Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 34 vom 26.7.2022 Seite 827 bis 858

Verordnung über die elektronische Kommunikation und Aktenführung in Angelegenheiten der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit dem Ausland im Land Nordrhein-Westfalen (ERVVO RHSt)
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Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage 1
Anlage 2
 

Verordnung über die elektronische Kommunikation und Aktenführung in Angelegenheiten der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit dem Ausland im Land Nordrhein-Westfalen (ERVVO RHSt)

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Verordnung
 über die elektronische Kommunikation und Aktenführung
 in Angelegenheiten der strafrechtlichen Zusammenarbeit
mit dem Ausland im Land Nordrhein-Westfalen
(ERVVO RHSt)

Vom 7. Juni 2022

Auf Grund des § 77b des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), dessen Satz 2 bis 4 durch Artikel 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 18. Oktober 2010 (BGBl. S. 1408) eingefügt und dessen Satz 1 zuletzt durch Artikel 163 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Absatz 2 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV. NRW. S. 30), der zuletzt durch Gesetz vom 23. Februar 2022 (GV. NRW. S. 254) geändert worden ist, verordnet das Ministerium der Justiz:

§ 1
Zulassung der elektronischen Kommunikation im Bereich der Rechtshilfe in
 Strafsachen

Gerichte und Behörden können nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften elektronische Nachrichten zum Zweck der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen von ausländischen Gerichten und Behörden empfangen oder an diese übermitteln. Die an dem elektronischen Nachrichtenverkehr teilnehmenden Behörden sowie der Zeitpunkt, ab dem sie daran teilnehmen, werden in der Anlage 1 bezeichnet.

§ 2
Übermittlung von Nachrichten

Die Übermittlung von Nachrichten nach § 1 erfolgt über den deutschen e-Justice Communication via Online Data Exchange-Zugangspunkt, im Folgenden e-CODEX-Zugangspunkt, unter Nutzung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) oder des e‑Evidence Digital Exchange Systems (eEDES).

§ 3
Arten und Formate der zu übermittelnden Dokumente

(1) Nachrichten nach § 1 bestehen aus einem Dokument im Portable Document Format, im Folgenden PDF, und maschinenlesbaren Daten im Format Extensible Markup Language (XML). Das Dokument enthält das an die empfangende Behörde zu übermittelnde, das Rechtshilfeersuchen betreffende Anschreiben. Das Beifügen von Anhängen ist zulässig.

(2) Die übermittelnde Behörde ist dafür verantwortlich, dass das Dokument und die Anhänge schädliche aktive Komponenten, wie beispielsweise Viren, Trojaner oder Würmer, nicht enthalten.

§ 4
Gewährleistung der Authentizität von an das Ausland zu übermittelnden
Dokumenten und der Integrität von zu übermittelnden Dokumenten und
Nachrichten

(1) Eine Mehrfertigung des Dokuments ist durch eine in Nummer 9 Absatz 1 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2016 (BAnz AT 12.10.2017 B1) in der jeweils geltenden Fassung bezeichnete Person zu unterzeichnen. Die unterzeichnete Mehrfertigung ist zu den Akten zu nehmen. Das Dokument ist elektronisch als PDF zu speichern und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73; L 23 vom 29.1.2005, S. 19; L 155 vom 14.6.2016, S. 44) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen.

(2) Die qualifizierte elektronische Signatur kann durch ein anderes sicheres Verfahren im Sinne des § 77a Absatz 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch Artikel 29 des Gesetzes vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607) geändert worden ist, ersetzt werden. Bei Übermittlung über einen e-CODEX-Zugangspunkt stellt die Beifügung des „Trust-OK-Tokens“ nach Maßgabe des sich aus Anlage 2 ergebenden europäischen Standards ein solches sicheres Verfahren dar.

(3) Dem Dokument beizufügende Anhänge sind, sofern sie nicht schon elektronisch vorliegen, durch Einscannen in die elektronische Form zu übertragen. Ist ein beizufügendes Schriftstück mit einem Beglaubigungsvermerk versehen, ist im Dokument die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung des auf dem beigefügten Schriftstück angebrachten Beglaubigungsvermerks zu bestätigen. Die Übertragung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Sie genügt dieser Anforderung insbesondere, wenn den Anforderungen der Technischen Richtlinie 03138 Ersetzendes Scannen (RESISCAN) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik vom 23. April 2020 genügt wird. Eingescannte Leerseiten werden nicht übersandt.

(4) Abweichend von Nummer 9 Absatz 3 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten bedarf es der Beifügung eines Abdrucks des Dienstsiegels nicht.

§ 5
Prüfung der Authentizität und Integrität von aus dem Ausland übermittelten
Dokumenten und Nachrichten

(1) Sofern nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Leistung von Rechtshilfe die Einreichung schriftlicher Unterlagen einschließlich Originalen oder beglaubigten Abschriften vorgesehen ist, ist die Vorlage elektronischer Dokumente zulässig, die mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen sind.

(2) Die qualifizierte elektronische Signatur kann durch ein anderes sicheres Verfahren im Sinne des § 77a Absatz 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen ersetzt werden. Bei Übermittlung über einen e-CODEX-Zugangspunkt stellt die Beifügung des „Trust-OK-Tokens“ nach Maßgabe des sich aus Anlage 2 ergebenden europäischen Standards ein solches sicheres Verfahren dar.

(3) Sofern eine qualifizierte elektronische Signatur nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 verwendet wird, müssen diese und das ihr zugrunde liegende Zertifikat durch das adressierte Gericht oder durch eine andere von der Landesjustizverwaltung mit der automatisierten Überprüfung beauftragte Stelle prüfbar sein.

(4) Ist ein übermitteltes elektronisches Dokument zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies der absendenden Stelle unter Angabe der geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen.

§ 6
Weitere Bearbeitung eingehender elektronischer Nachrichten aus dem Ausland

(1) Soweit die elektronische Aktenführung noch nicht eingeführt ist, ist von eingehenden elektronischen Dokumenten, soweit es sich nicht um maschinenlesbare Dateien handelt, ein Ausdruck für die Akten zu fertigen. Im Übrigen bleiben die Vorschriften der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Justizministeriums „Anweisungen für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Nordrhein-Westfalen“ vom 27. April 1967 (JMBl. NRW S. 109), die zuletzt durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 16. Dezember 2019 (JMBl. NRW S. 3) geändert worden sind, unberührt.

(2) Soweit die elektronische Aktenführung eingeführt ist, gilt die eAkten-Verordnung Strafverfahren vom 19. August 2020 (GV. NRW. S. 761) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 7
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die elektronische Kommunikation und Aktenführung in Angelegenheiten der strafrechtlichen Zusammenarbeit mit dem Ausland im Lande Nordrhein-Westfalen vom 24. März 2015 (GV. NRW. S. 324) außer Kraft.

Düsseldorf, den 7. Juni 2022

Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen

Peter  B i e s e n b a c h

GV. NRW. 2022 S. 831