Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2019 Nr. 29 vom 30.12.2019 Seite 991 bis 1048

Fünftes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung
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Fünftes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung

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Fünftes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Fünftes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung

Vom 19. Dezember 2019

Artikel 1

Die Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 803) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.     § 18 wird wie folgt gefasst:

„§ 18

Kreditermächtigungen

(1) Das Haushaltsgesetz bestimmt, bis zu welcher Höhe das Ministerium der Finanzen Kredite aufnehmen darf

1.  zur Deckung von Ausgaben unter den Voraussetzungen der §§ 18a und 18b,

2.  zur Tilgung von im jeweiligen Haushaltsjahr fällig werdender Kredite

a)    am Kreditmarkt und

b)    bei Gebietskörperschaften, Sondervermögen und gebietskörperschaftlichen Zusammenschlüssen (öffentlicher Bereich),

3.  zur Aufrechterhaltung einer ordnungsmäßigen Kassenwirtschaft (Kassenverstärkungskredite).

Soweit die Kassenverstärkungskredite nach Satz 1 Nummer 3 zurückgezahlt sind, kann die Ermächtigung wiederholt in Anspruch genommen werden. Kassenverstärkungskredite dürfen nicht später als sechs Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, fällig werden.

(2) Die Ermächtigungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gelten bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres und, wenn das Haushaltsgesetz für das zweitnächste Haushaltsjahr nicht rechtzeitig verkündet wird, bis zur Verkündung dieses Haushaltsgesetzes. Die Ermächtigungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 gelten bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres und, wenn das Haushaltsgesetz für das nächste Haushaltsjahr nicht rechtzeitig verkündet wird, bis zur Verkündung dieses Haushaltsgesetzes.“

2.     Nach § 18 werden die folgenden §§ 18a bis 18h eingefügt:

„§ 18a

Grundsätze für die

Veranschlagung von Kreditaufnahmen zur Deckung von Ausgaben

(1) Der Haushalt ist grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.

(2) In Ausnahmesituationen im Sinne von § 18b kann von Absatz 1 abgewichen werden.

(3) Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung kann von Absatz 1 abgewichen werden. In diesem Fall sind die Auswirkungen auf den Haushalt nach Maßgabe der §§ 18c bis 18g im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Die symmetrische Berücksichtigung nach Satz 2 ist nur vorzunehmen, soweit ein Haushaltsausgleich durch Einnahmen aus Krediten nach Satz 1 erfolgt oder der Wert des Kreditaufnahmekontos nach § 18f nicht dem Wert „Null“ entspricht.

(4) Kreditaufnahmen durch Sondervermögen des Landes sind ausgeschlossen. Am 31. Dezember 2010 bestehende Kreditermächtigungen für bereits eingerichtete Sondervermögen bleiben hiervon unberührt.

§ 18b

Ausnahmesituationen

Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes entziehen und die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen, ist mit Zustimmung des Landtages ein Haushaltsausgleich durch Einnahmen aus Krediten zulässig. Die Kreditaufnahme ist mit einer Tilgungsregelung zu verbinden und die Kreditverbindlichkeiten sind innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen.

§ 18c

Konjunkturkomponente

(1) Die Feststellung der Auswirkungen einer Abweichung von der Normallage auf den Landeshaushalt orientiert sich am Verfahren des Stabilitätsrats gemäß Artikel 109a Absatz 2 des Grundgesetzes.

(2) Das Ministerium der Finanzen ermittelt hierzu bei der Haushaltsaufstellung (ex ante) und nach Haushaltsabschluss (ex post) jeweils eine Konjunkturkomponente.

(3) Das Verfahren zur Ermittlung der Konjunkturkomponente ist regelmäßig unter Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft zu überprüfen und fortzuentwickeln.

§ 18d

Ermittlung und Wirkung

der Konjunkturkomponente

bei der Haushaltsaufstellung

(Ex-ante-Konjunkturkomponente)

(1) Bei der Haushaltsaufstellung wird grundsätzlich die Ex-ante-Konjunkturkomponente anhand der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berechnet. Die Ex-ante-Konjunkturkomponente errechnet sich aus dem Produkt der gesamtstaatlichen Produktionslücke, der Budgetsemielastizität der Ländergesamtheit und dem Anteil des Landes an den Steuereinnahmen der Ländergesamtheit. Die gesamtstaatliche Produktionslücke wird entsprechend § 5 des Artikel 115-Gesetzes vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702, 2704), das zuletzt durch Artikel 245 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in Verbindung mit der Artikel 115-Verordnung vom 9. Juni 2010 (BGBl. I S. 790) bestimmt.

(2) Die erwarteten Steuereinnahmen werden grundsätzlich auf der Grundlage der Frühjahrssteuerschätzung des Jahres ermittelt, das dem Jahr des aufzustellenden Haushalts vorangeht. Die Steuereinnahmen können auch auf der Grundlage der Herbststeuerschätzung des Jahres ermittelt werden, das dem Jahr des aufzustellenden Haushalts vorangeht, wenn sich wesentliche Abweichungen zur Frühjahrssteuerschätzung ergeben. Die Steuereinnahmen sind auf Grundlage derselben gesamtwirtschaftlichen Projektion der Bundesregierung zu schätzen, auf der auch die Berechnung der Ex-ante-Konjunkturkomponente beruht. Die Ermittlung nach Satz 2 erfolgt auf der Grundlage der Herbstprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

(3) Ist der Wert der ermittelten Ex-ante-Konjunkturkomponente positiv, sind in dieser Höhe seit 2020 aufgenommene Kredite zu tilgen. Die Pflicht entfällt, soweit auf dem Kreditaufnahmekonto nach § 18f keine Kredite erfasst sind. Ist der Wert der ermittelten Ex-ante-Konjunkturkomponente negativ, ist eine Aufnahme von Krediten zum Ausgleich des Haushalts in Höhe dieses Wertes zulässig.

§ 18e

Ermittlung und Wirkung

der Konjunkturkomponente nach Haushaltsabschluss

(Ex-post-Konjunkturkomponente)

(1) Nach Ablauf des Haushaltsjahres wird die Ex-post-Konjunkturkomponente bestimmt. Die Ex-post-Konjunkturkomponente setzt sich aus der Ex-ante-Konjunkturkomponente und der Steuerabweichungskomponente zusammen.

(2) Die Steuerabweichungskomponente errechnet sich als Differenz zwischen den tatsächlichen Steuereinnahmen nach Abschluss des Haushaltsjahres und den bei der Haushaltsaufstellung erwarteten Steuereinnahmen nach § 18d Absatz 2. Die Differenz nach Satz 1 ist um die Auswirkungen von Rechtsänderungen auf die Steuereinnahmen, die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung noch nicht bekannt waren und bis zum Ende des abgelaufenen Haushaltsjahrs kassenwirksam wurden, zu bereinigen.

(3) Ist der Wert der ermittelten Ex-post-Konjunkturkomponente positiv, sind in dieser Höhe seit 2020 aufgenommene Kredite zu tilgen. Die Pflicht entfällt, soweit auf dem Kreditaufnahmekonto nach § 18f keine Kredite erfasst sind. Ist der Wert der ermittelten Ex-post-Konjunkturkomponente negativ, ist eine Aufnahme von Krediten zum Ausgleich des Haushalts in Höhe dieses Wertes zulässig.

§ 18f

Kreditaufnahmekonto

Die nach Haushaltsabschluss tatsächlich erfolgte Kreditaufnahme oder die Tilgung nach § 18a Absatz 3 Satz 2 und 3 wird auf einem Kreditaufnahmekonto erfasst. Konjunkturbedingte Überschüsse sind zur Tilgung zu verwenden bis der Wert des Kreditaufnahmekontos bei null liegt. Darüberhinausgehende Tilgungen werden auf dem Kreditaufnahmekonto nicht erfasst. Eine Tilgungsverpflichtung für vor 2020 aufgenommene Schulden besteht nicht. Soweit in einer erhöhten Kreditaufnahme des Jahres zugleich auch Kredite aufgrund einer Ausnahme nach § 18b enthalten sind, sind diese vor Aufnahme in das Kreditaufnahmekonto zu bereinigen. Gleiches gilt auch für die Tilgungen von nach § 18b aufgenommener Kredite.

§ 18g

Nachtragshaushaltsgesetze

Bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz kann die nach § 18d ermittelte zulässige Kreditaufnahme maximal um den Betrag erhöht werden, der sich bei der Ermittlung der Konjunkturkomponente aus der Differenz der zuvor zugrunde gelegten erwarteten Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt und der aktuell erwarteten Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt ergibt. Die Regelungen der §§ 18f und 18h bleiben unberührt.

§ 18h

Kontrollkonto

(1) Weicht die tatsächliche Kreditaufnahme oder die Tilgung von der nach Haushaltsabschluss zulässigen Kreditaufnahme oder der erforderlichen Tilgung ab, wird diese Abweichung bis zum 30. April des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres auf einem Kontrollkonto erfasst. Soweit in einer erhöhten Kreditaufnahme des Jahres zugleich auch Kredite aufgrund einer Ausnahme nach § 18b enthalten sind, sind diese vor Aufnahme in das Kontrollkonto zu bereinigen. Gleiches gilt auch für die Tilgungen von nach § 18b aufgenommener Kredite.

(2) Bei einem negativen Saldo ist auf einen Ausgleich des Kontrollkontos hinzuwirken. Ein negativer Saldo des Kontrollkontos, der den Schwellenwert von 5 Prozent der Steuereinnahmen des abgelaufenen Haushaltsjahres überschreitet, ist konjunkturgerecht zurückzuführen.“

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Düsseldorf, den 19. Dezember 2019

Die Landesregierung

Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Armin  L a s c h e t

(L.S.)

Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und IntegrationDr. Joachim Stamp

Der Minister der Finanzen

Lutz L i e n e n k ä m p e r

Der Minister des Innern

Herbert  R e u l

Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie

Prof. Dr. Andreas  P i n k w a r t

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Karl-Josef  L a u m a n n

Die Ministerin für Schule und Bildung

Yvonne G e b a u e r

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung

Ina S c h a r r e n b a c h

Der Minister der Justiz

Peter  B i e s e n b a c h

Der Minister für Verkehr

Hendrik  W ü s t

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

Ursula  H e i n e n - E s s e r

Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft

Isabel  P f e i f f e r - P o e n s g e n

Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales

Dr. Stephan  H o l t h o f f - P f ö r t n e r

GV. NRW. 2019 S. 1030