Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2009 Nr. 13 vom 20.5.2009 Seite 295 bis 306

Öffentliche Bekanntmachung über die Erteilung der Genehmigung zum vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerks in Jülich (Bescheid Nr. 7/16 AVR vom 31. März 2009)
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Öffentliche Bekanntmachung über die Erteilung der Genehmigung zum vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerks in Jülich (Bescheid Nr. 7/16 AVR vom 31. März 2009)

Öffentliche Bekanntmachung
über die Erteilung der Genehmigung zum vollständigen
Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerks in Jülich
(Bescheid Nr. 7/16 AVR vom 31. März 2009)

 

Vom 29. April 2009

 

Datum der Bekanntmachung: 20. Mai 2009

 

Gemäß §§ 15 Abs. 3 und 17 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung (AtVfV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 180), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2819), wird Folgendes bekannt gegeben:

 

Das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWME) hat der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor GmbH, Wilhelm-Johnen-Straße, 52428 Jülich, eine Genehmigung zum vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerks erteilt.

 

Der verfügende Teil I Nr. 1. des Bescheides lautet:

 

1. Genehmigung nach dem Atomgesetz

 

1.1 Antragsteller und Gegenstand der Genehmigung

 

Auf Grund des § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz - AtG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 556), erteilt das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen der

 

Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor AVR GmbH
Wilhelm- Johnen-Straße, 52428 Jülich

 

auf ihren Antrag vom 25. Februar 2005, ergänzt am 25. April 2006 und zuletzt ergänzt mit Schreiben vom 20. Juni 2008 die

 

Genehmigung,

 

das AVR-Versuchskernkraftwerk auf dem Betriebsgelände in der Gemarkung Jülich, Flur 44, Flurstück 13 nach Maßgabe der in Abschnitt I.2 dieses Bescheides aufgeführten Unterlagen sowie der Auflagen in Abschnitt I.3 dieses Bescheides vollständig abzubauen.

 

1.2 Umfang der Genehmigung

 

1.2.1 Überblick über die genehmigten Maßnahmen und zeitliche Abfolge ihrer Umsetzung

 

Mit diesem Bescheid (Nr. 7/16 AVR) wird der Antragstellerin Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor AVR GmbH (im Folgenden: AVR GmbH) die Genehmigung zum vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerkes gemäß den in den nachfolgenden Abschnitten 1.2.2 bis 1.2.5 aufgeführten Maßnahmen nach Maßgabe der Verfügungen im Teil I dieses Bescheides erteilt. Die Umsetzung der genehmigten Maßnahmen erfolgt in folgenden Phasen:

 

- Vorbereitende Maßnahmen zum Herausheben des Reaktorbehälters (siehe hierzu Abschnitt 1.2.2),

- Herausheben des Reaktorbehälters und Ablegen in der Materialschleuse (siehe hierzu Abschnitt 1.2.3),

- Abbaumaßnahmen nach Herausheben des Reaktorbehälters (siehe hierzu Abschnitt 1.2.4).

 

Wesentliche Änderungen in Bezug auf die genehmigten Maßnahmen zum vollständigen Abbau des AVR-Versuchskernkraftwerkes bedürfen der Genehmigung.

 

1.2.2 Vorbereitende Maßnahmen zum Herausheben des Reaktorbehälters

 

Im Rahmen der vorbereitenden Maßnahmen zum Herausheben des Reaktorbehälters (Phase 1) des Abbaus des AVR-Versuchskernkraftwerkes wird die Durchführung nachfolgender Maßnahmen genehmigt:

 

Vorbereitung des Reaktorbehälters

 

- Teildemontage der Abschaltstabhüllrohre,

- Demontage der Abschirmtore und –platten im Bereich des Reaktorbehälterdoms,

- Demontage der Abschirmmauer und –steine im Bereich des Reaktor-Behälterdoms,

- Demontage der Versorgungsleitungen, Brennelement-Förderrohre und weiterer Anschlussleitungen am Reaktorbehälter,

- Demontage der Hauben und Reaktorbehälterstutzen,

- Demontage des Kugelabzugsrohres und des Verwenigers.

 

Vorbereitende Tätigkeiten im Schutzbehälter/Ringraum

 

- Demontage der +38 m- und +34 m-Bühne im Schutzbehälter,

- Aufbringen eines Schutzanstriches am oberen Teil des Reaktorbehälters bis auf ca. +30 m,

- Demontage des Verschlusssystems 1,

- Montage des Verschlusssystems 2 mit darunter befindlichem 7 Mg-Ringbahnkran gemäß KTA 3902, Abschnitt 3 „Allgemeine Bestimmungen“,

- Herausheben der Mischkühler und Montage der Fachwerkträger,

- Montage des oberen Anschlagmittels am Reaktorbehälterdeckelflansch,

- Demontage der Einbauten und Bühnenstrukturen im Schutzbehälter, bis einschließlich der +17 m-Bühne,

- Einbau einer vertikalen lufttechnischen Trennung im Bereich des Ausschnitts im Biologischen Schild 2 zur Materialschleuse,

- Dekontamination der Innenwand des Biologischen Schildes 2 und der Außenwand des Schutzbehälters im Bereich der vorgesehenen vertikalen lufttechnischen Trennung,

- Aufschneiden des Biologischen Schildes 2 im Ausschleusbereich des Reaktorbehälters,

- Errichtung der lufttechnischen Trennung im Ringraum auf ca. +17 m und im Schutzbehälter,

- Dekontamination des Schutzbehälters, der Innenwand des Biologischen Schildes 2 sowie des Reaktorbehälters,

- Demontage der Schutzbehälterwandung bis ca. +17 m sowie der vertikalen lufttechnischen Trennung,

- Demontage des Verschlusssystems 2.

 

Montage der Handhabungs- und Transportsysteme für den Reaktorbehälter

 

- Montage der Verschubbahn auf den Fachwerkträgern der Materialschleuse,

- Montage und Betrieb des Verschubschlittens einschließlich der Hubvorrichtung 1 mit den Hub-Litzenhebern und den Horizontal-Litzenhebern für den Verschub,

- Montage und Betrieb der Hubvorrichtung 2 mit den Dreh-Litzenhebern auf den Querträgern der Materialschleuse,

- Montage des Ablagegestells zur Aufnahme des Reaktorbehälters (Support) und Einbringen des Supports in die Materialschleuse,

- Montage der mechanischen Führungskonstruktionen für den Reaktorbehälter an den Seitenwänden der Materialschleuse,

- Montage des Luftkissen-Transportsystems einschließlich des Beton-Transportschlittens und Einbringen in die Materialschleuse.

 

1.2.3 Herausheben des Reaktorbehälters und Ablegen in der Materialschleuse

 

Im Rahmen der Phase 2 des Abbaus des AVR-Versuchskernkraftwerkes wird die Durchführung nachfolgend genannter Maßnahmen genehmigt:

 

- Herausheben des Reaktorbehälters aus seiner Einbaulage im Reaktorgebäude,

- Transport des Reaktorbehälters vom Reaktorgebäude in die Materialschleuse durch Querverschub mit Hilfe des Verschubsystems,

- Absetzen des Reaktorbehälters auf dem Ablagegestell (Support),

- Montage des unteren Anschlagmittels am Reaktorbehälter,

- Anheben des Reaktorbehälters, Drehen in die Horizontallage und Ablegen des Reaktorbehälters auf dem Luftkissen-Transportsystem.

 

Der Transport des Reaktorbehälters zum Reaktorbehälter-Zwischenlager (Phase 3 des Abbauvorhabens) ist nicht Gegenstand dieser Genehmigung.

 

1.2.4 Abbaumaßnahmen nach Herausheben des Reaktorbehälters

 

Die hiermit genehmigten Maßnahmen nach dem Herausheben des Reaktorbehälters umfassen die Außerbetriebnahme, die Demontage und den Abbau aller im Schutzbehälter und Ringraum noch vorhandenen Anlagenteile, des restlichen Schutzbehälters, der betrieblichen Einrichtungen in den Ringanbauten, in der Warmen Werkstatt, in der Materialschleuse und im Maschinenhaus sowie den Abbau der Strukturen und Fundamente der Gebäude des AVR-Versuchskernkraftwerkes und werden als Phase 4 des Abbauvorhabens mit folgenden Einzelmaßnahmen durchgeführt:

 

Abbau verbliebener Komponenten im Schutzbehälter und Ringraum

 

- Montage des Verschlusssystems 3 auf ca. +17 m,

- Demontage der Komponenten in den Bodenkammern der +11 m-Bühne,

- Demontage restlicher Komponenten unterhalb der +11 m-Bühne,

- Demontage der Betonstrukturen im Schutzbehälter unterhalb +11 m,

- Demontage restlicher Anlagenteile und Komponenten im Ringraum unterhalb des Verschlusssystems 3,

- Demontage restlicher Strukturen des Schutzbehälters,

- Demontage des Verschlusssystems 3 nach Außerbetriebnahme der Lüftungsanlage Schutzbehälter/Ringraum.

 

Abbau der Gebäudestrukturen und Fundamente der AVR-Gesamtanlage

 

- Anpassung der Infrastruktur in den Ringanbauten,

- Demontage aller Einrichtungen in den Ringanbauten,

- Demontage der Einrichtungen der Werkstatt zum Umgang mit radioaktiven Stoffen (Warme Werkstatt),

- Abbau der Gebäudestrukturen des Erweiterungsbaus der Warmen Werkstatt,

- Abbau der Ringanbauten,

- Vorbereitende Maßnahmen zum Abbau der Betonkammern der Ringanbauten sowie der Fundamente des Reaktorgebäudes und der Warmen Werkstatt,

- Errichtung von Einhausungen (z.B. zum Abbau des Altbereichs der Warmen Werkstatt),

- Abbau der Materialschleuse und des Abluftkamins,

- Abbau des Altbereichs der Warmen Werkstatt, des Reaktorgebäudes und der Betonkammern der Ringanbauten,

- Abbau des Chemiekanals,

- Abbau des Maschinenhauses.

 

1.2.5 Weitere betriebliche Maßnahmen und Festlegungen

 

Die der AVR GmbH nach Maßgabe der Verfügungen im Teil I dieses Bescheides genehmigten weiteren betrieblichen Maßnahmen und Festlegungen sind nachfolgend aufgeführt:

 

Die Anpassung der Infrastruktur (z.B. der brandschutztechnischen Einrichtungen, Lüftungsanlagen, E- und Leittechnik, Kommunikationstechnik, Blitzschutzanlage) an den Abbaufortschritt nach Maßgabe der Unterlagen in Abschnitt I.2 und der Auflagen gemäß Abschnitt I.3.

 

- Die Reduzierung der Objektsicherungsmaßnahmen nach der Verfüllung des Reaktorbehälters mit Porenleichtbeton.

 

1.3 Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft

 

1.3.1 Ableitungen über den Fortluftkamin

 

Für den Zeitraum des vollständigen Abbaus des AVR-Versuchskernkraftwerks bis zur Außerbetriebnahme der bestehenden Fortluftüberwachungsanlage gelten die unter Abschnitt I.1.4 des Bescheides Nr. 7/15 (5E) AVR festgelegten Ableitungen radioaktiver Stoffe mit Luft unverändert fort. Dies sind für:

 

 

im Kalenderjahro

pro Kalenderwoche

- Tritium:

3,7 TBq

-

- Kohlenstoff 14:

100 GBq

-

- Aerosole (T1/2 > 8 d):

37 MBq

2 MBq

davon:

- Sr 90:

 

28 MBq

 

-

- a-Strahler:

280 kBq

-

 

1.3.2 Ableitung in die Umgebung aus Einhausungen nach der Außerbetriebnahme der Fortluftüberwachungsanlage

 

Für den Zeitraum nach der Außerbetriebnahme der bestehenden Fortluftüberwachungsanlage werden der AVR GmbH folgende Werte als maximal zulässige Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft aus der Einhausung des Altbereichs der Warmen Werkstatt und anderer Einhausungen, die nach Außerbetriebnahme der bestehenden Fortluftüberwachungsanlage errichtet werden, genehmigt:

 

 

 

im Kalenderjahr

pro Kalenderwoche

- Tritium:

20 GBq

-

- Kohlenstoff 14:

1 GBq

-

- Strontium 90:

2,8 MBq

-

- Aerosole (T1/2 > 8 d)

ohne Strontium 90 und

ohne a-Strahler

0,8 MBq

-

- a-Strahler:

0,05 MBq

 

 

Beim gleichzeitigen Betrieb mehrerer Einhausungen mit Ableitung sind die oben genannten Höchstwerte für die Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft insgesamt einzuhalten.

Die Überwachung der Ableitungen erfolgt nach Maßgabe der in Abschnitt I.2 aufgeführten Unterlagen und nach Maßgabe der Auflagen gemäß Abschnitt I.3.

 

1.4 Bisher erteilte Genehmigungen

 

Die bisher erteilten Genehmigungen zur Errichtung, zum Betrieb, zur Stilllegung und zur Herbeiführung des Sicheren Einschlusses des AVR-Versuchskernkraftwerks gelten uneingeschränkt fort, sofern sie nicht durch nachfolgende Bescheide einschließlich dieses Bescheides ganz oder teilweise ersetzt oder geändert worden sind bzw. werden. Eine Übersicht über die bisher erteilten Genehmigungen einschließlich der Nachträge ist im Abbauhandbuch (AHB) Teil 2.2 aufgeführt.

 

1.5 Sonstige radioaktive Stoffe

 

Diese Genehmigung erstreckt sich gemäß § 7 Abs. 2 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 2001 (BGBI. I S. 1714), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. August 2008 (BGBI. I S. 1793), auch auf den in Abschnitt I.3 dieses Bescheides festgelegten Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Atomgesetzes.

 

Die Genehmigung ist mit Nebenbestimmungen verbunden, die aus Anforderungen im Rahmen der sicherheitstechnischen Prüfung, der Prüfung der Umweltverträglichkeit und der bautechnischen Prüfung resultieren.

 

Der Genehmigungsbescheid enthält folgende Rechtsbehelfsbelehrung:

 

„Rechtsbehelfsbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden.

Die Klage ist beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen.

Falls die Frist durch das Verschulden eines Bevollmächtigten versäumt werden sollte, so würde dessen Verschulden dem Vollmachtgeber zugerechnet werden.“

 

Eine Ausfertigung des Bescheides ist vom Tage nach der Bekanntmachung an 2 Wochen während der Dienststunden

 

a) im Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Haroldstr. 4, 40213 Düsseldorf (Anmeldung beim Pförtner); (Dienststunden: montags bis freitags von 9.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 16.00 Uhr)

 

und

 

b) in der Stadtverwaltung der Stadt Jülich, Große Rurstraße 17, 52428 Jülich, Obergeschoss des neuen Rathauses, Zimmer 311 (Dienststunden: montags bis freitags von 8.30 bis 12.00 Uhr, dienstags von 8.30 bis 15.30 Uhr und donnerstags von 14.00 bis 18.00 Uhr)

 

zur Einsicht ausgelegt.

 

Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwen­dungen erhoben haben, als zugestellt. Dieser Zeitpunkt ist für den Beginn der Rechtsbehelfsfrist maßgebend.

 

Der Bescheid kann bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist beim Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein- Westfalen, 40190 Düsseldorf, unter dem unten genannten Aktenzeichen von Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, schriftlich angefordert werden.

 

Düsseldorf, den 29. April 2009

425 - 8943 AVR - 7/16 - 5.4

 

 

Ministerium
für Wirtschaft, Mittelstand und Energie
des Landes Nordrhein-Westfalen

Im Auftrag

Volker  D ö r i n g

 

GV. NRW. 2009 S. 301