Bezugsquelle: Geschäftsstelle der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, Umweltministerium Baden-Württemberg, Postfach 103439, 70029 Stuttgart).

. - In die Planungsvarianten sollten auch neue Technologien sowie technische Lösungen außerhalb festgeschriebener Richtlinien einbezogen werden, wenn sich solche aus der Sicht verantwortungsbewußter Ingenieurerfahrung als vertretbar erweisen.

- Niederschlagswasser ist gemäß § 51a LWG -soweit dies gemeinwohlverträglich unter Berücksichtigung nachbarschutzrechtlicher Belange möglich ist - vor Ort zu versickern oder ortsnah einzuleiten. Für die Grundstücke, die nicht an eine Regenwasserkanalisation angeschlossen werden, sind entsprechende Vorkehrungen zur schadlosen Beseitigung des Niederschlagswassers zu planen, um keinen Anreiz zu Fehlanschlüssen zu

schaffen. Eine Verringerung der abgeleiteten Niederschlagsmenge reduziert den Aufwand für Kanäle, Regenwasserbehandlungsanlagen, Pumpwerke, Schächte und sonstige Sonderbauwerke im öffentlichen Netz sowie die Bau- und Betriebskosten der Kläranlage. Über Satzungen können Anreize zur dezentralen Regenwasserbehandlung geschaffen werden.

- Niederschlagswasser von Straßen und sonstigen Verkehrsflächen sollte - soweit möglich - über das Bankett breitflächig versickert oder über kurze Stichleitungen auf kürzestem Weg abgeleitet werden. Unvermeidbares Dränagewasser kann in eigenen Leitungen, ggf. gemeinsam mit Niederschlagswasser abgeleitet werden.

- Es wird empfohlen, bei der Planung der Kanalisation, soweit wie möglich und sinnvoll

- Trassen außerhalb der befestigten Straßenfläche ggf. im Bankett zu wählen,

- Sonderverfahren (z.B. Druckentwässerung) einzusetzen,

- kurze Trassen, ggf. auch über Privatgrundstücke zu wählen,

- Kanäle mit geringer Überdeckung zu legen, auch wenn dadurch Kellergeschosse über Hebeanlagen zu entwässern sind,

- die Rohrdurchmesser den tatsächlichen hydraulischen Belastungen auch unterhalb der bisher üblichen Mindestdurchmesser anzupassen,

- Schächte entsprechend den heutigen Reini-gungs- und Überprüfungsmöglichkeiten in größeren Abständen zu planen, bei Korrosionsge-fahr in flachem Gelände Belüftungseinrichtungen vorzusehen,

- einfache, jedoch statisch sichere und wässerdichte Schachtkonstruktionen zu wählen,

- an Knickpunkten Schächte nur soweit, wie sie für den Betrieb erforderlich sind, vorzusehen.

- Standorte für Kläranlagen und Sonderbauwerke der Kanalisation sollten so gewählt werden, daß sie möglichst frei von Bauerschwernissen sind. Ungünstige Baugrundverhältnisse, Hochwasserschutzmaßnahmen, Lärm- und Naturschutzauflagen beeinflussen maßgeblich die Bau- und Betriebskosten der Anlagen.

- Vorhandene Kanäle können im Zuge der grundsätzlich wünschenswerten Umstellung vorhandener Misch- in Trennsysteme, soweit sie tragfähig sind, zur Regenwasser- und Fremdwasserableitung genutzt werden. Das Schmutzwasser muß dann in einem neu zu errichtenden Schmutzwassersystem abgeleitet werden..

- Für eine wirtschaftliche Baudurchführung sollten soweit'wie möglich neue Bauverfahren, wie z.B. Fräsen der Gräben und Einpflügen der Rohre, eingesetzt werden.

- Bei Bau und Nachrüstung von Kläranlagen sollte sich die Bemessung an Untersuchungsergebnissen von der bestehenden Anlage ausrichten. Liegen Daten vom Zulauf zur Kläranlage nicht in ausreichendem Umfang vor, so sollte frühzeitig vor Planungsbeginn die Durchführung eines Meßpro-grammes vorbereitet werden.

- Aus Wirtschaftlichkeitsgründen empfiehlt es sich, die Anlagen möglichst schnell auszulasten. Deshalb sind Reservekapazitäten nur in solchem Umfang zu schaffen, wie sie den realistischen Entwicklungsmöglichkeiten des Anschlußgebietes entsprechen. -Die zeitliche Abfolge der Errichtung bzw. des Ausbaus des Kanalisationsnetzes und der Kläranlage sind aufeinander abzustimmen.

') MBL NW. 1996 S. 1551.

234. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 10. 1996 = MBl. NW. Nr. 65 einschl.)

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- Das Ausstattungsangebot ist heutzutage unerschöpflich. Die Ausstattung von Kläranlagen und Sonderbauwerken der Kanalisation soll so gewählt werden, daß der Betrieb sowie Wartung und Unterhaltung der Anlagen sicher, einfach und kostensparend durchgeführt werden können. Auf Ausstattungen, die vor allem der Optik dienen und die Betriebssicherheit nicht erhöhen oder bei denen die Wartungs- und Unterhaltungsaufwendungen den Einsatznutzen übersteigen, soll verzichtet werden.

- Bei Käranlagen im ländlichen Raum sollte die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm angestrebt werden.

- Alle weiteren im ATV-Merkblatt M 200 dargelegten Grundsätze für die Planung und Bauausführung im ländlichen Raum sollten Beachtung finden.

3 Anforderungen an die Abwassersammlung

3.1 Allgemeines

Die klassische Freispiegelgefälleitung besteht aus Rohrleitungsabschnitten, die durch Kontrollschächte verbunden werden. Zwischen den Schächten werden die Rohre in der örtlichen Lage streng gradlinig geführt.

Abweichend hiervon werden im ländlichen Raum horizontale wie auch vertikale Richtungsänderungen gestattet, soweit diese den allgemeinen Anforderungen für Rohrverbindungen entsprechen und die Dichtigkeit, das Setzungsverhalten und den Betrieb des Kanalnetzes nicht beeinträchtigen.

Ebenso können flexible Rohre (Endlosrohre) im ländlichen Raum zum Einsatz kommen. Der Verlegeradius muß eine regelmäßige Inspektion ermöglichen. Hierbei ist auch an den Einsatz von Fernsehkameras zu denken (Radius S 50 m).

3.2 Kanäle

3.2.1 Freispiegelleitungen

Mindestnennweite: DN 150

Abweichend von bestehenden Vorschriften kann eine Mindestnennweite von DN 150 zum Einsatz kommen. Ein bestimmtes Mindestgef alle wird nicht vorgegeben. Es ist materialabhängig.

3.2.2 Druckleitungen

Mindetsnennweite: DN 50 (bei Einsatz von Pumpen mit Schneidwerk)

3.3 Einmündungen

Einmündungen von Nebenleitungen in Hauptleitungen sind grundsätzlich in Schächten vorzunehmen, um eine Kontroll- und Wartungsmöglichkeit zu gewährleisten. Bei Hausanschlußleitungen kann die Einmündung entweder über einen Schacht in der Hauptleitung oder über einen Abzweig erfolgen.

3.4 Rohrmaterialien und Verlegung

Hinsichtlich der Wahl der Rohrmaterialien und der Art der Verlegung werden vom Land keine Vorgaben gemacht.

3.5 Bauausführung

Die Verlegung der Rohrleitungen sollte in frostfreier Tiefe erfolgen. In der Regel

Überdeckung von 60-80

genügt hierfür eine cm. In Ausnahmefällen

kann von einer frostfreien Verlegetiefe abgesehen werden {wenn eine selbsttätige Entleerung der Leitungen gewährleistet ist oder entsprechende Wärmedämmaßnahmen ergriffen wurden). Bei Verlegung in landwirtschaftlich genutzten Flächen sollte eine Mindestüberdeckung von l m eingehalten werden, um Beschädigungen durch die Bodenbearbeitung zu vermeiden. '

3.6 Schächte

Schächte sind erforderlich für die Be- und Entlüftung, Kontrolle und Reinigung der Kanäle. In städtischen Gebieten überschreitet der Abstand der Schächte für Kanäle aller Durchmesser in der Regel 100 m nicht, (s. ATV-A 241).

Abweichend hiervon können im ländlichen Raum größere Schachtabstände gewählt werden. Der Maximalabstand richtet sich nach arbeits- (Wartung und Kontrolle) und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten. Der Frage der Belüftung ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bei der Wahl größerer Schachtabstände kann es sinnvoll sein, zwischen zwei Schächten Kontrolleinrichtungen anzuordnen.

Bei Druckrohrleitungen richtet sich der Schachtabstand nach der Trassenführung und den Zugangsmöglichkeiten.

Abweichend von bisherigen Regeln können auch nicht begehbare Schächte mit sehr kleinen Durchmessern (> 40 cm) verwendet werden. Diese erlauben sowohl die Kontrolle als auch die Kanalspülung.

4 Anforderungen an die Abwasserreinigung

Bei Anlagen mit Ausbaugrößen <2000 EW ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen, daß

- das Abwasser in Qualität und Menge stärkeren Schwankungen als bei größeren Anlagen unterliegt;

- überdurchschnittlich hohe Zulaufkonzentrationen auftreten;

- nicht ständig Betriebspersonal zur Verfügung steht.

Daher ist

- bei der Wahl des Reinigungsverfahrens auf einen einfachen Betrieb und hohe Prozeßstabilität durch ausreichendes Puffervermögen zu achten;

- bei der konstruktiven Ausbildung der Anlage darauf zu achten, daß Einsparungen an Investitionen nicht zu Lasten eines störungsfreien und wartungsfreundlichen Betriebes gehen.

5 Anforderungen an die Klärschlammbehandlung

Da die Verwertung des Klärschlamms durch Aufbringen auf den Boden (Landwirtschaft, Landbau) anzustreben ist' und dabei nur stabilisierter Klärschlamm verwertet werden darf, sind entweder Anlagen mit Schlammstabilisierung vorzusehen oder es ist zu prüfen, inwieweit ein Transport des Klärschlamms zu einer anderen Kläranlage mit einer Klärschlammstabilisierung eine kostengünstige Alternative darstellt.

Je nach Entwässerungsgrad des Klärschlamms sind entsprechend große Speichervolumina zu schaffen. Bei der landwirtschaftlichen Verwertung ist eine Speicherzeit von mindestens neun Monaten zu wählen.

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