Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 15 vom 13.4.2017 Seite 387 bis 400

Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO)
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Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO)

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Verordnung
über Zuständigkeiten im Ausländerwesen
(ZustAVO)

Vom 4. April 2017

Auf Grund

- des § 5 Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 des Landesorganisationsgesetzes vom 10. Juli 1962 (GV. NRW. S. 421), von denen Absatz 3 Satz 1 zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 462) geändert worden ist, und insoweit nach Anhörung des fachlich zuständigen Ausschusses des Landtags,

- des § 36 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602),

- des § 15a Absatz 1 Satz 5, Absatz 4 Sätze 5 und 6, des § 23 Absatz 1, des § 24 Absatz 4 Satz 2 und des § 71 Absatz 1 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), von denen § 15a Absatz 4 Satz 5 und § 24 Absatz 4 Satz 2 zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden sind, und

- des § 22 Absatz 2 Satz 1, des § 46 Absatz 5, des § 50 Absatz 2 und des § 88 Absatz 3 des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), verordnet die Landesregierung:

Kapitel 1
Behörden und Einrichtungen

§ 1
Ausländerbehörden

Die mit der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) geändert worden ist, und des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) geändert worden ist, betrauten Ausländerbehörden sind

1. das für Inneres zuständige Ministerium als oberste Ausländerbehörde,

2. die Bezirksregierungen als obere Ausländerbehörden,

3. die Ordnungsbehörden der Städte Bielefeld, Dortmund und Köln als Zentrale Ausländerbehörden (ZAB) im Rahmen der ihnen gesondert übertragenen Aufgaben und

4. die Ordnungsbehörden der Großen kreisangehörigen Städte und der kreisfreien Städte, im Übrigen die Kreisordnungsbehörden als untere Ausländerbehörden.

Die Ausländerbehörden nach den Nummern 3 und 4 nehmen die ihnen übertragenen Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr. Sie sind Sonderordnungsbehörden im Sinne des § 12 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) geändert worden ist.

§ 2
Aufnahmeeinrichtungen

(1) Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes sind:

1. die Landeserstaufnahmeeinrichtung,

2. die Erstaufnahmeeinrichtungen,

3. die Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes.

(2) Die Aufnahmeeinrichtungen sind Einrichtungen des Landes.

(3) Die oberste Ausländerbehörde bestimmt durch Erlass, wie viele Plätze zur Unterbringung Asylbegehrender im Sinne des § 44 des Asylgesetzes in den jeweiligen Regierungsbezirken einzurichten und vorzuhalten sind (Kontingente). Die Bezirksregierungen entscheiden in Abstimmung mit der obersten Ausländerbehörde im Rahmen ihrer Kontingente, welche Aufnahmeeinrichtungen nach Absatz 1 Nummer 2 und 3 in ihren jeweiligen Bezirken betrieben werden.

Kapitel 2
Zuständigkeiten der Bezirksregierungen
und Mitwirkung der Kommunen

§ 3
Sachliche Zuständigkeit der Bezirksregierungen

Die Bezirksregierungen sind neben den Aufgaben nach §§ 7, 8, 9 und 16 für die Suche nach geeigneten Standorten und die Herstellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Aufnahmeeinrichtungen nach § 2 Absatz 1 Nummern 2 bis 3, die Herstellung ausreichender Unterbringungskapazitäten nach § 2 Absatz 3, sowie die Sicherstellung des Betriebes dieser Einrichtungen zuständig, soweit es sich nicht um die unter §§ 4 und 5 genannten zentralen Aufgaben handelt. Den konkreten Umfang der damit verbundenen Aufgaben bestimmt die oberste Ausländerbehörde durch Verwaltungsvorschriften nach § 18. In einer Aufnahmeeinrichtung können für nicht hoheitlich auszuübende Tätigkeiten Personen des privaten Rechts beauftragt und die hierfür erforderlichen Verträge für das Land abgeschlossen werden.

§ 4
Zentrale Zuständigkeiten der Bezirksregierung Arnsberg

(1) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständig für die Sicherstellung des Betriebes und der Aufgabenerfüllung der Landeserstaufnahmeeinrichtung, die Verteilung der ausländischen Personen von der Landeserstaufnahmeeinrichtung in die Erstaufnahmeeinrichtungen sowie die Umverteilung zwischen einzelnen Regierungsbezirken. Sie ist zuständig für die Koordinierung des beschleunigten Asylverfahrens im Sinne des § 30a des Asylgesetzes, die Koordinierung der Überstellungen in Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. EG-L-180/31), aus Landeseinrichtungen. Sie ist zuständig für das Verfahren der Überprüfung der Unbedenklichkeit des Personals im Sicherheitsdienst der Aufnahmeeinrichtungen im Zusammenwirken mit den anderen Bezirksregierungen sowie die Förderung der Flüchtlingsarbeit, die Förderung der Sozialen Beratung von Flüchtlingen und die Zuschüsse für Rückkehrprojekte einschließlich vorbereitender Maßnahmen (Bewilligung, Auszahlung, Verfahren).

(2) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständige Behörde für die Verteilung und Zuweisung von ausländischen Personen nach § 50 des Asylgesetzes und § 24 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes. Die Verteilung erfolgt nach § 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 28. Februar 2003 (GV. NRW. S. 93), in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständige Behörde für die Verteilung und Zuweisung von aus dem Ausland nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes aufgenommenen Flüchtlingen. Die Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg für die Verteilung und Zuweisung gilt nicht für Anordnungen nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes, die in Verbindung mit § 23 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes ergehen. Die Verteilung erfolgt nach § 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Die Bezirksregierung Arnsberg bestimmt diejenigen Erstaufnahmeeinrichtungen, in der die ausländische Person nach § 47 des Asylgesetzes zu wohnen verpflichtet ist. Die Bezirksregierung Arnsberg trifft diese Bestimmung auch für Ausländerinnen und Ausländer, die von einem Beschluss nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes erfasst werden. Für Personen im Sinne des § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes trifft die Bezirksregierung Arnsberg diese Bestimmung im Einvernehmen mit der obersten Ausländerbehörde.

(5) Die Bezirksregierung Arnsberg ist außerdem zuständig für

1. die nach § 46 des Asylgesetzes den Aufnahmeeinrichtungen beziehungsweise den Ländern übertragenen Melde- oder Mitteilungspflichten,

2. die Entlassung nach § 49 Absatz 2 des Asylgesetzes aus den Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 2 Absatz 1,

3. die Durchführung der länderübergreifenden Verteilung nach § 51 des Asylgesetzes und § 24 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes und

4. den Datenaustausch mit der vom Bundesministerium des Innern bestimmten Zentralen Verteilungsstelle nach § 24 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Feststellung der aktuellen Aufnahmequote des Landes.

(6) Die landesweiten Zuständigkeiten der Bezirksregierung Arnsberg nach § 8 Absatz 2 der Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 971) für die Entscheidungen nach § 5 der Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung, die Entscheidungen nach § 12a Absatz 2 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes sowie die Anwendung des § 6 der Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung bleiben unberührt.

§ 5
Zentrale Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg
bei der Verteilung
unerlaubt eingereister ausländischer Personen

(1) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständige Behörde für die länderübergreifende und landesinterne Verteilung der unerlaubt eingereisten ausländischen Personen nach § 15a des Aufenthaltsgesetzes.

(2) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständige Behörde für die Anordnung nach § 15a Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes bei einer Verteilung in andere Länder.

(3) Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständige Behörde im Sinne des § 15a Absatz 1 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes für die Aufnahme unerlaubt eingereister Personen aus anderen Ländern. Die Unterbringung der nach Satz 1 aufgenommenen Personen erfolgt landesweit in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 und 3. Die Bezirksregierung Arnsberg führt bei einer länderübergreifenden Verteilung nach Nordrhein-Westfalen die zur Umsetzung der Zuweisungsentscheidung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes erforderlichen Maßnahmen durch.

(4) Für die landesinterne Verteilung gilt § 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

§ 6
Mitwirkung der Kommunen

(1) Die in § 49 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen werden durch die unteren Ausländerbehörden durchgeführt, sofern nicht bereits die übrigen in § 71 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes genannten Behörden tätig geworden sind.

(2) Die unteren Ausländerbehörden führen die Anhörung nach § 15a Absatz 4 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes für die Bezirksregierung Arnsberg durch und übersenden dieser das Ergebnis.

(3) Die unteren Ausländerbehörden führen bei einer Verteilung innerhalb des Landes und bei einer länderübergreifenden Verteilung die zur Umsetzung der Verteilungsanordnung nach § 5 Absatz 1 erforderlichen Maßnahmen durch.

(4) Die Gemeinden sind verpflichtet, die nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes aus dem Ausland aufgenommenen oder gemäß § 50 des Asylgesetzes und § 24 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes ihnen zugewiesenen, ausländischen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Dabei gilt für die Verteilung § 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

Kapitel 3
Aufgaben der Aufnahmeeinrichtungen

§ 7
Landeserstaufnahmeeinrichtung

(1) Alle Personen, die einen Asylantrag bei einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu stellen haben, sind nach § 22 Absatz 2 des Asylgesetzes verpflichtet, sich persönlich bei der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Bochum zu melden. Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Landeserstaufnahmeeinrichtung ist von der obersten Ausländerbehörde im Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.

(2) Die Landeserstaufnahmeeinrichtung prüft die Identität der Asylbegehrenden nach § 16 Absatz 1a des Asylgesetzes. Sie nimmt nach der Entscheidung nach § 46 Absatz 2 des Asylgesetzes die Verteilung auf die Aufnahmeeinrichtungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 vor. Bei Asylbegehrenden, die auf andere Bundesländer verteilt werden, wird die Identität gemäß § 16 Absatz 1 Satz 1 des Asylgesetzes erkennungsdienstlich gesichert. Zudem sind die Verwahrung und die Weitergabe von Unterlagen nach § 21 des Asylgesetzes sicherzustellen.

(3) Die Landeserstaufnahmeeinrichtung stellt fest, ob eine erste medizinische Versorgung der Asylbegehrenden notwendig ist und stellt diese im Bedarfsfall sicher. Die fachlichen Standards sind mit der Obersten Landesgesundheitsbehörde abzustimmen.

§ 8
Erstaufnahmeeinrichtungen

(1) Die Bezirksregierungen stellen sicher, dass durch die Erstaufnahmeeinrichtungen insbesondere die folgenden Aufgaben wahrgenommen werden:

1. Unterbringung und Versorgung von Asylbegehrenden nach §§ 44 bis 54 des Asylgesetzes,

2. Registrierung der Asylbegehrenden zur Sicherung, Feststellung und Überprüfung der Identität nach § 16 des Asylgesetzes in Verbindung mit § 63a Absatz 3 des Asylgesetzes und die Speicherung der Daten in Bundes- und Landesdatenbanken; Art und Umfang der darüber hinaus zu speichernden Daten in Landesdatenbanken wird durch Verwaltungsvorschrift nach § 18 vorgegeben, § 6 Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend,

3. Belehrungen nach § 50 Absatz 4 und § 60a Absatz 2d des Aufenthaltsgesetzes,

4. Verwahrung und Weitergaben von Unterlagen nach § 21 des Asylgesetzes,

5. Gesundheitsuntersuchung im Sinne des § 62 des Asylgesetzes (Erstuntersuchung, TBC-Ausschlussuntersuchung, Impfangebot),

6. Unterstützung der freiwilligen Ausreise,

7. Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, insbesondere bei der Zuführung zum Bundesamt und der Zustellung von Bescheiden an ausländische Personen,

8. Bestimmung derjenigen Zentralen Unterbringungseinrichtung, in der die ausländische Person nach § 47 des Asylgesetzes zu wohnen verpflichtet ist und

9. Verteilung von Asylbegehrenden aus den Erstaufnahmeeinrichtungen auf einzelne Zentrale Unterbringungseinrichtungen.

(2) Die Bezirksregierungen können mit den Städten Bielefeld, Essen, Köln, Mönchengladbach und Münster sowie den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Unna durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, dass Aufgaben nach Absatz 1 durch deren Ausländerbehörden wahrgenommen werden. § 3 Satz 3 findet Anwendung. Die Verträge sind im Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen. Die notwendigen Kosten für die Aufgabenwahrnehmung werden aus dem Landeshaushalt erstattet. Zuständig für die Kostenerstattung sind die Bezirksregierungen.

(3) Für die Unterbringung sind die von der obersten Ausländerbehörde festgelegten Standards maßgeblich. Die Bezirksregierungen kontrollieren die privaten Betreuungs- und Sicherheitsdienstleister bei der Einhaltung der Betreuungs- und Sicherheitsstandards und die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 44 Absatz 3 des Asylgesetzes.

§ 9
Zentrale Unterbringungseinrichtungen

(1) Die Bezirksregierungen stellen den Betrieb der Zentralen Unterbringungseinrichtungen und deren Aufgabenerfüllung sicher. Diese dienen der Unterbringung und Versorgung der Asylbegehrenden im Anschluss an die Unterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen. § 8 Absatz 1 Nummer 4, 6, 7 und Absatz 3 gelten entsprechend. § 8 Absatz 1 Nummer 5 gilt mit der Maßgabe, dass auch in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen ein Impfangebot im erforderlichen Maße vorgehalten wird. § 3 Satz 3 findet Anwendung.

(2) Die Zentralen Unterbringungseinrichtungen stellen Bescheide aus dem Asyl- und Aufenthaltsrecht zu und verteilen die zugewiesenen Asylbegehrenden aus den Zentralen Unterbringungseinrichtungen auf die Gemeinden.

§ 10
Vollzugseinrichtungen für Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam

Die oberste Ausländerbehörde ist zuständig für die Entscheidung über die Errichtung und Auflösung von Einrichtungen für den Vollzug von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam. Die Aufgaben des Vollzugs von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam werden von den Bezirksregierungen für die in ihrem Bezirk liegenden Einrichtungen wahrgenommen. Unter staatlicher Aufsicht können Aufgaben des Vollzugs von privatem Sicherheitspersonal wahrgenommen werden.

Kapitel 4
Zuständigkeiten der unteren und Zentralen Ausländerbehörden

§ 11
Sachliche Zuständigkeit der unteren Ausländerbehörden

Die unteren Ausländerbehörden nehmen die Aufgaben der Ausländerbehörden nach dem Aufenthaltsrecht und dem Asylrecht wahr, sofern keine besonderen Zuständigkeiten für einzelne Aufgaben bestimmt sind.

§ 12
Örtliche Zuständigkeit der unteren Ausländerbehörden

(1) Örtlich zuständig ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich die ausländische Person gewöhnlich aufhält oder, soweit kein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet auf Grund eines Auslandsaufenthalts besteht, sich aufzuhalten beabsichtigt. Ist der Aufenthalt räumlich beschränkt, ist die Ausländerbehörde des Bezirks zuständig, in dem die Ausländerin oder der Ausländer zu wohnen hat.

(2) Soweit keine Zuständigkeit nach Absatz 1 begründet ist, ist jede Ausländerbehörde zur Entscheidung über die bei ihr gestellten Anträge zuständig, im Übrigen die Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich erstmals die Notwendigkeit für eine ausländerbehördliche Maßnahme ergibt. Für unaufschiebbare Maßnahmen und Entscheidungen ist unbeschadet des Absatzes 1 jede Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich die Notwendigkeit der Anordnung ergibt.

(3) Befindet sich die ausländische Person auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam, bleibt die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich die Person zuvor gewöhnlich aufgehalten hat. Ist der vorherige gewöhnliche Aufenthalt nicht bekannt oder liegt er außerhalb von Nordrhein-Westfalen, ist die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich die Haftanstalt oder das sonstige öffentliche Gewahrsam befindet. Für die Beantragung von Abschiebungshaft ist die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder mangels eines solchen aufgegriffen wurde.

(4) Eine nach Absatz 3 einmal begründete Zuständigkeit bleibt erhalten, wenn die ausländische Person in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde verlegt wird. Dies gilt auch, wenn sie nach einer Ausweisung oder Abschiebung unerlaubt wieder einreist und die Restfreiheitsstrafe zu verbüßen hat.

(5) § 72 Absatz 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes bleiben unberührt.

(6) Im Übrigen finden ergänzend die Regelungen des § 4 des Ordnungsbehördengesetzes Anwendung.

§ 13
Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörden

(1) Die Zentralen Ausländerbehörden sind im Rahmen der Rückführung Ausreisepflichtiger für folgende Aufgaben in ihrem jeweiligen Bezirk zuständig:

1. Beschaffung von Heimreisedokumenten für alle Ausreisepflichtigen in Nordrhein-Westfalen,

2. Mitwirkung an nationalen und internationalen Projekten auf dem Gebiet des Rückkehrmanagements, insbesondere solchen, die geeignet sind, mit Mitteln der Europäischen Union gefördert zu werden,

3. Mitwirkung in länderübergreifenden Gremien des Rückkehrmanagements,

4. Aufgaben als Kontakt-, Koordination- und Clearing-Stellen zu inländischen wie ausländischen Behörden, Einrichtungen, zu Auslandsvertretungen und Regierungsstellen sowie zu Organisationen und Privatpersonen in Angelegenheiten der Rückführung,

5. Einrichtung von Informationsstellen und Führung von Datenbanken,

6. ausländerrechtliche Betreuung der in den Unterbringungseinrichtungen für Ausreisepflichtige des Landes Nordrhein-Westfalen inhaftierten oder in Gewahrsam genommenen Ausreisepflichtigen; die ausländerrechtlichen Zuständigkeiten bleiben davon unberührt,

7. Haftverlängerungsanträge einschließlich der Anträge auf Abgabe der Hauptsache an das Amtsgericht des Haftortes und die Vertretung in Rechtsbehelfsverfahren gegenüber Haftverlängerungsanträgen und

8. Vorbereitung und Durchführung von zwangsweisen Rückführungen und der Überstellungen in Verfahren nach der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, aus den Landeseinrichtungen, einschließlich der Beantragung von Haft.

(2) Die örtliche Zuständigkeit (Bezirke) der Zentralen Ausländerbehörden umfasst für

1. die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld
alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Detmold und alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Münster außer den Ausländerbehörden der Städte Bottrop und Gelsenkirchen und des Kreises Recklinghausen,

2. die Zentrale Ausländerbehörde Dortmund
alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Arnsberg,
im Regierungsbezirk Düsseldorf für die Ausländerbehörden der Städte Duisburg, Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen sowie im Regierungsbezirk Münster für die Ausländerbehörden der Städte Bottrop und Gelsenkirchen und des Kreises Recklinghausen,

3. die Zentrale Ausländerbehörde Köln
alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Köln und alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Düsseldorf außer den Ausländerbehörden der Städte Duisburg, Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen.

Die einzelnen Bezirke sind in der Anlage zu § 13 grafisch dargestellt.

Zur Schwerpunktbildung kann die oberste Ausländerbehörde einzelne Zentrale Ausländerbehörden landesweit insbesondere für bestimmte Herkunftsstaaten oder Zielstaaten durch Verwaltungsvorschriften nach § 18 mit der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 1 Nummer 1 bis 5 beauftragen.

(3) Die Zentralen Ausländerbehörden unterstützen die unteren Ausländerbehörden im Wege der Amtshilfe und im Rahmen freier Kapazitäten in allen Angelegenheiten des integrierten Rückkehrmanagements, insbesondere

1. bei Fällen, in denen sich Ausreisepflichtige in Strafhaft befinden und

2. bei der organisatorischen Durchführung von freiwilligen Ausreisen, bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten für freiwillige Ausreisen und beim Transport und der Transportkoordination für alle Fahrten zur Vorbereitung und Durchführung von freiwilligen Ausreisen und zwangsweisen Rückführungen.

(3) Die Zentralen Ausländerbehörden sind zuständig für alle ausländer- und asylrechtlichen und passrechtlichen Maßnahmen für ausländische Personen, solange diese in Aufnahmeeinrichtungen untergebracht sind. Sie können die freiwilligen Ausreisen von ausländischen Personen, die sich in Landeseinrichtungen aufhalten, unterstützen. Die Zuständigkeit der jeweiligen Zentralen Ausländerbehörde besteht auch dann fort, wenn die Ausländerinnen und Ausländer auf ihre Veranlassung in Einrichtungen zum Vollzug von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam nach § 62 und § 62b des Aufenthaltsgesetzes untergebracht sind.

(4) Der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld wird die Aufgabe der zentralen Flugabschiebung übertragen. Diese unterstützt das Land und die unteren Ausländerbehörden bei der Rückführung von Ausreisepflichtigen auf dem Luftweg. Die nähere Ausgestaltung der Aufgabe erfolgt durch Verwaltungsvorschriften nach § 18.

(5) Der Zentralen Ausländerbehörde Köln wird die Aufgabe der zentralen Transportkoordination für alle Fahrten zur Vorbereitung und zum Vollzug von Rückführungen übertragen. Die nähere Ausgestaltung der Aufgabe erfolgt durch Verwaltungsvorschriften nach § 18.

(6) Die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld ist für die Zentrale Rückkehrkoordination zuständig. Mit der Zentralen Rückkehrkoordination Nordrhein-Westfalen wird die organisatorische und fachliche Unterstützung der Kommunen im Bereich des Rückkehrmanagements verstärkt. Die Zentrale Rückkehrkoordination Nordrhein-Westfalen bündelt und koordiniert die schon bestehenden Unterstützungsleistungen bei der Rückführung und steht den Kommunen als zentraler Ansprechpartner für alle Rückkehrfragen, also auch für Fragen der freiwilligen Rückkehr, zur Verfügung. Die nähere Ausgestaltung der Aufgabe erfolgt durch Verwaltungsvorschriften nach § 18.

§ 14
Finanzierung der Zentralen Ausländerbehörden

Die notwendigen Kosten für den Betrieb und die Aufgabenwahrnehmung der Zentralen Ausländerbehörden werden aus dem Landeshaushalt erstattet. Erfasst werden auch rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 die notwendigen Kosten, die dem Kreis Unna bis zur Übernahme der Zuständigkeit ab dem 1. Januar 2018 für den Aufbau der Zentralen Ausländerbehörde Unna entstehen. Zuständig für die Kostenerstattung gemäß Satz 1 sind die für den Standort der Zentralen Ausländerbehörden zuständigen Bezirksregierungen.

§ 15
Zuständigkeiten für Ordnungswidrigkeiten

Die Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 98 Absatz 1, Absatz 2 Nummern 1, 3 und 4, Absatz 3 Nummern 2, 4, 5, 6 und 7 des Aufenthaltsgesetzes, des § 10 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2557) geändert worden ist und des § 86 des Asylgesetzes werden den unteren Ausländerbehörden übertragen.

Kapitel 5
Aufsicht und sonstige Zuständigkeiten

§ 16
Aufsichtsbehörden

(1) Das für Inneres zuständige Ministerium ist oberste Aufsichtsbehörde.

(2) Die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die Landesbehörden bestimmt sich nach dem Landesorganisationsgesetz vom 10. Juli 1962 (GV. NRW. S. 421), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (GV. NRW. S. 566) geändert worden ist.

(3) Die Aufsicht über die Zentralen Ausländerbehörden führt die Bezirksregierung, in deren Bezirk die jeweilige Zentrale Ausländerbehörde ihren Sitz hat. Die oberste Aufsichtsbehörde kann sich für einzelne Angelegenheiten oder Bereiche die unmittelbare Aufsicht vorbehalten.

(4) Die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Aufgabenerfüllung, die Organisationsstruktur sowie die personelle und sächliche Ausstattung der Zentralen Ausländerbehörden unterliegen einem regelmäßigen Controlling durch die Aufsichtsbehörden. Ergänzend finden die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes Anwendung.

(5) Die Aufsicht über die unteren Ausländerbehörden führt die Bezirksregierung.

(6) Die Befugnisse der Aufsicht über die unteren Ausländerbehörden bestimmt sich nach den §§ 9 bis 11 des Ordnungsbehördengesetzes.

§ 17
Dokumente mit elektronischem Speicher- und Verarbeitungsmedium

Zuständige Behörden im Sinne des § 78 Absatz 7 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Änderung der im elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium eines Dokumentes nach § 78 des Aufenthaltsgesetzes gespeicherten Anschrift und der auf das Dokument aufzubringenden Anschrift sind neben den Ausländerbehörden die örtlichen Ordnungsbehörden der kreisangehörigen Gemeinden, soweit sich die Gemeinden durch schriftliche Vereinbarung mit dem Kreis verpflichten, diese Aufgabe zu erfüllen. In der Vereinbarung sind insbesondere die Dauer der Aufgabenwahrnehmung und das Inkrafttreten zu regeln sowie Vorgaben darüber zu treffen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form die Vereinbarung von einem der Beteiligten gekündigt werden kann. Eine Vereinbarung ist der zuständigen Bezirksregierung anzuzeigen und in den amtlichen Veröffentlichungsblättern der Beteiligten bekannt zu machen. Die Bekanntmachung darf frühestens einen Monat nach der Anzeige bei der Bezirksregierung erfolgen.

Kapitel 6
Schlussvorschriften

§ 18
Verwaltungsvorschriften

Die oberste Ausländerbehörde wird ermächtigt, Verwaltungsvorschriften zu dieser Rechtsverordnung zu erlassen.

§ 19
Aufgabenübergang von der Zentralen
Ausländerbehörde Dortmund auf die Zentrale
Ausländerbehörde des Kreises Unna

Mit Ablauf des 31. Dezember 2017 endet die Zuständigkeit der Ordnungsbehörde der Stadt Dortmund als Zentrale Ausländerbehörde. Ab dem 1. Januar 2018 nimmt die Ordnungsbehörde des Kreises Unna die Aufgaben als Zentrale Ausländerbehörde wahr. Sie tritt in die Zuständigkeiten der bis zum 31. Dezember 2017 zuständigen Zentralen Ausländerbehörde Dortmund ein.

Bis zur Übernahme der Zuständigkeit als Zentrale Ausländerbehörde ist der Kreis Unna berechtigt, in Amtshilfe für Zentrale Ausländerbehörden in deren Aufgabenbereichen tätig zu werden. Übergangsweise besteht eine über den eigenen Bezirk hinausgehende örtliche Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld für die beschleunigten Verfahren und die Überstellungen in Verfahren nach der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, einschließlich der Beantragung von Überstellungshaft für ausländische Personen in Landeseinrichtungen für alle Einrichtungen im Bezirk Dortmund bis zum 31. Dezember 2017 und nach dem 31. Dezember 2017 bis zum 31. Mai 2018 im Bezirk Unna.

§ 20
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 10. April 2017 in Kraft. Sie tritt am 31. Dezember 2022 außer Kraft. Die Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 50), die zuletzt durch Artikel 12 der Verordnung vom 27. Juni 2014 (GV. NRW. S. 376) geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 9. April 2017 außer Kraft.

Düsseldorf, den 4. April 2017

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Die Ministerpräsidentin

Hannelore  K r a f t

Der Finanzminister

Dr. Norbert  W a l t e r-B o r j a n s

Der Minister
für Inneres und Kommunales

Ralf  J ä g e r

Der Justizminister

Thomas  K u t s c h a t y

GV. NRW. 2017 S. 389