Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2024 Nr. 17 vom 28.6.2024 Seite 349 bis 368
Verordnung über den Qualifizierungsaufstieg von der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in die Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen (QualiAufLG2.1Justiz) |
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Verordnung über den Qualifizierungsaufstieg von der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in die Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen (QualiAufLG2.1Justiz)
203011
Verordnung
über den Qualifizierungsaufstieg von der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt in
die
Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes
des Landes Nordrhein-Westfalen (QualiAufLG2.1Justiz)
Vom 12. Juni 2024
Aufgrund des § 7 Absatz 2 und 3 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2023 (GV. NRW. S. 1430) geändert worden ist, verordnet das Ministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen und dem Ministerium des Innern:
§ 1
Qualifizierungsaufstieg in die Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des
Justizdienstes
(1) Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt des Justizdienstes können auf Antrag von der Präsidentin oder dem Präsidenten des jeweiligen Oberlandesgerichts zum Qualifizierungsaufstieg in die Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes zugelassen werden.
(2) Zum Qualifizierungsaufstieg kann zugelassen werden,
1. wer nach Eignung, Leistung und Befähigung hierfür in besonderer Weise in Betracht kommt und
2. wer die Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 der Laufbahnverordnung vom 21. Juni 2016 (GV. NRW. S. 461) in der jeweils geltenden Fassung erfüllt.
(3) Das Auswahlverfahren ist auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen durchzuführen. Die Eignung und Befähigung bemisst sich nach dem Anforderungsprofil, das mit der selbstständigen Wahrnehmung von Aufgaben der Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes verbunden ist. Die nähere Ausgestaltung und Durchführung des Auswahlverfahrens regelt die Präsidentin oder der Präsident des jeweiligen Oberlandesgerichts.
(4) Der Aufstieg befähigt zur Wahrnehmung aller Aufgaben der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes, die nicht Rechtspflegeraufgaben im Sinne des Rechtspflegergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2013 (BGBl. I S. 778, 2014 I S. 46), in der jeweils geltenden Fassung, sind.
(5) Auf Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt des Justizdienstes, die in den Fachgerichtsbarkeiten, der Fachhochschule für Rechtspflege NRW, dem Ausbildungszentrum der Justiz NRW und der Justizakademie NRW tätig sind, sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anwendbar. Über die Zulassung entscheiden die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts, die Präsidentin oder der Präsident des Landesarbeitsgerichts, die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts beziehungsweise die Präsidentin oder der Präsident des Finanzgerichts, die Direktorin oder der Direktor der Fachhochschule für Rechtspflege NRW, die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW beziehungsweise die Leiterin oder der Leiter der Justizakademie NRW jeweils im Einvernehmen mit der Präsidentin oder dem Präsidenten des jeweiligen Oberlandesgerichts.
§ 2
Qualifizierung und Aufstiegslehrgang
(1) Die Qualifizierung und der Aufstiegslehrgang dauern zusammen 13 Monate.
(2) Die Qualifizierung dauert zehn Monate und besteht aus:
1. einer einen Monat dauernden exemplarischen praktischen Einweisung in Aufgaben der Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes,
2. einem durch das Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen durchzuführenden dreimonatigen Einführungslehrgang und
3. einer sechs Monate dauernden praktischen Einweisung in Aufgaben der Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes, die nicht Rechtspflegeraufgaben sind.
(3) Der Aufstiegslehrgang dauert drei Monate; er wird durch das Ausbildungszentrum der Justiz durchgeführt.
(4) Während des Einführungs- und Aufstiegslehrgangs soll Erholungsurlaub nicht gewährt werden.
(5) Während der Qualifizierung und im Aufstiegslehrgang sind zu vermitteln:
1. gründliche Kenntnisse
a) im Allgemeinen Verwaltungsrecht,
b) im Beamtenrecht,
c) im Arbeits- und Tarifrecht,
d) im Haushaltsrecht,
e) auf dem Gebiet der Geschäftsgangsbestimmungen für die Justizverwaltung und
f) im Kostenrecht sowie
2. Kenntnisse der Grundzüge
a) des Staats- und Verfassungsrechts,
b) des Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrechts, insbesondere des Zivil- und Strafprozessrechts,
c) des Reisekosten- und Umzugskostenrechts,
d) der Bestimmungen zur Entlastung der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und
e) des Schwerbehinderten- und Personalvertretungsrechts.
Die Vermittlung dieser Grundzüge kann im Einführungslehrgang erfolgen.
§ 3
Einführungslehrgang
(1) Der Unterricht im Einführungslehrgang umfasst regelmäßig 160 Doppelstunden von je 90 Minuten Dauer. Die Zeiten für die Anfertigung von Aufsichtsarbeiten und deren Besprechung sind auf diese Stundenzahl anzurechnen. Der Rahmenlehrplan konkretisiert die Inhalte des Lehrgangs und die Form der Lehrveranstaltungen.
(2) Die Leitung des Lehrgangs obliegt der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen. Sie oder er kann eine Lehrkraft mit Aufgaben der Lehrgangsleitung betrauen. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan, stellt den Stundenplan auf und sorgt für einen ordnungsgemäßen Unterricht. Der Stundenplan ist so zu gestalten, dass den Beamtinnen und Beamten hinreichend Zeit verbleibt, den Lehrstoff zu verarbeiten und ihr Wissen durch eigenes Studium zu vertiefen und zu erweitern.
(3) Während des Lehrgangs sind nach Maßgabe des Rahmenlehrplans für den Einführungs- und Aufstiegslehrgang schriftliche Aufsichtsarbeiten zu fertigen. Die Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft zu begutachten, mit einer Note nach § 6 Absatz 2 zu bewerten und zu besprechen. Der Rahmenlehrplan kann weitere Nachweise individueller Leistungen vorsehen.
§ 4
Praktische Einweisung
(1) Die praktische Einweisung wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts geleitet. Die Beamtinnen und Beamten sind einem Amtsgericht, einem Landgericht, einem Oberlandesgericht oder einer Staatsanwaltschaft zuzuweisen.
(2) Die praktische Einweisung erstreckt sich insbesondere auf die Angelegenheiten des Kosten- und Haushaltsrechts, der Personal- sowie der Verwaltungs- und Geschäftsgangssachen, die der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes vorbehalten sind.
(3) Im Anschluss an den Einführungslehrgang wird die praktische Einweisung durch planmäßigen Unterricht ergänzt. Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft erstellt im Benehmen mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte den Lehrplan für den planmäßigen Unterricht und die erforderlichen Unterrichtsmaterialien. Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt. Das Nähere zur Durchführung des Lehrplans bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte können vereinbaren, dass der Unterricht landesweit in einer zentral gelegenen Justizbehörde durchgeführt wird.
§ 5
Aufstiegslehrgang
(1) Beamtinnen und Beamte, deren Eignung und Leistungen im Einführungslehrgang und in der praktischen Einweisung von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts insgesamt mindestens mit „ausreichend“ beurteilt werden, nehmen an dem Aufstiegslehrgang mit abschließender Prüfung teil.
(2) Für den Aufstiegslehrgang gelten die Vorschriften für den Einführungslehrgang
entsprechend.
(3) Wer den Anforderungen des Absatzes 1 nicht genügt, übernimmt wieder eine dem Amt entsprechende Tätigkeit in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt des Justizdienstes.
§ 6
Beurteilungen
(1) Nach Beendigung des Einführungs- und Aufstiegslehrgangs sowie nach der im Anschluss an den Einführungslehrgang stattfindenden praktischen Einweisung bei einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft sind die Beamtinnen und Beamten eingehend zu beurteilen. In der Beurteilung soll zu den fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, zum Stand der Ausbildung und zum Gesamtbild der Persönlichkeit Stellung genommen werden. Die Beurteilungen nach dem Einführungs- und Aufstiegslehrgang umfassen die schriftlichen sowie die weiteren in den Rahmenlehrplänen vorgesehenen individuellen Leistungen. In diese Beurteilungen sind die aus den Aufsichtsarbeiten und weiteren Leistungen gebildeten Noten und Punktzahlen in den einzelnen Lehrveranstaltungen und die von den Lehrkräften nach Beratung festgesetzte Gesamtnote nebst Punktzahl aufzunehmen. In welchem Verhältnis zueinander die Noten und Punktzahlen der einzelnen Lehrveranstaltungen in die rechnerische Ermittlung der Gesamtnote einfließen, bestimmt der Rahmenlehrplan. Die Beurteilung ist der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten.
(2) Die einzelnen Leistungen sind mit einer der folgenden Noten und Punktzahlen zu bewerten:
sehr gut:
eine besonders hervorragende Leistung
= 16 bis18 Punkte,
gut:
eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 13 bis 15 Punkte,
vollbefriedigend:
eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung
= 10 bis 12 Punkte,
befriedigend:
eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen
Anforderungen entspricht
= 7 bis 9 Punkte,
ausreichend:
eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht
= 4 bis 6 Punkte,
mangelhaft:
eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung
= 1 bis 3 Punkte,
ungenügend:
eine völlig unbrauchbare Leistung
= 0 Punkte.
Zwischennoten und von vollen Zahlenwerten abweichende Punktzahlen dürfen nicht verwendet werden.
(3) Soweit Einzelbewertungen rechnerisch zusammengefasst werden, entsprechen den ermittelten Punkten folgende Notenbezeichnungen:
14,00 bis 18,00 Punkte:
sehr gut,
11,50 bis 13,99 Punkte:
gut,
9,00 bis 11,49 Punkte:
vollbefriedigend,
6,50 bis 8,99 Punkte:
befriedigend,
4,00 bis 6,49 Punkte:
ausreichend,
1,50 bis 3,99 Punkte:
mangelhaft,
0,00 bis 1,49 Punkte:
ungenügend.
(4) Am Ende des Begleitunterrichts erhalten die Beamtinnen und Beamten jeweils eine Teilnahmebescheinigung mit einer zusammenfassenden Note und Punktzahl.
(5) § 92 Absatz 1 Satz 4 bis 7 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.
§ 7
Dienstleistungsauftrag
Nach Abschluss des Aufstiegslehrgangs bis zum Zeitpunkt des Bestehens der Aufstiegsprüfung kann den Beamtinnen und Beamten, sofern ihr Leistungsstand dies zulässt, ein Dienstleistungsauftrag in Ämtern der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes erteilt werden. Eine Beauftragung mit Rechtspflegeraufgaben im Sinne des Rechtspflegergesetzes ist ausgeschlossen.
§ 8
Aufstiegsprüfung
(1) Die Aufstiegsprüfung dient der Feststellung, ob die Beamtinnen und Beamten das Ausbildungsziel erreicht haben und sie nach ihren fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten, ihrem praktischen Geschick und dem Gesamtbild ihrer Persönlichkeit für die Ämter der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes geeignet sind.
(2) Eine Woche vor der mündlichen Prüfung sind sie vom Dienst befreit.
§ 9
Prüfungsausschuss
(1) Die Aufstiegsprüfung wird vor einem Prüfungsausschuss abgelegt, der bei dem Oberlandesgericht Hamm gebildet wird.
(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Die oder der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt besitzen. Die übrigen Mitglieder sind Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe 2, 1. oder 2. Einstiegsamt des Justizdienstes.
(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm bestellt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden, die übrigen Mitglieder des Prüfungsausschusses und die erforderlichen Stellvertreterinnen oder Stellvertreter widerruflich für die Dauer von drei Jahren. Zum Zeitpunkt der Bestellung müssen die bestellten Personen im aktiven Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen sein. Mit der Bestellung ist keine Verpflichtung zur Übernahme von Prüfungstätigkeiten verbunden. Aus besonderen Gründen können weitere Bedienstete, die die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllen, vorübergehend ohne förmliche Bestellung herangezogen werden.
(4) Der Prüfungsausschuss untersteht der Dienstaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm.
§ 10
Prüfungsverfahren
(1) Die Aufstiegsprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil; der schriftliche Teil geht dem mündlichen voraus.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm leitet das Prüfungsverfahren. Sie oder er setzt die Termine und den Ort der schriftlichen und der mündlichen Prüfung fest, lädt die Prüflinge zu den Prüfungen und trifft alle Entscheidungen außerhalb der mündlichen Prüfung einschließlich der Feststellung des Nichtbestehens nach § 13. § 11 Absatz 6 bleibt unberührt.
(3) Gegen Ende des Aufstiegslehrgangs werden die Personalakten der Prüflinge der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zugeleitet.
§ 11
Schriftliche Prüfung
(1) Die schriftliche Prüfung soll bereits während des Aufstiegslehrgangs abgenommen werden. Die Leiterin oder der Leiter der des Ausbildungszentrums der Justiz NRW kann im Einvernehmen mit dem für die Justiz zuständigen Ministerium festlegen, dass die schriftlichen Leistungen auch elektronisch erbracht werden können.
(2) Die Prüflinge haben unter Aufsicht einer Beamtin oder eines Beamten der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt oder Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt des Justizdienstes vier Aufsichtsarbeiten zu fertigen. Jeweils eine Aufsichtsarbeit ist dem Haushaltsrecht, dem Verfahrens- und Kostenrecht, dem Bereich der Verwaltungsangelegenheiten und Geschäftsgangsbestimmungen sowie dem Bereich der Personalangelegenheiten zu entnehmen.
(3) Für jede Aufsichtsarbeit stehen den Prüflingen bis zu zwei Stunden zur Verfügung. Prüflingen mit Behinderungen oder vorübergehend körperlich beeinträchtigten Prüflingen können auf Antrag die ihrer Beeinträchtigung angemessenen Erleichterungen gewährt werden. Insbesondere kann die Bearbeitungszeit verlängert werden. Die Dauer des Verlängerungszeitraums soll zwei Stunden pro Tag nicht überschreiten. Über die Anträge entscheidet die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz Nordrhein-Westfalen oder eine von ihr oder ihm beauftragte Lehrkraft.
(4) Die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz beauftragt die Lehrkräfte mit der Erstellung der Prüfungsaufgaben. In jeder Aufgabe sind die Bearbeitungszeit und die zulässigen Hilfsmittel anzugeben.
(5) Die Prüflinge haben die Arbeit spätestens bei Ablauf der Bearbeitungszeit an die Aufsichtskraft abzugeben. Sie versehen sie mit einer ihnen zugeteilten Kennziffer; die Arbeiten dürfen keine sonstigen Hinweise auf die Person des Prüflings enthalten. Die Aufsichtskraft fertigt eine Niederschrift an und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit. Die Arbeiten werden der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unmittelbar übermittelt.
(6) Bei Störungen des ordnungsgemäßen Ablaufs des Termins zur Anfertigung der Aufsichtsarbeiten kann die Leiterin oder der Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz die zum Ausgleich etwaiger Beeinträchtigungen notwendigen Maßnahmen treffen. Sie oder er kann insbesondere die Bearbeitungszeit verlängern oder für einzelne oder alle Prüflinge die erneute Anfertigung der Aufsichtsarbeit anordnen oder ermöglichen. Die Berufung auf die Störung ist ausgeschlossen, wenn der Prüfling sie nicht unmittelbar gegenüber der Aufsichtsperson rügt und binnen eines Monats seit ihrem Eintritt schriftlich gegenüber der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm geltend gemacht hat.
§ 12
Bewertung der Aufsichtsarbeiten
(1) Die Aufsichtsarbeiten werden von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbständig begutachtet.
(2) Nachdem alle Prüferinnen und Prüfer die Aufsichtsarbeiten begutachtet haben, werden die einzelnen Arbeiten vom Prüfungsausschuss nach mündlicher Beratung bewertet. § 6 Absatz 2 gilt entsprechend.
(3) Den Prüflingen wird die Bewertung der Aufsichtsarbeiten spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Prüfung mitgeteilt. Die Frist wird durch Aufgabe zur Post gewahrt; maßgebend ist das Datum des Poststempels.
§ 13
Ausschluss von der mündlichen Prüfung
Sind mindestens zwei Aufsichtsarbeiten mit ,,mangelhaft" oder ,,ungenügend" bewertet worden, so ist der Prüfling von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Aufstiegsprüfung nicht bestanden.
§ 14
Mündliche Prüfung
(1) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die in § 2 Absatz 5 genannten Lehrgebiete. Sie ist vor allem eine Verständnisprüfung.
(2) In der Regel sollen nicht mehr als fünf Prüflinge zu einem Prüfungstermin geladen werden.
(3) Vor der Prüfung soll die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jedem Prüfling ein Gespräch führen, um ein Bild von dessen Persönlichkeit zu gewinnen. Die oder der Vorsitzende kann die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses zu dem Gespräch hinzuziehen.
(4) Vor Beginn der mündlichen Prüfung findet eine Vorberatung des Ausschusses statt, zu der sämtliche Prüfungsunterlagen vorliegen. Dabei berichtet die oder der Vorsitzende den Mitgliedern des Prüfungsausschusses, soweit sie nicht bereits nach Absatz 3 hinzugezogen worden sind, über das Vorgespräch.
(5) Die mündliche Prüfung dauert pro erschienenem Prüfling etwa 30 Minuten; sie ist durch eine angemessene Pause zu unterbrechen.
(6) Prüflingen mit Behinderungen kann auf Antrag ein angemessener Nachteilsausgleich gewährt werden; insbesondere kann eine Einzelprüfung durchgeführt werden. Über die Anträge entscheidet die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses.
(7) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Personen mit dienstlichem Interesse gestatten, bei der Prüfung zuzuhören. Die Verkündung der Schlussentscheidung findet unter Ausschluss der Zuhörenden statt, wenn ein Prüfling dies beantragt.
§ 15
Regelung für behinderte Menschen
Menschen mit Behinderungen sind unabhängig von der Zuerkennung einer Schwerbehinderung im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 412) geändert worden ist, bei der Erbringung von Leistungen während der Qualifizierung und des Aufstiegslehrganges sowie für die Teilnahme an der Aufstiegsprüfung die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren. Art und Umfang der Erleichterungen sind mit den behinderten Menschen zu erörtern. Die Erleichterungen dürfen nicht zu einer qualitativen Herabsetzung der Anforderungen führen. Bei schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von Teil 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist die zuständige Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig zu informieren und anzuhören. § 11 Absatz 3 und § 14 Absatz 6 bleiben unberührt.
§ 16
Schlussentscheidung
(1) Nach Beendigung der mündlichen Prüfung bewertet der Prüfungsausschuss die darin erbrachte Leistung und setzt eine Note nebst Punktzahl fest. Anschließend entscheidet er unter Ermittlung des Punktwertes für die Gesamtnote über das Ergebnis der Prüfung. Der Prüfungsausschuss beschließt mit Stimmenmehrheit. Eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
(2) Entsprechen die Leistungen insgesamt den Anforderungen, so wird die Prüfung für bestanden erklärt, und zwar als „ausreichend“, „befriedigend“, „vollbefriedigend“, „gut“ oder „sehr gut“. Entsprechen die Leistungen nicht den Anforderungen, so ist die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.
(3) Die Leistungen des Prüflings entsprechen in der Gesamtbeurteilung (Gesamtnote) den Anforderungen, wenn der Punktwert 4,00 Punkte nicht unterschreitet.
(4) Die Punktwerte für die Gesamtnote und für die einzelnen Prüfungsabschnitte sind rechnerisch zu ermitteln. Es sind die Aufsichtsarbeiten mit einem Anteil von insgesamt 70 Prozent und die Leistung in der mündlichen Prüfung mit einem Anteil von insgesamt 30 Prozent zu berücksichtigen. Der Punktwert für die Gesamtnote wird errechnet, indem die Punktzahl der Bewertung jeder Aufsichtsarbeit mit 17,5 und die der Leistung in der mündlichen Prüfung mit 30 multipliziert und sodann die Summe durch 100 dividiert wird. Alle Punktwerte sind bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- oder Abrundung rechnerisch zu ermitteln.
(5) Der Prüfungsausschuss kann bei der Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung von dem rechnerisch ermittelten Wert für die Gesamtnote um bis zu einem Punkt abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat; hierbei sind auch die Leistungen in der Qualifizierung und im Aufstiegslehrgang zu berücksichtigen.
(6) Die Schlussentscheidung verkündet der oder die Vorsitzende. Sie ist dem Prüfling mit einer Rechtsbehelfsbelehrung schriftlich bekannt zu geben.
§ 17
Niederschrift über die mündliche Prüfung
(1) Über die mündliche Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen, in der festgestellt werden:
1. Ort und Zeit der Prüfung;
2. Zusammensetzung des Prüfungsausschusses;
3. die Namen und die Anwesenheit der Prüflinge;
4. die Bewertung der Aufsichtsarbeiten;
5. die Prüfungsfächer, die Gegenstand der mündlichen Prüfung waren, und die Bewertung der Leistungen in der mündlichen Prüfung;
6. die errechneten Punktwerte für die Gesamtnote;
7. eine Änderung des Punktwertes für die Gesamtnote und die dafür maßgeblichen Gründe;
8. alle sonstigen Entscheidungen des Prüfungsausschusses beziehungsweise der oder des Vorsitzenden;
9. die Verkündung der Entscheidungen des Prüfungsausschusses.
(2) Ist die Prüfung nicht bestanden, so ist in der Niederschrift zu vermerken, welche weitere Qualifizierung der Prüfungsausschuss für erforderlich hält.
(3) Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen und mit den sonstigen Prüfungsvorgängen und den Personalakten der Beamtinnen und Beamten der jeweiligen Präsidentin oder dem jeweiligen Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzuleiten.
§ 18
Prüfungszeugnis
Wer die Aufstiegsprüfung bestanden hat, erhält über das Ergebnis ein Zeugnis der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, aus dem die Gesamtnote mit Notenbezeichnung und Punktwert ersichtlich ist.
§ 19
Ernennung
Nach bestandener Aufstiegsprüfung kann der Beamtin oder dem Beamten das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 des Justizdienstes verliehen werden.
§ 20
Versäumung der Prüfungstermine,
Nichtablieferung von Prüfungsarbeiten
(1) Die Prüfung gilt als nicht bestanden, sobald der Prüfling
1. zwei oder mehr Aufsichtsarbeiten ohne genügende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig abliefert,
2. ohne genügende Entschuldigung zu dem Termin für die mündliche Prüfung nicht oder nicht rechtzeitig erscheint oder den Termin nicht bis zum Ende der Prüfung wahrnimmt oder
3. ohne Genehmigung der oder des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt.
(2) Liefert ein Prüfling eine Aufsichtsarbeit ohne genügende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig ab, so ist sie durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für „ungenügend“ zu erklären.
(3) Liefert ein Prüfling mindestens eine Aufsichtsarbeit mit genügender Entschuldigung nicht ab, so hat er im nächstmöglichen Termin alle Aufsichtsarbeiten neu anzufertigen. Kann das Prüfungsverfahren nicht unverzüglich fortgesetzt werden, so regelt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm die weitere Ausbildung; § 7 findet entsprechende Anwendung.
(4) Bleibt der Prüfling der mündlichen Prüfung infolge Krankheit oder sonstiger von ihm nicht zu vertretender Umstände fern und sieht die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses das Ausbleiben als entschuldigt an, so hat der Prüfling den mündlichen Teil der Prüfung in einem neuen Termin abzulegen.
(5) Entschuldigungsgründe sind nur zu berücksichtigen, wenn sie bei der Anfertigung von Aufsichtsarbeiten unverzüglich gegenüber der Leiterin oder dem Leiter des Ausbildungszentrums der Justiz NRW und bei der mündlichen Prüfung unverzüglich gegenüber der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geltend gemacht werden. Von einem Prüfling, der sich mit Krankheit entschuldigt, kann die Vorlage eines auf dessen Kosten zu erstellenden amtsärztlichen Zeugnisses verlangt werden.
§ 21
Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen
(1) Als Folge eines Verstoßes gegen die Prüfungsbestimmungen zu eigenem oder fremdem Vorteil, namentlich eines Täuschungsversuchs, des Besitzes oder der Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, können:
1. dem Prüfling die Wiederholung einzelner oder mehrerer Prüfungsleistungen aufgegeben werden,
2. Prüfungsleistungen, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, für „ungenügend“ (0 Punkte) erklärt werden oder
3. die Prüfung für nicht bestanden erklärt und in besonders schweren Fällen der Prüfling von einer Wiederholungsprüfung ausgeschlossen werden.
(2) Die Entscheidungen trifft während der mündlichen Prüfung der Prüfungsausschuss, im Übrigen die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm.
(3) Über eine erst nach der Schlussentscheidung entdeckte Täuschung in der mündlichen Prüfung hat der Prüfungsausschuss zu befinden, wenn die Prüfung nicht bestanden war. War sie bestanden, so ist an die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm zu berichten. In diesem Fall sowie bei nachträglich entdeckter Täuschung in der schriftlichen Prüfung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm. Sie oder er kann die Prüfung nachträglich für nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tag der mündlichen Prüfung.
§ 22
Wiederholung der Prüfung
(1) Hat der Prüfling die Prüfung nicht bestanden, so darf er sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen; einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden. § 13 findet Anwendung.
(2) Die weitere Qualifizierung beträgt höchstens drei Monate. Art und Dauer bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts. Sie oder er soll dabei die Vorschläge des Prüfungsausschusses berücksichtigen.
§ 23
Nichtbestehen der Prüfung
Ein Prüfling, der die Aufstiegsprüfung endgültig nicht besteht, übernimmt wieder eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt.
§ 24
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über den prüfungserleichterten Aufstieg vom mittleren in den gehobenen Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. Februar 1987 (GV. NRW. S. 69), die zuletzt durch Verordnung vom 29. Mai 2015 (GV. NRW. S. 483) geändert worden ist, außer Kraft.
Der Minister der Justiz
des Landes Nordrhein-Westfalen
Dr. Benjamin Limbach
GV. NRW. 2024 S. 350