Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 57 vom 23.12.2003 Seite 765 bis 784

Gesetz über die Seilbahnen in Nordrhein-Westfalen (SeilbG NRW)
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Gesetz über die Seilbahnen in Nordrhein-Westfalen (SeilbG NRW)

93

Gesetz
über die Seilbahnen
in Nordrhein-Westfalen
(SeilbG NRW)

Vom 16. Dezember 2003

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
über die Seilbahnen
in Nordrhein-Westfalen
(SeilbG NRW)

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt
Allgemeine Regelungen

§ 1

Anwendungsbereich

§ 2

Begriffsbestimmungen

Zweiter Abschnitt
Bau und Betrieb von Seilbahnen

§ 3

Planfeststellung, Plangenehmigung

§ 4

Genehmigung

§ 5

Änderungsanzeige

§ 6

Betriebseröffnung

§ 7

Enteignung

§ 8

Baubeschränkung und Schutzmaßnahmen

§ 9

Betriebspflicht

§ 10

Ordnungsmäßigkeit des Baus und des Betriebes

§ 11

Betriebsleitung

§ 12

Versicherungspflicht

§ 13

Mitteilungspflicht, Prüfung

§ 14

Weiterführungsgenehmigung

§ 15

Weiterführung durch Erben, Zwangsverwalter, Konkurs- oder Insolvenzverwalter

Dritter Abschnitt
Aufsicht, Zuständigkeiten, Rechtsverordnungen

§ 16

Allgemeine Aufsicht

§ 17

Widerruf der Genehmigung

§ 18

Zuständigkeiten

§ 19

Rechtsverordnung

Vierter Abschnitt
Bußgeldvorschriften

§ 20

Ordnungswidrigkeiten

§ 21

Weitere Ordnungswidrigkeiten

Fünfter Abschnitt
Übergangsbestimmungen, In-Kraft-Treten
und Außer-Kraft-Treten

§ 22

Übergangsregelung

§ 23

Außer-Kraft-Treten

§ 24

In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten bisherigen Rechts

Erster Abschnitt
Allgemeine Regelungen

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für Seilbahnen, die dem Personenverkehr und dem öffentlichen Güterverkehr dienen.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für Anlagen gemäß Artikel 1 Abs. 6 der Richtlinie 2000/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über Seilbahnen für den Personenverkehr (EG, ABl. L 106 vom 3.5.2000, S. 21).

§ 2
Begriffsbestimmungen

(1) Seilbahnen sind Anlagen aus mehreren Bauteilen, die geplant, gebaut, montiert und in Betrieb genommen werden, um Personen oder Güter zu befördern. Bei diesen Anlagen handelt es sich um

1. Standseilbahnen und andere Anlagen, deren Fahrzeuge von Rädern oder anderen Einrichtungen getragen und durch ein oder mehrere Seile bewegt werden;

2. Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge von einem oder mehreren Seilen getragen und/oder bewegt werden; dazu gehören auch Kabinenbahnen und Sesselbahnen;

3. Schleppaufzüge, bei denen mit geeigneten Geräten ausgerüstete Personen durch ein Seil fortbewegt werden.

(2) Eine Anlage im Sinne dieses Gesetzes ist das an seinem Bestimmungsort errichtete, aus der Infrastruktur und den in Anhang I der Richtlinie 2000/9/EG aufgezählten Teilsystemen bestehende Gesamtsystem. Die Infrastruktur, die speziell für jede Anlage geplant und jeweils vor Ort errichtet wird, besteht aus der Linienführung, den Systemdaten sowie den für die Errichtung und Funktion der Anlage erforderlichen Stations- und Streckenbauwerken einschließlich der Fundamente.

(3) Ein Sicherheitsbauteil ist ein Grundbestandteil, eine Gruppe von Bestandteilen, eine Unterbaugruppe oder eine vollständige Baugruppe sowie jede Einrichtung, die zur Gewährleistung der Sicherheit Teil der Anlage und in der Sicherheitsanalyse ausgewiesen ist und deren Ausfall oder Fehlfunktion die Sicherheit oder Gesundheit von Personen und die Sicherheit von Gütern gefährden kann.

(4) Die Betriebssicherheit ist gegeben, wenn die Anlage einschließlich ihrer Infrastruktur, ihrer Teilsysteme sowie ihrer Sicherheitsbauteile so geplant, gebaut und betrieben werden, dass

1. die auf sie anwendbaren Bestimmungen der Richtlinie 2000/9/EG, insbesondere die in Anhang II der Richtlinie 2000/9/EG genannten grundlegenden Anforderungen,

2. die betriebstechnischen und wartungstechnischen Erfordernisse im Sinne von Artikel 1 Abs. 5 der Richtlinie 2000/9/EG und

3. die im Sicherheitsbericht gem. Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/9/EG genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(5) Der Ausdruck "europäische Spezifikation" bezeichnet eine gemeinsame technische Spezifikation, eine europäische technische Zulassung oder eine einzelstaatliche Norm, durch die eine europäische Norm umgesetzt wird.

(6) Seilbahnen dienen dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nach ihrer Zweckbestimmung jedermann zur Personen- oder zur Güterbeförderung benutzen kann.

Zweiter Abschnitt
Bau und Betrieb von Seilbahnen

§ 3
Planfeststellung, Plangenehmigung

(1) Seilbahnen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist.

(2) Anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1. Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,

2. mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und

3. es sich bei dem Vorhaben nicht um ein solches handelt, für das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Lande Nordrhein-Westfalen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung. § 74 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ist entsprechend anwendbar; im Übrigen finden die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren auf die Erteilung der Plangenehmigung keine Anwendung. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(3) Bei der Planfeststellung und der Plangenehmigung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen. Mängel bei der Abwägung sind erheblich, wenn sie offensichtlich sind und das Abwägungsergebnis beeinflusst haben. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; §§ 45 und 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bleiben unberührt.

(4) Bei der Planfeststellung ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen; die Umweltverträglichkeitsprüfung muss den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Lande Nordrhein-Westfalen entsprechen.

(5) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Fälle von unwesentlicher Bedeutung liegen insbesondere vor, wenn

1. Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind,

2. andere öffentliche Belange nicht berührt werden oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen und

3. es sich bei dem Vorhaben nicht um ein solches handelt, für das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Lande Nordrhein-Westfalen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die Entscheidung hierüber trifft die Planfeststellungsbehörde.

(6) Bebauungspläne nach § 9 des Baugesetzbuches ersetzen die Planfeststellung. Für den Bau neuer und für die wesentliche Änderung vorhandener Seilbahnen ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen; § 17 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ist anzuwenden. Wird eine Ergänzung notwendig oder soll von Festsetzungen des Bebauungsplans abgewichen werden, so ist die Planfeststellung durchzuführen. In diesen Fällen gelten die §§ 40, 42 Abs. 1, 2, 4 und 5 sowie § 44 Abs. 1 bis 4 des Baugesetzbuches.

§ 4
Genehmigung

(1) Der Bau und Betrieb einer Seilbahn bedarf der Genehmigung der nach § 18 Abs.1 zuständigen Behörde. Dasselbe gilt für wesentliche Änderungen der Anlage. Die Genehmigung wird erteilt, wenn

1. die Betriebssicherheit gewährleistet ist,

2. der Antragsteller zuverlässig ist,

3. dem Vorhaben keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen und

4. das Vorhaben öffentlichen Interessen nicht zuwider läuft.

(2) Der Antrag muss über das Vorhaben und seine Durchführung in technischer und, soweit erforderlich, auch in wirtschaftlicher Hinsicht Aufschluss geben. Der Antragsteller hat seinem Antrag

1. eine Sicherheitsanalyse gemäß Artikel 4 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2000/9/EG,

2. einen Sicherheitsbericht gemäß Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/9/EG sowie

3. ein Gutachten einer vom für das Verkehrswesen zuständigen Ministeriums anerkannten Stelle zum Nachweis der Betriebssicherheit beizufügen. Das Gutachten hat auch die Sicherheitsanalyse und die in dem Sicherheitsbericht benannten Maßnahmen zur Behebung etwaiger Risiken zu bewerten; Gegenstand der gutachterlichen Stellungnahme ist zudem die Einhaltung der Bestimmungen der Artikel 7, 10 und 18 der Richtlinie 2000/9/EG betreffend die CE-Konformitätskennzeichnung und die EG-Konformitätserklärung von Sicherheitsbauteilen und Teilsystemen.

(3) Die Genehmigung ist dem Seilbahnunternehmer schriftlich zu erteilen.

(4) Die Genehmigungsurkunde enthält

1. die Bezeichnung und den Sitz des Seilbahnunternehmens,

2. die Bezeichnung der örtlichen Lage der Seilbahn,

3. eine allgemeine Beschreibung der Seilbahn,

4. eine Aussage zur Dauer der Genehmigung,

5. den Vorbehalt der Zustimmung zur Betriebseröffnung.

(5) Die Genehmigung kann mit Nebenstimmungen versehen werden, insbesondere wenn ein Sicherheitsbauteil oder ein Teilsystem innovative Planungs- oder Baumerkmale im Sinne von Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2000/9/EG aufweist.

§ 5
Änderungsanzeige

(1) Der Seilbahnunternehmer hat Änderungen der Anlage, die keiner Genehmigung nach § 4 bedürfen, vor ihrer Ausführung der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Anzeigepflichtig sind insbesondere Änderungen der Fahrzeuge im Sinne von Nummer 4 des Anhangs I der Richtlinie 2000/9/EG oder der Betriebsweise der Seilbahn.

(2) Mit der Änderung darf erst begonnen werden, wenn die Aufsichtsbehörde zugestimmt oder innerhalb von sechs Wochen nach Eingang der Anzeige keinen Bescheid erteilt hat.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Betriebseröffnung vorbehalten.

(4) Zur Prüfung der technischen Unterlagen bei Seilbahnen kann die Aufsichtsbehörde verlangen, dass der Seilbahnunternehmer das Gutachten einer vom für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium anerkannten sachverständigen Stelle vorlegt.

(5) Änderungen im Sinne des Absatzes 1, die die Betriebssicherheit nicht berühren oder nur der Unterhaltung dienen, sind von der Anzeigepflicht ausgenommen.

§ 6
Betriebseröffnung

(1) Der Betrieb einer Seilbahn darf erst eröffnet werden, wenn die Aufsichtsbehörde der Eröffnung zugestimmt hat.

(2) Die Zustimmung zur Eröffnung des Betriebs wird erteilt, wenn

1. die Anlage der Genehmigung entspricht, ihre Betriebssicherheit gewährleistet ist und der Antragsteller darüber ein Gutachten einer vom für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium anerkannten sachverständigen Stelle vorlegt (Betriebsabnahme),

2. der Nachweis der vor der Betriebseröffnung zu erfüllenden Nebenbestimmungen der Genehmigung erbracht ist,

3. ein Betriebsleiter und mindestens eine Person als Stellvertretung nach Maßgabe des § 11 bestellt sind und die Bestellung bestätigt ist,

4. das Seilbahnunternehmen ausreichend versichert ist (§ 12).

(3) Für genehmigungspflichtige Änderungen der Anlage gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

§ 7
Enteignung

Zum Bau von Seilbahnen und für die Änderung bestehender Anlagen des öffentlichen Verkehrs, an deren Betrieb ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, kann nach den Vorschriften des Landesenteignungs- und Entschädigungsgesetzes enteignet werden.

§ 8
Baubeschränkung und Schutzmaßnahmen

(1) Längs der Trasse einer Seilbahn dürfen bauliche Anlagen nicht errichtet oder geändert werden, wenn dadurch die Betriebssicherheit der Seilbahn beeinträchtigt wird.

(2) In der Nähe einer Seilbahn dürfen Anpflanzungen aller Art und Zäune sowie Stapel, Haufen und ähnliche mit dem Erdboden nicht fest verbundene Gegenstände nicht angelegt oder geändert werden, wenn die Betriebssicherheit der Seilbahn dadurch beeinträchtigt wird.

(3) Die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken in der Nähe einer Seilbahn haben auf Anordnung der Aufsichtsbehörde Einrichtungen zu dulden, die erforderlich sind, um Beeinträchtigungen der Betriebssicherheit der Seilbahn durch Einwirkungen der Natur, insbesondere Hochwasser, Schneeverwehungen, Steinschlag und Vermurrungen abzuwehren.

(4) Die Eigentümer und Besitzer haben auf Anordnung der Aufsichtsbehörde die Beseitigung einer nach den Absätzen 1 und 2 bestehenden Beeinträchtigung unbeschadet der enteignungsrechtlichen Vorschriften zu dulden, auch wenn sie bereits bei In-Kraft-Treten des Gesetzes vorhanden ist.

§ 9
Betriebspflicht

Dem Seilbahnunternehmer kann die Aufsichtsbehörde eine Betriebspflicht auferlegen, soweit dies zur Abwendung von Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig ist.

§ 10
Ordnungsmäßigkeit des Baus und des Betriebes

Der Seilbahnunternehmer hat für den ordnungsgemäßen Bau und Betrieb, insbesondere die Betriebssicherheit, zu sorgen und die Anlage ordnungsgemäß zu unterhalten.

§ 11
Betriebsleitung

(1) Der Seilbahnunternehmer hat einen Betriebsleiter und mindestens eine Person als Stellvertretung zu bestellen, welche die erforderliche Zuverlässigkeit und Fachkunde besitzen. Der Betriebsleiter und in seiner Abwesenheit seine Stellvertretung sind für den ordnungsgemäßen Betrieb, insbesondere die Betriebssicherheit sowie die ordnungsgemäße Unterhaltung der Anlage verantwortlich.

(2) Die Bestellung zum Betriebsleiter oder zu seiner Stellvertretung bedarf der Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde.

(3) Die Bestellung eines Betriebsleiters entbindet den Seilbahnunternehmer nicht von der Verpflichtung nach § 10.

(4) Für Seilbahnen des nichtöffentlichen Personenverkehrs und für Schleppaufzüge, bei denen einfache Verhältnisse vorliegen, kann die Aufsichtsbehörde Ausnahmen von der Verpflichtung nach Absatz 1 zulassen.

§ 12
Versicherungspflicht

Der Seilbahnunternehmer ist verpflichtet, zur Erfüllung von Schadensersatzverpflichtungen, die durch den Betrieb der Seilbahn entstehen, einen Haftpflichtversicherungsvertrag mit einem zum Geschäftsbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Versicherer abzuschließen und aufrechtzuerhalten oder einer Versicherungsgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland anzugehören, welcher die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen übernimmt (Versicherungspflicht). Die Vorschriften der §§ 158b ff. des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 (BGBl III 7632-1) über die Pflichtversicherung finden Anwendung. Die zur Erfüllung der Versicherungspflicht abgeschlossenen Vereinbarungen müssen die Verpflichtungen des Versicherers enthalten, der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn der Seilbahnunternehmer seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nachkommt und dadurch das Weiterbestehen der Versicherung gefährdet wird oder wenn der Vertrag geändert oder beendigt wird.

§ 13
Mitteilungspflicht, Prüfung

(1) Der Seilbahnunternehmer hat der Aufsichtsbehörde oder der von ihr beauftragten Stelle alle Vorkommnisse mitzuteilen, die für die Betriebssicherheit von Bedeutung sind. Das gleiche gilt für sonstige Vorkommnisse oder Maßnahmen, die geeignet sind, die Einstellung des Betriebs herbeizuführen, sowie die Einstellung des Betriebs selbst. Der Seilbahnunternehmer hat Änderungen betreffend seiner Vertretung und, soweit es sich um eine Gesellschaft handelt, Änderungen der Gesellschafterzusammensetzung und des Gesellschaftsvertrags mitzuteilen. Die Mitteilungen haben unverzüglich zu erfolgen.

(2) Der Seilbahnunternehmer hat der Aufsichtsbehörde in regelmäßigen Zeitabständen oder auf deren besondere Anforderung Betriebsberichte zu übersenden.

(3) Der Seilbahnunternehmer hat in regelmäßigen Abständen oder auf besondere Anforderung der Aufsichtsbehörde die Betriebssicherheit der Anlage durch eine vom für das Verkehrswesen zuständigen Ministerium anerkannte sachverständige Stelle prüfen zu lassen und den Prüfungsbericht unverzüglich vorzulegen.

§ 14
Weiterführungsgenehmigung

(1) Wer eine Seilbahn durch Rechtsgeschäft erwirbt, bedarf zur Weiterführung des Baus oder des Betriebs der Seilbahn der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (Weiterführungsgenehmigung). Das gleiche gilt für denjenigen, dem die wirtschaftliche Nutzung der Seilbahn überlassen wird.

(2) Die Weiterführungsgenehmigung wird erteilt, wenn

1. die Betriebssicherheit gewährleistet ist,

2. der weiterführende Seilbahnunternehmer zuverlässig ist,

3. das Seilbahnunternehmen nach Maßgabe des § 10 versichert ist.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann die Weiterführungsgenehmigung versagen, wenn die Genehmigung zurückgenommen oder widerrufen werden kann und die Rücknahme oder der Widerruf innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags auf Weiterführungsgenehmigung erklärt wird.

(4) Auf die Weiterführungsgenehmigung finden die für die Genehmigung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

§ 15
Weiterführung durch Erben,
Zwangsverwalter, Konkurs- oder
Insolvenzverwalter

(1) Der Erbe oder die sonst durch letztwillige Verfügung berechtigte Person kann den Bau oder den Betrieb einer Seilbahn nach dem Tod des Unternehmers vorläufig weiterführen. Diese Befugnis erlischt, wenn nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf der für die Ausschlagung der Erbschaft vorgesehenen Frist oder nach Beendigung einer Testamentsvollstreckung, Nachlasspflegschaft, Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens eine Weiterführungsgenehmigung (§ 14) beantragt wird.

(2) Im Fall der Anordnung einer Zwangsverwaltung oder der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens findet Absatz 1 Satz 1 zugunsten des Zwangsverwalters oder des Konkurs- oder Insolvenzverwalters für die Dauer seines Amts entsprechende Anwendung.

Dritter Abschnitt
Aufsicht, Zuständigkeiten, Rechtsverordnungen

§ 16
Allgemeine Aufsicht

(1) Die Aufsichtsbehörden haben darüber zu wachen, dass die für den Bau und den Betrieb der Seilbahnen geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen (Nebenbestimmungen und sonstigen Anordnungen) eingehalten werden.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann die im Interesse der Betriebssicherheit, des Schutzes der Allgemeinheit oder der Nachbarschaft vor Gefahren sowie erheblichen Nachteilen oder Belästigungen, des Schutzes des Landschaftsbilds oder sonst zur Durchführung der Aufsicht erforderlichen Anordnungen treffen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann sie oder eine von ihr beauftragte Stelle vom Unternehmer Auskunft verlangen sowie die Anlage besichtigen und prüfen.

(3) Die Aufsichtsbehörde hat das für das Verkehrswesen zuständige Ministerium unverzüglich zu unterrichten, wenn sie der Auffassung ist, dass

1. die Betriebssicherheit durch die europäischen Spezifikationen (§ 2 Abs. 5) nicht in vollem Umfang gewährleistet ist,

2. ein Sicherheitsbauteil, ein Teilsystem oder die Anlage die Sicherheit und Gesundheit von Personen und gegebenenfalls die Sicherheit von Gütern gefährden kann,

3. die Genehmigung mit Nebenbestimmungen zu versehen ist, weil ein Sicherheitsbauteil oder ein Teilsystem innovative Planungs- oder Baumerkmale im Sinne von Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie 2000/9/EG aufweist.

§ 17
Widerruf der Genehmigung

Die Aufsichtsbehörde kann die Genehmigung insbesondere dann widerrufen, wenn

1. das Seilbahnunternehmen die für den Bau und den Betrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen nicht befolgt oder deren Nichtbefolgung duldet und innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde bestimmten Frist keine Abhilfe schafft,

2. das Seilbahnunternehmen den Betrieb der Seilbahn mindestens zwei Jahre nicht aufnimmt oder die Seilbahn mindestens zwei Jahre nicht betreibt oder den Bau oder Betrieb für dauernd einstellt oder

3. über das Vermögen des Seilbahnunternehmens das Vergleichsverfahren oder das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder der Unternehmer im Zwangsvollstreckungsverfahren wegen einer Geldforderung in das bewegliche Vermögen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.

§ 18
Zuständigkeiten

(1) Genehmigungs-, Aufsichts- und Planfeststellungsbehörde ist die Bezirksregierung, in deren Bereich die Seilbahn betrieben wird.

(2) Das für das Verkehrswesen zuständige Ministerium ist für die Benennung von Stellen im Sinne des Artikel 16 der Richtlinie 2000/9/EG zuständig, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben. Das Ministerium prüft die nach § 16 Abs. 3 eingehenden Informationen und leitet diese in begründeten Fällen entsprechend den Anforderungen nach Artikel 2 Abs. 7, 11 Abs. 3 und 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/9/EG weiter.

§ 19
Rechtsverordnung

(1) Das für das Verkehrswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, für die diesem Gesetz unterliegenden Seilbahnen eine Rechtsverordnung zu erlassen. Es kann dazu insbesondere Bestimmungen treffen über

1. das Verfahren bei der Bau- und Betriebsgenehmigung,

2. das Verfahren bei der Änderungsanzeige und den Umfang der nicht anzeigepflichtigen Änderungen,

3. das Verfahren bei der Betriebsabnahme und bei der Zustimmung zur Betriebseröffnung,

4. die Bestellung, Bestätigung und Prüfung von Betriebsleitern sowie deren Stellvertretung,

5. die Anforderungen an die Betriebsbediensteten,

6. die Aufgaben und Befugnisse der Betriebsleitung und der Betriebsbediensteten,

7. die Mindesthöhe der Versicherungssumme bei Haftpflichtversicherungsverträgen,

8. die Ausgestaltung und Zeitabstände der Betriebs- und Prüfungsberichte sowie der sonstigen Mitteilungspflichten; dabei kann bestimmt werden, dass die Aufsichtsbehörde entsprechend den besonderen Bedürfnissen der Betriebssicherheit Abweichungen zulassen kann,

9. die Ausübung der Aufsicht,

10. die Zulassung oder Anerkennung von sachverständigen Stellen, deren Befugnisse sowie deren Überwachung,

11. verantwortliche sachverständige Stellen im Seilbahnwesen, insbesondere über

a) die Fachbereiche, in denen sie tätig werden,

b) die Anforderungen in Bezug auf Ausbildung, Fachkenntnisse, Berufserfahrung, Zuverlässigkeit sowie Fort- und Weiterbildung,

c) die Zulassung oder Anerkennung,

d) die Überwachung,

e) die Vergütung,

f) das Erfordernis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung,

g) die Voraussetzungen, unter welchen die Aufsichtsbehörde die Vorlage von Gutachten und Nachweisen für den jeweiligen Sachbereich verlangen kann oder erlangen muss, sowie die Voraussetzungen, unter welchen die Aufsichtsbehörde verlangen kann oder verlangen muss, dass das Seilbahnunternehmen sich die Einhaltung aufsichtlicher Anforderungen durch verantwortliche sachverständige Stellen bescheinigen lässt,

h) die Voraussetzungen, unter denen das Seilbahnunternehmen Gutachten und Nachweise von verantwortlichen sachverständigen Stellen für bestimmte Sachbereiche vorzulegen hat oder sich die Einhaltung aufsichtlicher Anforderungen durch verantwortliche sachverständige Stellen bescheinigen lassen muss.

12. benannte Stellen im Sinne von Artikel 16 der Richtlinie 2000/9/EG,

13. die Ausübung der Schutzmassnahmen im Sinne von Artikel 14 der Richtlinie 2000/9/EG,

14. das Inverkehrbringen von Sicherheitsbauteilen und Teilsystemen im Sinne der Kapitel II und III der Richtlinie 2000/9/EG.

(2) Das für das Verkehrswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, für die diesem Gesetz unterliegenden Seilbahnen Rechtsverordnungen zu erlassen, die die nach dem jeweiligen Stand der Technik erforderlichen Bau- und Betriebsvorschriften für die technische Gestaltung der Seilbahnen und die Führung des Betriebs enthalten, insbesondere über Stationen, Streckenbau-werke, Fahrzeuge in Sinne von Nummer 4 des Anhangs I der Richtlinie 2000/9/EG, Sicherheits- und Bergeeinrichtungen, Brandschutz, Betriebsleitung und Betriebsbedienstete. Das für das Verkehrswesen zuständige Ministerium kann durch Rechtsverordnung die zur sicheren Gestaltung der Kreuzungen von Seilbahnen mit Starkstromleitungen und Gasleitungen erforderlichen Vorschriften erlassen. Das gleiche gilt für Kreuzungen mit Wasserleitungen und Kreuzungen von Seilbahnen mit öffentlichen Strassen.

Vierter Abschnitt
Bußgeldvorschriften

§ 20
Ordnungswidrigkeiten

Mit Geldbuße bis zu fünftausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 4 Abs.1 oder § 6 Abs. 1 oder § 14 Abs.1 eine Seilbahn betreibt oder

2. entgegen § 13 Abs. 1 der Aufsichtsbehörde, der anerkannten sachverständigen Stelle oder der nach § 16 Abs.2 Satz 2 beauftragten Stelle nicht alle Vorkommnisse mitteilt, die für die Betriebssicherheit der Seilbahn von Bedeutung sein können oder die geeignet sind, die Einstellung des Betriebs herbeizuführen.

§ 21
Weitere Ordnungswidrigkeiten

Mit Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 4 eine Seilbahn baut oder die Anlage wesentlich ändert,

2. entgegen § 5 Abs. 1 eine Änderung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig anzeigt oder entgegen § 5 Abs. 2 eine Änderung beginnt oder

3. einer nach § 19 erlassenen Rechtsverordnung, soweit diese für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschriften verweist, oder einer auf Grund einer solchen Rechtsverordnung ergangenen vollziehbaren Anordnung zuwider handelt.

Fünfter Abschnitt

Übergangsbestimmungen, In-Kraft-Treten
und Außer-Kraft-Treten bisherigen Rechts

§ 22
Übergangsregelung

(1)Soweit eine in Betrieb befindliche Seilbahn nach bisherigem Recht ohne Genehmigung betrieben werden durfte, gilt die Seilbahn nach Maßgabe dieses Gesetzes als genehmigt.

(2) Bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes gültige Genehmigungen gelten fort. Dies gilt für Seilbahnen, die nach bisher geltendem Recht genehmigt, aber noch nicht betriebseröffnet sind, insoweit, als mit deren Bau bereits begonnen wurde und die Betriebseröffnung nach § 6 bis spätestens 2. Mai 2004 erfolgt. Nach diesem Zeitpunkt kann die Aufsichtsbehörde einer Betriebseröffnung für Anlagen im Sinne des Satzes 2 in begründeten Einzelfällen in Anwendung des bisherigen Rechts zustimmen.

§ 23
Außer-Kraft-Treten

Das Gesetz tritt fünf Jahre nach seinem In-Kraft-Treten außer Kraft. Vor dem Außer-Kraft-Treten wird eine Anschlussregelung geschaffen, die die Fortgeltung der Genehmigungen, die auf Grundlage dieses Gesetzes erteilt wurden, sicherstellt.

§ 24
In-Kraft-Treten
und Außer-Kraft-Treten
bisherigen Rechts

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig wird das Landeseisenbahngesetz vom 5. Februar 1957 (GV. NRW. S. 11), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 29. April 1992 (GV. NRW. S. 175), wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

„Das Gesetz gilt auch für Zahnradbahnen des öffentlichen Verkehrs“.

2. In § 13 Abs. 1 Satz 2 werden die Wörter „Bergbahnen und Seilbahnen“ durch das Wort „Zahnradbahnen“ ersetzt.

3. In § 39 Abs. 1 Satz 2 werden die Wörter „Bergbahnen und Seilbahnen“ durch das Wort „Zahnradbahnen“ ersetzt.

(3) Verordnungen, die auf der Grundlage von nach Absatz 2 geänderten Vorschriften erlassen worden sind, gelten fort. Soweit in diesen Verordnungen auf nach Absatz 2 geänderte Vorschriften verwiesen wird, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes.

Düsseldorf, den 16. Dezember 2003

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Der Stellvertreter
des Ministerpräsidenten

Dr. Michael  V e s p e r

(L. S.)

Der Minister
für Verkehr, Energie und Landesplanung

Dr. Axel  H o r s t m a n n

GV. NRW. 2003 S. 774