Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 9 vom 14.3.2003 Seite 83 bis 98
Gesetz über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG) |
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Gesetz über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG)
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Gesetz
über die Zuweisung und Aufnahme
ausländischer Flüchtlinge
(Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG)
Vom 28. Februar 2003
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Gesetz
über die Zuweisung und Aufnahme
ausländischer Flüchtlinge
(Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG)
§ 1
Aufgabe
(1) Die Gemeinden sind verpflichtet, die ihnen zugewiesenen ausländischen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Die Zuweisung von ausländischen Flüchtlingen nach § 2 erfolgt durch die Bezirksregierung Arnsberg.
(2) Das gleiche gilt bei ausländischen Flüchtlingen, die unmittelbar in einer Gemeinde die Aufnahme begehren; § 60 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - vom 26. Juni 1992 (BGBl. I S. 1126) in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.
§ 2
Personenkreis
Der Personenkreis der ausländischen Flüchtlinge umfasst
1. Ausländer, die um Asyl nachgesucht oder einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen, ihre Ehegatten und ihre minderjährigen Kinder,
2. Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge nach §32a AuslG,
3. Ausländer, für die eine Anordnung nach § 32 AuslG zur Aufnahme aus dem Ausland ab dem 1.1.1995 getroffen worden ist,
4. Ausländer, deren Abschiebung aufgrund einer ab dem 1.1.1995 getroffenen Anordnung nach § 54 AuslG ausgesetzt worden ist.
§ 3
Zuweisung
(1) Die Zuweisung der ausländischen Flüchtlinge erfolgt unter Berücksichtigung der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten und ihren Kindern unter 18 Jahren entsprechend dem Einwohneranteil der Gemeinden an der Gesamtbevölkerung des Landes (Einwohnerschlüssel) und entsprechend dem Flächenanteil der Gemeinde an der Gesamtfläche des Landes (Flächenschlüssel). 90 v.H. des Einwohnerschlüssels bilden mit 10 v.H. des Flächenschlüssels den Zuweisungsschlüssel. Für die einzelne Gemeinde wird eine durch die Anwendung des Flächenschlüssels sich ergebende Erhöhung des Zuweisungsschlüssels auf höchstens 25 v.H. eines Zuweisungsschlüssels, der allein nach dem Einwohnerschlüssel berechnet würde, begrenzt. Die übersteigenden Anteile werden auf alle übrigen Gemeinden entsprechend deren Zuweisungsschlüssel verteilt.
(2) Dem Einwohnerschlüssel und dem Flächenschlüssel ist der vom Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik jeweils zuletzt fortgeschriebene und veröffentlichte Stand zugrunde zu legen.
(3) Bei der Zuweisung ist der Bestand der in § 2 Nrn. 1 bis 4 genannten ausländischen Flüchtlinge
1. in den Fällen der Nummer 1 längstens für die Dauer von vier Monaten nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages,
2. in den Fällen der Nummer 2 längstens für die Dauer von drei Jahren seit der Einreise,
3. in den Fällen der Nummern3 und 4 längstens für die Dauer von drei Jahren seit der erstmaligen Anordnung,
anzurechnen. Außerdem ist der Bestand der Ausländer, denen die Landesregierung unter Bezugnahme auf diesen Satz generell eine Bleibemöglichkeit einräumt, längstens für die Dauer von drei Jahren seit der erstmaligen Erteilung einer Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung anzurechnen. Der Bestand der ausländischen Flüchtlinge nach § 2 Nr. 1 ist der von der Bezirksregierung Arnsberg zuletzt fortgeschriebenen und jeweils auf der Grundlage des Bestandes zum Stichtag 1.7. bereinigten Statistik zu entnehmen. Die Zahl der nach Satz 2 und § 2 Nrn. 2 bis 4 anzurechnenden Ausländer ist die von den Gemeinden jeweils zum Stichtag 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. erhobene und bis zum 15. des Erhebungsmonats der Bezirksregierung Arnsberg neu gemeldete Zahl. Der maßgebliche Personenkreis wird vom Innenministerium im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen bekannt gemacht.
(4) Darüber hinaus sind Ausländer im Sinne des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) in der jeweils geltenden Fassung und Ausländer, denen nach § 33 des Ausländergesetzes (AuslG) vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) in der jeweils geltenden Fassung die Einreise und der Aufenthalt im Geltungsbereich des AuslG gestattet worden sind, längstens für die Dauer von drei Jahren seit der Einreise anzurechnen. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend.
(5) Bei der Zuweisung sind von den Aussiedlern im Sinne von § 2 des Landesaufnahmegesetzes vom 28. Februar 2003 (GV. NRW. S. 95) in der jeweils geltenden Fassung diejenigen zur Hälfte anzurechnen, die nur vorläufig entweder in Übergangsheimen oder in Notunterkünften untergebracht sind, weil sie noch nicht mit Wohnraum versorgt werden können. Absatz 3 Satz 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Zuweisung an Gemeinden, auf deren Gebiet eine Aufnahmeeinrichtung des Landes betrieben wird, sind die damit verbundenen Belastungen zu berücksichtigen. Das Innenministerium bestimmt durch Rechtsverordnung Umfang und Dauer der Entlastung; die Aufnahmeverpflichtung aller übrigen Gemeinden erhöht sich entsprechend deren Zuweisungs-schlüssel.
§ 4
Kostenpauschalen
(1) Das Land gewährt für jeden ausländischen Flüchtling im Sinne des § 2, der
a) Grundleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) vom 30. Juni 1993 (BGBl. I S. 1074) in der jeweils geltenden Fassung oder
b) nach § 2 AsylbLG entsprechend dem BSHG laufende Hilfe zum Lebensunterhalt oder
c) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG durch eine kreisfreie Stadt oder durch eine nach § 3 AG BSHG vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) in der jeweils geltenden Fassung herangezogene kreisangehörige Gemeinde
erhält, für die Dauer der Anrechnung nach § 3 Abs. 3 eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 990 Euro.
(2) Das Land gewährt den Gemeinden zur Abgeltung des besonderen Betreuungsaufwandes für jeden ausländischen Flüchtling im Sinne des Absatzes 1 für die Dauer der Anrechnung nach § 3 Abs. 3 eine Vierteljahrespauschale in Höhe von 46 Euro. Die Pauschale ist ausschließlich für die soziale Betreuung der Flüchtlinge zu verwenden. Die Betreuung erfolgt durch die Kommunen oder durch die von ihnen beauftragten Träger.
(3) Die Gemeinden haben die Zahl der ausländischen Flüchtlinge nach Absatz 1 an den Stichtagen 31.12., 31.3., 30.6. und 30.9. jeweils bis zum darauffolgenden 15.1., 15.4., 15.7. und 15.10. der Bezirksregierung zu melden. Die Bezirksregierung weist die entsprechenden Vierteljahrespauschalbeträge nach Absatz 1 und 2 zum 1.3., 1.6., 1.9. und 1.12. zu.
(4) Das Innenministerium und das für Vertriebenen- und Integrationsfragen zuständige Ministerium werden ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vierteljahrespauschalbeträge durch Rechtsverordnung entsprechend einer Neufestsetzung der Beträge nach § 3 Abs. 3 AsylbLG anzupassen.
§ 5
Kostenerstattung
(1) Das Land erstattet den Landschaftsverbänden die Aufwendungen nach dem BSHG und dem AsylbLG für ausländische Flüchtlinge nach § 2 Nr. 1 längstens für die Dauer von vier Monaten nach unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages.
(2) Das Land erstattet den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für ausländische Flüchtlinge nach § 2 Nr. 1 für die Dauer der in Absatz 1 genannten Frist die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163) in der jeweils geltenden Fassung notwendigen Aufwendungen für Leistungen der Jugendhilfe außerhalb des Elternhauses in einer anderen Familie und den Einrichtungen der Jugendhilfe sowie für Inobhutnahmen von ausländischen Flüchtlingen, sofern die Aufwendungen nicht nach § 89d SGB VIII zu erstatten sind.
§ 6
Unterrichtungs- und Weisungsrecht
(1) Die Gemeinden führen die Aufgaben nach diesem Gesetz als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung durch.
(2) Die Aufsichtsbehörden können sich jederzeit über die Aufnahme und Unterbringung der ausländischen Flüchtlinge und die getroffenen Maßnahmen unterrichten.
(3) Die Aufsichtsbehörden können Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der in diesem Gesetz enthaltenen Aufgaben zu sichern.
(4) Zur zweckmäßigen Erfüllung dieser Aufgaben können die Aufsichtsbehörden
1. allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern,
2. besondere Weisungen erteilen, wenn die sachgerechte Erfüllung der Aufgaben nicht gesichert erscheint oder überörtliche Interessen gefährdet sein können.
§ 7
Aufsichtsbehörden
(1) Aufsichtsbehörde für die kreisangehörigen Gemeinden ist der Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde.
(2) Aufsichtsbehörde für die kreisfreien Städte und Kreise ist die Bezirksregierung. Sie ist gleichzeitig obere Aufsichtsbehörde für die kreisangehörigen Gemeinden.
(3) Oberste Aufsichtsbehörde ist das Innenministerium
§ 8
In-Kraft-Treten,
Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft.
Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG) vom 27. März 1984 (GV. NRW. S. 214), zuletzt geändert durch Artikel 64 des Gesetzes vom 25. September 2001 (GV. NRW. S. 708), außer Kraft.
Düsseldorf, den 28. Februar 2003
Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Der Ministerpräsident
Peer S t e i n b r ü c k
(L. S.)
Der Finanzminister
Jochen D i e c k m a n n
Der Innenminister
Dr. Fritz B e h r e n s
Die Ministerin
für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
Birgit F i s c h e r
GV. NRW. 2003 S. 93