Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Zur Frage der Jagdausübung in Wildfreigehegen RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 14.4.1978 -1 A 5- 1.15.07¹)

 

Historisch:

Zur Frage der Jagdausübung in Wildfreigehegen RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 14.4.1978 -1 A 5- 1.15.07¹)

151. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 1. 10. 1982 = MB1. NW. Nr. 75 einschl.)

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Zur Frage der Jagdausübung in Wildfreigehegen

RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 14.4.1978 -1 A 5- 1.15.07¹)

Aus Zuschriften und Pressemitteilungen entnehme ich, daß Tiere in Wildfreigehegen jagdmäßig getötet und sogar zum entgeltlichen Abschuß angeboten.werden. Zur Klarstellung weise ich auf folgendes hin:

1 Die Jagdausübung ist nach § l Bundesjagdgesetz (BJG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGB1.1 S. 2849) nur auf wildlebende, herrenlose Tiere zulässig. Herrenlos sind wildlebende Tiere nach § 960 BGB nur, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten sind nicht herrenlos. Grundsätzlich ist danach die Jagd nur in der freien, unbegrenzten Wildbahn möglich. Daneben kann sie auch in größeren eingefriedeten Bezirken, den Wildparks oder Gatterrevieren im Sinne des Jagdrechts stattfinden. Auch hier müssen jedoch die Voraussetzungen des .Wildlebens und der Herrenlosigkeit gegeben sein. Entscheidend ist, ob ?um Fangen oder Erlegen des Wildes eine jagdliche Handlung notwen-. dig ist, ob also das Fangen oder Erlegen wie bei der sonstigen Jagdausübung wesentlich vom Zufall abhängt.

Seit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes zum Landesjagdgesetz (LJG-NW) vom 18. März 1975 (GV. NW. S. 248) dürfen Wildparks und Gatterreviere nur noch eingerichtet werden, wenn sie mindestens 75 ha groß sind.

2 Wildfreigehege im Sinne des § 50 des Landschaftsgesetzes vom 18. Februar 1975 (GV. NW. S. 190/SGV. NW. 791) sind .eingefriedete Grundflächen, auf denen sonst wildlebende Tiere ganz oder teilweise im Freien gehalten werden. Hier ist eine Jagdausübung nicht zu-• lässig; denn die Tiere leben nicht wild und sie sind auch - da sie „gehalten" werden — nicht herrenlos.

2.1 Wildfreigehege sind jagdrechtlich befriedete Bezirke (§ 4 Abs. l Buchstabe d Landesjagdgesetz). Dies bedeutet aber nicht, daß nach § 4 Abs. 3 LJG-NW auf die in ihnen gehaltenen Tiere die beschränkte Jagdausübung gestattet werden könnte. Auch die beschränkte Jagdausübung ist nur auf herrenloses Wild zulässig, in Wildfreigehegen also z. B. auf gelegentlich zugeflogenes Federwild, nicht aber auf die eigentlichen Objekte. der Eingatterung.

3 Die Tatsache, daß die in Wildfreigehegen gehaltenen Tiere dem Jagdrecht nicht unterliegen, hat eine Reihe von Konsequenzen. Zum Beispiel braucht kein Abschußplan aufgestellt zu werden, es gelten keine Jagdzeiten, es besteht auch keine Hegepflicht und kein Aneignungsrecht des für den Bezirk zuständigen Jagd-ausübungsberechtigten. Von Bedeutung ist die Tatsache aber vor allem für das Töten der Tiere.

3.1 Nach § 4 des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972 (BGB1. I S. 1277) darf ein Wirbeltier nur unter Betäubung oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Die in § 4 Abs. l Satz 2 Tierschutzgesetz für die waidgerechte Ausübung der Jagd erwähnte Ausnahme trifft hier nicht zu. Außer der bei Schlachttieren üblichen Betäubung durch Bolzenschuß kommt auch eine schnelle und möglichst schonende Tötung mit der Schußwaffe (z. B. durch Kopfschuß) in Betracht, zumal das Einfangen und Betäuben häufig nicht ohne starke Beunruhigung des Schlachttieres oder anderer Tiere möglich ist. Die Schußwaffe ist in diesem Fall aus der Nähe und von einer Person anzuwenden, die die für diese Art der Tötung von Wirbeltieren notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat (§ 4 Abs. l Satz 3 Tierschutzgesetz). Im übrigen ist Nr. 3.2 dieses Runderlasses zu beachten.

3.2 Wer in Wildfreigehegen mit der Waffe töten will, bedarf dazu der Erlaubnis nach § 45 des Waffengesetzes (WaffG) in der -Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGB1.1 S. 432). Zuständig ist die Kreispolizeibehörde (§ l der Verordnung zur Durchführung des Waffengesetzes vom 29. Juni 1976 - GV. NW. S. 243/SGV. NW. 7111). Da es sich nicht um eine befugte Jagdausübung handelt, gilt die Erlaubnispflicht auch für den Inhaber eines Jagdscheines. Ob darüber hinaus ein Waffenschein erforderlich ist, richtet sich nach § 35 Waffengesetz. Hierfür kommt es insbesondere darauf an, ob die Waffe „mit Zustimmung eines anderen in dessen befriedetem Besitztum" geführt wird (§ 35 Abs: 4 Nr. 2 Buchstabe b Waffengesetz).

4 Was für das Töten von Tieren innerhalb von Wildfreigehegen gilt, trifft auch für den Fall zu, daß Tiere ,aus dem Gehege freigelassen und unmittelbar darauf „bejagt" werden. Die Tiere sind auch in diesem Stadium noch nicht herrenlos (§ 960 Abs. 2 BGB), die Jagdausübung ist nicht zulässig.

5 Verstöße gegen § 4 Tierschutzgesetz und § 45 Waffengesetz sind Ordnungswidrigkeiten (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz, § 55 Nr. 25 Waffengesetz). Das Führen einer Waffe ohne den erforderlichen Waffenschein ist nach § 53 Abs. 3 Nr. l Buchstabe b Waffengesetz sogar eine Straftat und kann mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

5.1 Das jagdmäßige Töten der in Wüdfreigehegeri gehaltenen und an Besucher gewöhnten Tiere stellt ferner einen schweren Verstoß gegen die anerkannten Grundsätze der deutschen Waidgerechtigkeit dar. Dies kann in Wiederholungsfällen zur Versagung oder Entziehung des Jagdscheins führen (§§ 17 und 18 i.V. m. § l - Abs. 3 Bundesjagdgesetz).

6 Wird in einem Wildfreigehege, das nach § 50 Landschaftsgesetz genehmigt worden ist, gegen die in Nrn. . 3.1 und 32 genannten Vorschriften'verstoßen, so ist zu

235. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 1. 1. 1997 = MBl. NW. Nr. 86 einschl.)

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prüfen, ob die Genehmigung nach § 49 Abs. 2 Nr. l oder N'r. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG. NW.) vom 21. Dezember 1976 (GV. NW. S. 438/SGV. NW. 2010) widerrufen werden kann. Ist die Genehmigung befristet erteilt worden, so ist im Fall einer Wiederholungsgefahr die Verlängerung der Genehmigung zu versagen.

6.1 In den Fällen des § 59 Landschaftsgesetz ist Nr. 6 entsprechend anzuwenden. Bei wiederholten Verstößen ist die fingierte Genehmigung gemäß § 59 Abs. l Landschaftsgesetz nachträglich zu befristen und dem Inhaber des Wildfreigeheges mitzuteilen, daß bei weiteren , Verstößen eine Verlängerung nicht in Betracht kommt.

62 In neu zu erteilenden Genehmigungen nach § 50 Landschaftsgesetz ist auf die in diesem Erlaß dargestellte Rechtslage ausdrücklich hinzuweisen und ein Widerrufsvorbehalt für den Fall von Verstößen gegen die N'rn. 3.1 und 32 genannten Rechtsvorschriften aufzunehmen.

7 Abgesehen von ihrer Rechtswidrigkeit schaden Verstöße gegen die genannten Vorschriften in hohem Maße dem Ansehen der Jagd und bringen die Öffentlichkeit gegen die Unterhaltung von Wildfreigehegen auf. Ich bitte daher die Jagd-, Veterinär- und Landschaftsbehörden, das jagdmäßige Töten von Tieren in Wildfreigehegen wirksam zu unterbinden. Eine enge Zusammenarbeit und uneingeschränkte wechselseitige Unterrichtung ist dafür die notwendige Voraussetzung.

7.1 Für den Widerruf der Genehmigungen gemäß Nrn. 6 und 6.1 ist der Regierungspräsident als höhere Landschaftsbehörde zuständig.

Die Prüfung der Einhaltung der Jagd- und tierschutzrechtlichen Vorschriften obliegt den Kreisen und kreisfreien Städten als untere Jagdbehörden (§ 42 LJG-NW) und den Kreisordnungsbehörden (§ l der Verordnung über die Zuständigkeit nach dem Tierschutzgesetz vom 5. 12. 1972 - GV. NW. S. 427/SGV. NW. 7834 -).

Bezüglich der Einhaltung der waffenrechtlichen Bestimmungen bitte ich, die Kreispolizeibehörden zu beteiligen.

Die genannten Behörden sollen bei ihren Prüfungen die Ortskenntnisse der Forstbehörden und der unteren Landschaftsbehörden nutzen, denen die Sach- und Ortskenntnisse der in ihrem Bezirk vorhandenen Wildfreigehege regelmäßig bekannt sind.

Mit dieser Anerkennung erhält die Landesgemeinschaft die Rechte aus § 29 BNatSchG. Ihr ist, soweit nicht in anderen Rechtsvorschriften eine inhaltsgleiche oder weitergehende Form der Mitwirkung vorgesehen ist, im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereiches Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben

1. bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Range unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der Landschaftsbehörden,

2. bei der Vorbereitung von Programmen und Plänen im Sinne der §§ 5 und 6 BNatSchG, soweit sie dem einzelnen gegenüber verbindlich sind,

3. vor Befreiungen von Verboten und Geboten, die zum Schutz von Naturschutzgebieten und Nationalparken erlassen sind,

4. in Planfeststellungsverfahren über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG verbunden sind.

Der Aufgabenbereich der Landesgemeinschaft wird in der Satzung wie folgt beschrieben:

„Ziel der Gemeinschaft ist es, den Natur- und Umweltschutz zu fördern und zu koordinieren durch Zusammenschluß der auf diesem Gebiete in Nordrhein-Westfalen tätigen Organisationen.

Die Tätigkeit, der Gemeinschaft erstreckt sich auf das Land Nordrhein-Westfalen sowie benachbarte Gebiete."

Damit der Verein von seinen Mitwirkungsrechten Gebrauch machen kann, ist er rechtzeitig von den genannten Vorhaben zu unterrichten. Die ihm zur Verfügung zu stellenden Unterlagen müssen für die Entscheidung des Vereins, ob'eine Mitwirkung erfolgen soll, ausreichend sein. Sie müssen mindestens Art, Ort und Ausmaß des Vorhabens erkennen lassen. Ich weise darauf hin, daß eine fehlende oder unzureichende Beteiligung einen Verfahrensfehler darstellt, der zur Anfechtung des Vorhabens durch den anerkannten Verband führen kann.

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') MBl. NW. 1980 S. 1640.