Anlage 3 zum RdErl. vom 18.12.1998
(zu § 5)

Ermittlung der Feldstärke- und Flussdichtewerte
- Anforderungen
-

 

DIN VDE 0848-1 gilt für Mess- und Berechnungsverfahren zur Beurteilung der Sicherheit in elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern im Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz. Die folgenden Hinweise sind eine Anleitung zu einem praktischen und einheitlichen Vorgehen.

Die Einhaltung der Anforderungen nach der 26. BImSchV kann durch Berechnung, Messung, Herstellerangaben oder Vergleich erfolgen. Eine Übertragung von Ergebnissen bei vergleichbaren Anlagen ist dann möglich, wenn dies aufgrund von Anlagentyp und Randbedingungen begründbar ist (z.B. bei Standardanlagen).

 

1
Rechnungen

Eine Reihe von Feldern, besonders im Rundfunkbereich und bei Hochspannungsfreileitungen, lassen sich in der Regel mit guter Genauigkeit berechnen. Dies gilt auch für komplexere Strukturen wie Umspannwerke und Ortsnetzstationen, wenn die komplexen Randbedingungen hinreichend bekannt sind.

Bei Berechnungsprogrammen ist die Genauigkeit der Ergebnisse davon abhängig, wie gut Feldquellen und Randbedingungen in diesen Programmen beschrieben sind. Für jedes verwendete Programm und jeden Typ von Feldquelle muss mindestens einmal eine Vergleichsmessung vorgenommen worden sein.

Die Beschreibbarkeit der Anlage durch die Rechnung für den Einzelfall muss bei komplexen Randbedingungen durch stichprobenhafte messtechnische Überprüfung sichergestellt werden. Rechnungen mit ausreichender Genauigkeit sind nur mit den jeweiligen spezifischen Daten des Betreibers der einzelnen Feldquelle durchführbar. Streufelder, wie sie im Arbeitschutzbereich häufig auftreten, können in der Regel nicht berechnet werden.

Bei der Überlagerung von Feldern verschiedener Quellen (z.B. mehrere Erdkabel in einer Trasse) ist zu beachten, dass eine betragsmäßige Addition der Feldgrößen unrealistisch hohe Werte ergeben kann.

 

2
Messverfahren

 

2.1
Messgeräte

Die Messgeräte müssen den Anforderungen nach DIN VDE 0848-1 "Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern; Mess- und Berechnungsverfahren", Beuth Verlag, Berlin (1995), genügen. Die Messgeräte zur Beurteilung dieser Felder müssen je nach Frequenzbereich so eingerichtet sein, dass sie die elektrische Feldstärke E, die magnetische Feldstärke H, die magnetische Flussdichte B oder die Leistungsflussdichte S messen. Die Messunsicherheit der Messgeräte sollte insgesamt +/- 25 % (+/- 2dB) nicht überschreiten; Messgeräte für niederfrequente Magnetfelder sollten +/- 10 % Messunsicherheit insgesamt nicht überschreiten.

 

2.2
Vorbereitung und Durchführung von Messungen

Zur Messvorbereitung empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
- Einholen von technischen Angaben über die Feldquellen beim Betreiber (Frequenzen, Generatorleistung, Strahlungseigenschaften, ggf. Modulation, Leiterströme und -spannungen),
- Ermittlung von Expositionsbedingungen und Angaben zu den maßgebenden Immissionsorten,
- Festlegung eines bewertbaren Betriebszustandes bei Anlagen mit wechselnden Betriebsparametern,
- Auswahl von Messverfahren und -geräten entsprechend den technischen Bedingungen,
- Abschätzung der zu erwartenden maximalen Feldstärke oder Leistungsflussdichte vor Beginn der Messungen bzw. vor Inbetriebnahme einer Anlage,
- Messung, Protokollierung und Auswertung.

Die Messungen sind bei der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung durchzuführen; anderenfalls sind die Werte entsprechend hochzurechnen.

Gemessen wird grundsätzlich ohne eine mögliche Beeinflussung durch die Anwesenheit von Personen. Die Beurteilung der Messergebnisse erfolgt auf der Basis der maximalen gemessenen Werte der Feldstärke oder Leistungsflussdichte am Messort.

Die das Messgerät bedienende Person hat darauf zu achten, dass sie sich während der Messung nicht zwischen Feldquelle und Feldsonde bzw. Messantenne befindet und sich alle nicht mit der Messung beauftragten Personen aus dem Bereich des Messortes entfernen.

Feldsonden mit isotroper Empfangscharakteristik, die durch eine orthogonale Anordnung von drei Messwertaufnehmern / Detektorkombinationen im Sondenkopf erzielt wird, liefern einen von Einfallsrichtung und Polarisation des zu messenden Feldes weitgehend unabhängigen Messwert und sind Feldsonden mit Richtcharakteristik vorzuziehen.

Feldsonden mit nur einem Messwertaufnehmer / einer Detektorkombination oder Messantennen weisen eine Richtcharakteristik auf und erfordern eine Orientierung der Sonde bzw. Antenne im Feld auf Maximumanzeige am Messgerät. Dieser Maximalwert entspricht in vielen Fällen praktisch der Ersatzfeldstärke nach DIN/VDE 0848-1 (Wenn der Quotient zwischen dem maximalen und minimalen Messwert größer 3 ist, ist ein Fehler in der Größenordnung von 0,5 dB zu erwarten.). Bei bestimmten Feldkonfigurationen, z.B. 50-Hz-Drehstromfeldern, ist zur exakten Bestimmung der Ersatzfeldstärke die Sonde nacheinander in x-, y- und z-Richtung auszurichten und aus den EinzelMesswerten die Ersatzfeldstärke zu berechnen.

Treten am Messort gleichzeitig Felder von mehr als einer Feldquelle auf, ist folgendes zu berücksichtigen:
- Sind die Grenzwerte im zu untersuchenden Frequenzbereich gleich, so können die resultierenden Feldstärken mit breitbandigen Messeinrichtungen direkt gemessen werden.
- Arbeiten die Feldquellen in Frequenzbereichen mit unterschiedlichen Grenzwerten, so darf mit breitbandigen Geräten nur bei Einzelbetrieb der Feldquellen gemessen werden, anderenfalls sind frequenzselektive Messsysteme einzusetzen, oder es ist der niedrigste im Frequenzbereich vorkommende Grenzwert zur Bewertung heranzuziehen.
- Bei Verwendung von Feldsonden oder Messantennen mit ausgeprägter Richtcharakteristik sollte die Messung durch Abtastung des Raumes in Schritten mit dem Öffnungswinkel der Antenne und Berücksichtigung der Polarisation mit nachfolgender Berechnung der Feldstärke (Raumintegral) durchgeführt werden.

 

2.3
Besonderheiten in einzelnen Frequenzbereichen

 

2.3.1
Niederfrequenzbereich

Bei zeitabhängiger Richtung der Feldvektoren, z.B. Drehfelder von dreiphasigen Leiteranordnungen, ist die mit eindimensionalen Messwertaufnehmern (Feldsonden mit Richtcharakteristik) gemessene maximale Feldstärke immer kleiner als die Ersatzfeldstärke. In diesem Fall muss in drei orthogonalen Achsen gemessen und aus den Einzelmesswerten die Ersatzfeldstärke berechnet werden.

Es ist bei der Messung der elektrischen Feldstärke besonders darauf zu achten, dass die Messergebnisse nicht durch die feldverzerrende Wirkung von Personen oder Gegenständen, z.B. Messleitungen, leicht veränderliche Bodenstrukturen und leichtveränderlicher Bewuchs, unzulässig hoch beeinflusst werden. Objekte, die bei Messungen eine unveränderliche Abschirmung hervorrufen (Bäume, Büsche), müssen berücksichtigt und im Messprotokoll dargestellt werden. Deshalb werden die Geräte zur Messung der elektrischen Feldstärke entweder an einer Isolierstange ins Feld gehalten oder das Messgerät befindet sich auf einem Stativ, und die Messwertübertragung erfolgt über einen Lichtwellenleiter zu einem abgesetzten Anzeigeteil. Auf diesbezügliche Angaben des Geräteherstellers ist zu achten.

Bei inhomogenen elektrischen Feldern sind Verfahren zur Bestimmung der elektrischen Ersatzfeldstärke (DIN VDE 0848-1) über die Messung des Gesamtkörperableitstroms zugelassen, wenn der dabei entstehende Fehler bekannt ist.

Bei inhomogenen magnetischen Feldern dürfen die maximalen Feldstärken, gemittelt über eine kreisförmige Fläche von 100 cm², den zulässigen Wert nicht überschreiten.

Nennenswerte Verzerrungen des magnetischen Feldes sind nur durch Gegenstände aus ferromagnetischen Metallen (Stahlträger, Armierungen, Blechtüren und -bedachungen, Fahrzeuge) zu erwarten. Personen beeinflussen das magnetische Feld nicht, so dass die Messgeräte vom Messenden direkt ins Feld gebracht werden dürfen.

Für die höchste betriebliche Anlagenauslastung sind die Angaben aus der Anzeige nach § 7 zu verwenden. Dabei muss nur von einer symmetrischen Strombelastung durch die Verbraucher und einer gleichmäßigen Verteilung der Last ausgegangen werden. (In der Praxis ist dies nicht immer gegeben, besonders bei Ortsnetzstationen kann die Unsymmetrie groß sein. Dies wird aber weitgehend durch die Verwendung der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung berücksichtigt.) Wird die Anlage mit verschiedenen Schaltzuständen betrieben, müssen alle Schaltzustände berücksichtigt werden, die im Betrieb eine Wahrscheinlichkeit von über 5% pro Jahr haben.

Können die Messungen nicht bei der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung durchgeführt werden, muss bei Freileitungen mit einem Feldberechungsprogramm auf diese Werte hochgerechnet werden, da z.B. die Leiterseilhöhe nichtlinear vom Leiterstrom abhängt. Eine lineare Hochrechnung mit dem Leiterstrom ist nur möglich, wenn sichergestellt ist, dass es keine nichtlinearen Einflussgrößen gibt.

Werden für Standardanlagen (z.B. Kompaktstationen) "Hersteller-Zertifikate" ausgestellt, so sind diese immer für die höchsten betrieblichen Anlagenauslastungen zu berechnen oder bei diesen zu messen. Die Bezugsebene für die Rechen- oder Messwerte bei Elektroumspannanlagen liegt in 20 cm Abstand von der berührbaren und zugänglichen Oberfläche.

Werden Messungen unter anderen als den höchsten betrieblichen Anlagenauslastungen durchgeführt, ist zu berücksichtigen, dass die Messgröße nicht immer eine reine Sinusschwingung ist. Im Hinblick auf die Hochrechnung der Messergebnisse auf die höchste betriebliche Anlagenauslastung müssen daher mögliche Oberwellen durch eine Spektralanalyse oder Breitbandmessung berücksichtigt werden. Bei der Bestimmung der Gesamtexposition durch verschiedene Anlagen einer Frequenz ist eine phasenrichtige Addition der Feldgrößen einer betragsmäßigen vorzuziehen. Eine Addition der Beträge führt immer zu einer konservativen Abschätzung der Gesamtexposition.

Liegen Felder von Anlagen der öffentlichen Stromversorgung und Bahnstromanlagen gleichzeitig vor, so sind neben der Gesamtexposition auch die Feldanteile für die jeweilige Frequenz anzugeben.

 

2.3.2
Hochfrequenzbereich

Für die Messung der elektrischen Feldstärke gelten nicht die Abstandsforderungen von Personen und Gegenständen zur Feldsonde wie im Niederfrequenzbereich. Ein Mindestabstand von 0,8 m zwischen Sondenkopf und Messenden sollte allerdings nicht unterschritten werden.

In der Regel gibt es Probleme, wenn die Messung zur Überprüfung der Einhaltung der Grenzwerte mit rundfunktechnischen Messgeräten oder allgemeinen Messgeräten der EMV-Messungen durchgeführt werden, da von diesen Geräten die Reflexionen nicht immer richtig berücksichtigt werden können.

Die Reg TP verwendet für ihre Messungen im Hochfrequenzbereich eigene Messvorschriften (BAPT 212 MV 20 "Selektive Messung der örtlichen Amplitudenverteilung der elektromagnetischen Feldstärke für Kontrolle der Feldstärkegrenzwerte nach DIN VDE 0848 T2 und T4", BAPT 212 MV 21 "Feldstärkemessungen für die Kontrolle der Feldstärkegrenzwerte nach DIN VDE 0848 T2 und T4" und BAPT 212 MV 22 "Kontrolle der Einhaltung der abgeleiteten Grenzwerte für direkt einwirkende Feldgrößen nach DIN VDE 0848 T2 und T4 in Wohnungen und anderen Räumen", Reg TP, Mainz). Wenn Berechnungen oder Messungen der Reg TP nachvollzogen oder überprüft werden sollen, sind dabei diese Messvorschriften mit zu berücksichtigen. Die genannten Messvorschriften können bei der Reg TP gegen ein Entgelt abgefordert werden.

Bei Immissionen durch Felder unterschiedlicher Frequenzen sind die dafür vorgesehen Summenformeln zu verwenden (BAPT 212 MV 20 bzw. DIN VDE 0848-2).

 

2.3.3
Gepulste Felder

Bei der Messung pulsmodulierter Felder mit Thermokoppler-Feldsonden, insbesondere an Radaranlagen, sollte 1/10 des maximalen Messbereichs nicht überschritten werden, da die Impuls-Spitzenleistung den Detektor zerstören kann (Warnhinweise des Herstellers beachten!). Das gilt auch für Messungen mit Kombinationen aus Höchstfrequenz-Leistungsmessern und angepassten Antennen, sofern nicht zum Schutz des Leistungsmesskopfes und zur Messbereichserweiterung zwischen Antenne und Leistungsmesskopf Dämpfungsglieder geschaltet wurden. Dabei muss aber für die verwendeten Antennen die jeweils frequenzabhängige Wirkfläche bekannt sein.

Die Messung der Exposition im Strahlungsbereich einer Radaranlage ist z.B. wie folgt vorzunehmen:
- Die Rotations- oder Schwenkautomatik der Radarantenne wird außer Betrieb gesetzt und die Antenne nacheinander so auf jeden der zu untersuchenden Messorte gerichtet, dass sich dieser im Strahlungsmaximum befindet.
- Bei umschaltbarer Antennen- und Modulationscharakteristik ist diejenige mit der höchsten Leistungsflussdichte am jeweiligen Messort zu wählen.
- Wenn keine dafür geeigneten Messgeräte zur Verfügung stehen, können zur Kontrolle der Einhaltung der Spitzenwerte diese aus den Messwerten der mittleren Leistungsflussdichte und den Parametern Impulsbreite und Pulsfolgefrequenz errechnet werden.

Bei dem gleichzeitigen Vorliegen von Exposition durch Feldstärken unterschiedlicher Frequenzen sind die dafür vorgesehen Summenformeln zu verwenden (BAPT 212 MV 20 bzw. DIN VDE 0848-2).

 

2.4
Messorte und Messpunkte

Die Lage des Messortes sollte durch Entfernungsangaben zu mindestens zwei Bezugspunkten und/oder Bezugslinien in horizontaler Ebene angegeben werden. Messpunkte werden am jeweiligen Messort durch die Höhenangabe festgelegt.

Messorte und Messpunkte werden nach den jeweiligen Erfordernis der maßgebenden Immissionsorte ausgewählt. Die Anzahl der Messpunkte muss ausreichend sein, um alle für die Bewertung der Anlage relevanten Inhomogenitäten des Feldes zu erfassen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Intensität des Feldes im Fernfeld mit der Funktion 1/r von der Quelle abnimmt, wobei r den Abstand zur Quelle bezeichnet. Im Nahfeld ist eine genauere Betrachtung erforderlich.

Bei Messungen niederfrequenter Felder im Freien unter Hochspannungsleitungen und anderen homogenen Feldern genügt es im Allgemeinen, an einem Messort einen Messpunkt in einer Höhe von 1 m über Standfläche und bei Erdkabeln einen Messpunkt in einer Höhe von 20 cm vorzusehen.

Bei inhomogenen Feldern ist es in der Regel ausreichend, Messungen in drei Höhen durchzuführen. Um die Vergleichbarkeit der Messergebnisse zu gewährleisten, wird die Verwendung einheitlicher Messpunkthöhen über der Standfläche (1,55 m, 0,90 m und 0,45 m) empfohlen.

 

2.5
Messprotokoll/Kontrollmessungen/Nachkalibrierungen

Messwerte sind mit der gesamten Messunsicherheit anzugeben.

Für reproduzierbare Messergebnisse sollen im Messprotokoll folgende Angaben enthalten sein:
- Standort/Betreiber
- Ort und Zeit der Messung
- Anlagenbezeichnung
- Typ, Fabriknummer
- Hersteller
- Baujahr
- Feldquelle
- Verwendungszweck
- Betriebsart
- HF-Arbeitsfrequenz, HF-Ausgangsleistung; NF-Amplitudenmodulation
- Betriebsspannung und -strom, Phasenlage, Mastbild und Bodenabstand der Seile (Energieversorgungs- und Bahnstromanlagen)
- Expositionsdauer *)
- verwendete Messgeräte
- klimatische Bedingungen
- Lage der Messorte und Messpunkte
- Lageplan oder –skizze
- Messwerte mit Messunsicherheit
- Name des Messenden.

 

Die Einhaltung eines Grenzwertes ist nur dann gegeben, wenn alle Messwerte zuzüglich der gesamten Messunsicherheit unterhalb des Grenzwertes liegen.

Zur Sicherung korrekter Feldstärke- bzw. Leistungsflussdichtemessergebnisse sind in regelmäßigen Abständen Nachkalibrierungen der Messgeräte durch ein anerkanntes Kalibrierlabor oder durch den Hersteller zu veranlassen. Die Bescheinigung hierfür ist auf Verlangen vorzulegen.

 

 

*) Zur Beurteilung der Einhaltung der Anforderungen nach § 3 Satz 2 Nr. 1 ist die tatsächliche Einwirkungszeit der Messgröße am maßgebenden Immissionsort zu berücksichtigen und ggf. darzustellen