Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2009 Nr. 39 vom 18.12.2009 Seite 817 bis 834

Krankenhaushygieneverordnung
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Krankenhaushygieneverordnung

2128

Krankenhaushygieneverordnung

 

Vom 9. Dezember 2009

 

Aufgrund des § 6 Absatz 2 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2007 (GV. NRW. S. 702, ber. 2008 S. 157) wird verordnet:

 

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für alle Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nummer 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534). Ausgenommen sind die kirchlichen Krankenhäuser nach § 33 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, die in eigener Zuständigkeit Regelungen treffen, die den Zielen der nachfolgenden Vorschriften entsprechen.

 

(2) Soweit personenbezogene Bezeichnungen im Maskulinum stehen, wird diese Form verallgemeinernd verwendet und bezieht sich auf beide Geschlechter.

 

§ 2
Hygiene im Krankenhaus

Der Träger des Krankenhauses ist verpflichtet, die betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Voraussetzungen für die Einhaltung der Grundsätze der Hygiene im Krankenhaus sicherzustellen und für die Durchführung der notwendigen hygienischen Maßnahmen zu sorgen. Dazu gehören insbesondere

 

1. die Bildung einer Hygienekommission,

2. die Beratung durch einen Krankenhaushygieniker im Sinne der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektiosnsprävention (Bundesgesundheitsblatt Nr. 52 vom 20. 8. 2009),

3. die Beschäftigung von Hygienefachkräften und

4. die Bestellung von Hygienebeauftragten.

 

§ 3
Hygienekommission

(1) In jedem Krankenhaus ist eine Hygienekommission zu bilden. Die Hygienekommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Krankenhausträgers bedarf. Der Hygienekommission gehören mindestens an

 

1. der Leitende Arzt,

2. die Leitende Pflegekraft,

3. die Leitung des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes,

4. die Hygienefachkräfte nach § 4,

5. der Krankenhaushygieniker und

6. die Hygienebeauftragten nach § 5.

 

Der Hygienekommission sollten darüber hinaus der kaufmännische Direktor, der Krankenhausapotheker und der technische Leiter angehören. Weitere Abteilungsärzte sowie Mitglieder der Personalvertretung im Krankenhaus können der Kommission angehören.

 

(2) Die Hygienekommission hat insbesondere

 

1. darauf hinzuwirken, dass Hygienepläne aufgestellt und fortgeschrieben werden, in denen insbesondere zu regeln ist, welche Vorgaben zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen unter Einbeziehung therapeutischer Maßnahmen einzuhalten sind,

2. die Einhaltung der Hygienepläne zu überwachen,

3. zu regeln, durch wen und innerhalb welcher Zeit bei Verdacht oder Vorliegen einer Krankenhausinfektion die Hygienefachkräfte, der Krankenhaushygieniker sowie der Hygienebeauftragte zu unterrichten sind und

4. bei der Planung von Baumaßnahmen, der Wiederbeschaffung von Anlagegütern gemäß § 18 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und bei der Erstellung von Organisationsplänen, soweit dadurch Belange der Krankenhaushygiene betroffen sind, sowie bei der Organisation der Aus- und Fortbildung des Personals auf dem Gebiet der Hygiene mitzuwirken.

(3) Die Hygienekommission wird von dem Vorsitzenden in regelmäßigen Abständen, mindestens halbjährlich, einberufen. Bei gehäuftem Auftreten von Krankenhausinfektionen und bei besonderen, die Hygiene betreffenden Vorkommnissen wird die Hygienekommission unverzüglich einberufen.

 

§ 4
Hygienefachkräfte

(1) Hygienefachkräfte im Sinne dieser Verordnung sind Hygienefachschwestern/Hygienefachpfleger, die an einer qualifizierten, staatlich anerkannten Weiterbildung zur Hygienefachkraft mit Erfolg teilgenommen haben.

 

(2) Die Hygienefachkräfte üben ihre Aufgaben in Abstimmung und im Einvernehmen mit dem Krankenhaushygieniker aus.

 

(3) Die Hygienefachkräfte haben insbesondere

 

1. mit den Hygienebeauftragten bei der Überwachung der Krankenhaushygiene und krankenhaushygienischen Maßnahmen zusammenzuarbeiten,

2. Surveillance von nosokomialen Infektionen sowie von multiresisitenten Erregern und anderen besonderen Erregern gemäß § 23 Infektionsschutzgesetz in Zusammenarbeit mit den Hygienebeauftragten und dem Krankenhaushygieniker durchzuführen,

3. die Stationen und die sonstigen pflegerischen, diagnostischen, therapeutischen, ver- und entsorgungstechnischen Bereiche sowohl regelmäßig als auch anlassbezogen zu besichtigen,

4. die Ärzte, das Pflegepersonal und die Leitung des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes der entsprechenden Bereiche über Verdachtsfälle zu unterrichten,

5. die Mitarbeiter über angeordnete Hygienemaßnahmen und deren Gründe zu unterrichten,

6. die Hygiene-, Desinfektions- und Desinsektionsmaßnahmen zu überwachen,

7. Arbeitspläne für pflegetechnische Maßnahmen nach hygienischen Gesichtspunkten zu erstellen und deren Einhaltung zu überwachen,

8. bei epidemiologischen Untersuchungen mitzuwirken,

9. bei der Fachaufsicht über die Sterilisations- und Desinfektionsgeräte, über die Bettenaufbereitung sowie über die Krankenhausreinigung mitzuwirken,

10. die Analyse und Bewertung mikrobiologischer und anderer Befunde von Infektionen und anderer gesundheitsgefährdender Gegebenheiten bei Patienten und deren Umgebung insbesondere aufgrund von Untersuchungen an Patienten, Personal, Luft, Wasser, Klimaanlagen und Gegenständen auf mögliche Gesundheitsgefährdungen zu unterstützen,

11. in Zusammenarbeit mit den hygieneabauftragten Ärzten und dem Krankenhaushygieniker Infektionsketten und Infektionsursachen zu erforschen sowie die Gegenmaßnahmen einzuleiten und

12. Fortbildungen für das Krankhauspersonal durchzuführen.

 

(4) Die Zahl der Hygienefachkräfte, die ein Krankenhaus beschäftigen muss, ergibt sich aus der Anwendung der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention: „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ Abschnitt 4 in der Fassung vom 24. August 2009. Diese Bestimmungen gelten entsprechend, wenn Zusammenschlüsse von Krankenhäusern einrichtungsübergreifend Hygienefachkräfte beschäftigen.

 

(5) Krankenhäuser nach § 3 Nummer 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, Fachkrankenhäuser für Suchtkrankheiten, Vorsorge- sowie Rehabilitationseinrichtungen sind dabei stationären Einrichtungen der Psychiatrie gleichzusetzen.

 

§ 5
Hygienebeauftragte

(1) In jedem Krankenhaus ist mindestens ein im Krankenhaus tätiger Arzt, der über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen in Krankenhaushygiene und Infektionsprävention verfügt und der an einer entsprechenden Fortbildung in der Krankenhaushygiene mit Erfolg teilgenommen hat, zum Hygienebeauftragten zu bestellen. In Einrichtungen mit mehreren Fachabteilungen mit besonderem Risiko für nosokomiale Infektionen soll jede Abteilung einen hygienebeauftragten Arzt benennen.

 

(2) Der Hygienebeauftragte hat insbesondere

 

1. bei der Einhaltung der Regeln der Hygiene- und Infektionsprävention in seinem Verantwortungsbereich mitzuwirken und dabei Verbesserungen der Hygienepläne und der Funktionsabläufe anzuregen und

2. bei der Aus- und Fortbildung des Personals in der Krankenhaushygiene mitzuwirken.

 

(3) Die Benennung von Hygienebeauftragten in der Pflege als konkrete Ansprechpartner auf jeder Station und in jedem Funktionsbereich bleibt von diesen Regelungen unberührt.

 

§ 6
Fortbildung

(1) Hygienefachkräfte nach § 4 sind im Rahmen ihrer Aufgabenstellung verpflichtet, sich mit dem aktuellen Stand der Krankenhaushygiene vertraut zu machen und spätestens im Abstand von zwei Jahren an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen.

 

(2) Hygienebeauftragte nach § 5 sind verpflichtet, sich laufend mit den neuesten Erkenntnissen über die Krankenhaushygiene vertraut zu machen und bedürfen der regelmäßigen Fortbildung in längstens zweijährigem Abstand. Diese Fortbildung soll insbesondere folgende Gebiete umfassen:

 

1. Regelungen auf dem Gebiete der Krankenhaushygiene,

2. mikrobiologische und epidemiologische Grundlagen von Krankenhausinfektionen,

3. Analyse und Dokumentation von Krankenhausinfektionen,

4. Umgebungsuntersuchungen,

5. Anforderungen an Funktion, Bau und Ausstattung von bestimmten Krankenhausbereichen,

6. gezielte hygienisch-mikrobiologische Kontrollmaßnahmen,

7. Maßnahmen auf dem Gebiet der Desinfektion, Sterilisation und Entwesung, der apparativen und instrumentellen Ausstattung und Versorgung sowie der Wasserversorgung und -aufbereitung, der Schwimmbadhygiene, der Abwasser- und Abfallbeseitigung,

8. besondere Methoden zur Verhütung von Infektionen des Personals und

9. Zusammenwirken mit Instituten und Laboratorien sowie medizinischen Untersuchungsämtern, Gesundheitsämtern und anderen Gesundheitsbehörden.

 

(3) Hygienefachkräfte und Hygienebeauftragte sind für die Wahrnehmung dieser Aufgabe im erforderlichen Umfang freizustellen.

 

§ 7
Aufzeichnungen, Akteneinsicht, Zutrittsrecht

(1) Die Aufzeichnungen nach § 23 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz sind dem Krankenhaushygieniker, dem Hygienebeauftragten und der Hygienekommission in regelmäßigen Abständen, bei Gefahr im Verzug unverzüglich bekanntzugeben. Die Kontroll- und Wartungsarbeiten an den für die Aufrechterhaltung der Krankenhaushygiene erforderlichen technischen Einrichtungen sowie die sonstigen im Rahmen der Krankenhaushygiene erhobenen und anfallenden Daten sind unter Angabe des Datums aufzuzeichnen und zehn Jahre aufzubewahren.

 

(2) Krankenhaushygieniker, Hygienebeauftragte und Hygienefachkräfte haben das Recht, Unterlagen des Krankenhauses einschließlich der Patientenakten, auch in digitaler Form, einzusehen und Krankenhausbereiche zu betreten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung erforderlich ist.

 

§ 8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer Kraft.

 

Düsseldorf, den 9. Dezember 2009

 

 

Der Minister
für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen

Karl-Josef  L a u m a n n

 

GV. NRW. 2009 S. 830