Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 5 vom 25.2.2005 Seite 43 bis 58
Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW) |
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Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW)
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Stiftungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(StiftG NRW)
Vom 15.
Februar 2005
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Stiftungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(StiftG NRW)
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Geltungsbereich
§ 2
Anerkennungsverfahren
Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung im Sinne dieses Gesetzes ist
deren Anerkennung durch die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde gemäß § 80
Abs. 1 und 2 BGB erforderlich.
§ 3
Statusklärung in Zweifelsfällen
2. Abschnitt
Verwaltung der Stiftung
§ 4
Grundsätze
(1) Die Stiftungsorgane haben die Stiftung so zu verwalten, wie es die
nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks im Sinne der Stiftungssatzung
oder des mutmaßlichen Willens der Stifterin oder des Stifters erfordert.
(2) Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist oder der Wille
der Stifterin oder des Stifters auf andere Weise nicht verwirklicht werden
kann, ist das Stiftungsvermögen ungeschmälert zu erhalten.
Vermögensumschichtungen sind nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung
zulässig.
(3) Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, sind die
Erträge des Stiftungsvermögens sowie Zuwendungen Dritter, die nicht
ausdrücklich zur Erhöhung des Stiftungsvermögens bestimmt sind, zur
Verwirklichung des Stiftungszwecks und zur Deckung der Verwaltungskosten zu
verwenden.
§ 5
Satzungsänderung,
Zusammenschluss, Selbstauflösung
(1) Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, können die
zuständigen Stiftungsorgane eine Änderung der Satzung beschließen, wenn
hierdurch der Stiftungszweck oder die Organisation der Stiftung nicht
wesentlich verändert wird. Die Stiftungsaufsichtsbehörde ist hierüber zu
unterrichten.
(2) Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, können die
zuständigen Stiftungsorgane wesentliche Änderungen des Stiftungszwecks, den
Zusammenschluss der Stiftung mit einer anderen Stiftung oder die Auflösung der
Stiftung beschließen, wenn eine die Grundlagen oder die Handlungsfähigkeit der
Stiftung berührende Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Die
Stifterinnen und Stifter sind hierzu nach Möglichkeit anzuhören.
Die Beschlüsse bedürfen der Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde.
Mit der Genehmigung der Beschlüsse über den Zusammenschluss und die hierzu
erforderlichen Satzungsänderungen ist die neue Stiftung anerkannt.
3. Abschnitt
Stiftungsaufsicht
§ 6
Grundsätze
(1) Die Stiftungen unterliegen der Rechtsaufsicht des Landes; kirchliche
Stiftungen und diesen gleichgestellte Stiftungen (§13 Abs.2) jedoch nur nach
Maßgabe des § 14.
(2) Aufgabe der Stiftungsaufsicht ist es zu überwachen und sicherzustellen,
dass die Organe der Stiftung den in Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung zum
Ausdruck kommenden Willen der Stifterin oder des Stifters und die
stiftungsrechtlichen Bestimmungen beachten.
(3) Stiftungen, die ausschließlich oder überwiegend private Zwecke
verfolgen, unterliegen nur insoweit der Stiftungsaufsicht, als sicherzustellen
ist, dass ihre Betätigung nicht gesetzlich geschützten öffentlichen Interessen
zuwiderläuft.
§ 7
Unterrichtung und Prüfung
(1) Der Stiftungsvorstand ist verpflichtet, der Stiftungsaufsichtsbehörde innerhalb
von neun Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung mit
einer Vermögensübersicht und einen Bericht über die Erfüllung der
Stiftungszwecke vorzulegen. Wird die Stiftung durch eine Behörde, einen
Prüfungsverband, die Prüfungsstelle eines Sparkassen- und Giroverbands, eine
Wirtschaftsprüferin, einen Wirtschaftsprüfer oder eine
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder eine vereidigte Buchprüferin, einen
vereidigten Buchprüfer oder eine Buchprüfungsgesellschaft geprüft und erstreckt
sich die Prüfung auch auf die Erhaltung des Stiftungsvermögens und die
satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel, so soll die
Stiftungsaufsichtsbehörde von einer eigenen Prüfung absehen.
(2) Die beabsichtigte Veräußerung oder Belastung von Grundstücken oder
sonstigen Vermögenswerten ist der zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörde
anzuzeigen, wenn der Geschäftswert der beabsichtigten Maßnahme
ein Fünftel des Stiftungsvermögens, mindestens aber 100.000 Euro beträgt.
(3) Liegen der Stiftungsaufsichtsbehörde Anhaltspunkte dafür vor, dass bei
der Verwaltung der Stiftung gegen gesetzliche Bestimmungen oder die Satzung
verstoßen wurde, kann sie hierzu Auskunft und die Vorlage von Unterlagen zur
Einsichtnahme verlangen sowie im erforderlichen Umfang eine weitergehende
Prüfung vornehmen oder auf Kosten der Stiftung vornehmen lassen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Stiftungen, die ausschließlich
oder überwiegend privaten Zwecken dienen.
§ 8
Beanstandung,
Anordnung, Ersatzvornahme
(1) Die Stiftungsaufsichtsbehörde kann Beschlüsse und Maßnahmen der
Stiftungsorgane, die dem im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung zum
Ausdruck gebrachten Willen der Stifterin oder des Stifters oder
gesetzlichen Regelungen widersprechen, beanstanden und verlangen, dass diese
innerhalb einer von ihr bestimmten angemessenen Frist aufgehoben oder
rückgängig gemacht werden. Beanstandete Beschlüsse oder Maßnahmen dürfen nicht
vollzogen werden.
(2) Unterlässt ein Stiftungsorgan eine rechtlich gebotene Maßnahme, kann die
Stiftungsaufsichtsbehörde anordnen, dass die Maßnahme innerhalb einer von ihr
bestimmten angemessenen Frist durchgeführt wird.
(3) Kommt die Stiftung einer Anordnung nach Absatz 1 oder 2 nicht
fristgemäß nach, kann die Stiftungsaufsichtsbehörde beanstandete Beschlüsse
aufheben und angeordnete Maßnahmen auf Kosten der Stiftung durchführen oder
durchführen lassen.
§ 9
Abberufung und Bestellung von
Organmitgliedern, Sachwalterbestellung
(1) Hat ein Mitglied eines Stiftungsorgans sich einer groben Pflichtverletzung
schuldig gemacht oder ist es zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner der
Stiftung gegenüber bestehenden Pflichten nicht in der Lage, so kann die
Stiftungsaufsichtsbehörde die Abberufung dieses Mitglieds und die Berufung
eines neuen Mitglieds an dessen Stelle verlangen. Sie kann dem Mitglied die
Wahrnehmung seiner Geschäfte einstweilen untersagen.
(2) Kommt die Stiftung binnen einer ihr gesetzten angemessenen Frist der
nach Absatz 1 Satz 1 getroffenen Anordnung nicht nach, so kann die
Stiftungsaufsichtsbehörde die Abberufung des Mitglieds verfügen und, soweit
nicht gemäß §§ 86, 29 BGB die Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben ist, eine
andere Person an dessen Stelle berufen.
(3) Reichen die
Befugnisse der Stiftungsaufsichtsbehörde nach den §§ 7, 8 und 9 Abs.1 und 2
nicht aus, um eine dem Willen der Stifterin oder des Stifters und den
Gesetzen entsprechende Verwaltung der Stiftung zu gewährleisten oder
wiederherzustellen, kann die Stiftungsaufsichtsbehörde die Durchführung der
Beschlüsse und Anordnungen einer Sachwalterin oder einem Sachwalter übertragen.
Deren Aufgabenbereich und Vollmacht sind in einer Bestellungsurkunde
festzulegen.
§ 10
Zweckänderung, Aufhebung
Eine Zweckänderung oder Aufhebung der Stiftung durch die
Stiftungsaufsichtsbehörde ist nur unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe
des § 87 BGB zulässig.
§ 11
Geltendmachung von Ansprüchen
Erlangt die Stiftungsaufsichtsbehörde von einem Sachverhalt Kenntnis, der
Schadensersatzansprüche der Stiftung gegen Mitglieder der Stiftungsorgane begründen
könnte, so kann sie der Stiftung eine vertretungsberechtigte Person zur Klärung
und Durchsetzung ihrer Ansprüche bestellen. Dies gilt nicht für Stiftungen, die
ausschließlich oder überwiegend privaten Zwecken dienen.
4. Abschnitt
Auskunft zu Stiftungen
§ 12
Öffentliches Stiftungsverzeichnis,
Vertretungsbescheinigungen
(1) Stiftungen im Sinne dieses Gesetzes werden in einem
Stiftungsverzeichnis erfasst.
(2) In das Stiftungsverzeichnis sind einzutragen
1. der Name der Stiftung,
2. der Sitz der Stiftung,
3. die wesentlichen Zwecke der Stiftung,
4. die Anschrift der Geschäftsstelle der Stiftung,
5. die vertretungsberechtigten Organe und Personen sowie die Art ihrer
Vertretungsberechtigung,
6. das Datum der Anerkennung als rechtsfähige Stiftung,
7. die zuständige Stiftungsaufsichtsbehörde.
Änderungen der Angaben zu den Nummern1 bis 5 sind der zuständigen
Stiftungsaufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
(3) Eintragungen im Stiftungsverzeichnis begründen nicht die Vermutung
ihrer Richtigkeit.
(4) Die im Stiftungsverzeichnis erfassten Angaben sind allgemein
zugänglich. Das Stiftungsverzeichnis ist in das Internetangebot des
Innenministeriums einzustellen.
(5) Die Stiftungsaufsichtsbehörde stellt auf
Antrag eine Bescheinigung darüber aus, wer nach Maßgabe der Satzung und der von
der Stiftung mitgeteilten Angaben zur Vertretung der Stiftung berechtigt ist.
(6) Die behördlichen
Unterlagen über die Anerkennung und Beaufsichtigung einzelner Stiftungen
unterliegen nicht dem allgemeinen Informationszugang nach dem
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen.
5. Abschnitt
Kirchliche Stiftungen
und diesen gleichgestellte Stiftungen
§ 13
Begriffsbestimmung
a) von einer Kirche oder einer einer Kirche
zuzuordnenden Einrichtung zur Wahrnehmung überwiegend kirchlicher, auch
diakonischer oder karitativer Aufgaben errichtet sind und nach
innerkirchlichen Regelungen der Aufsicht einer kirchlichen Stelle unterliegen
oder
b) nach dem Willen der Stifterin oder des Stifters überwiegend kirchlichen,
auch diakonischen oder karitativen Zwecken dienen und der Aufsicht einer
kirchlichen Stelle unterliegen sollen.
(2) Den kirchlichen Stiftungen gleichgestellt sind bürgerlich-rechtliche
Stiftungen, die
a) von einer öffentlich-rechtlichen Religions- oder
Weltanschauungsgemeinschaft zur Wahrnehmung ihrer religiösen oder
weltanschaulichen Ziele errichtet sind und nach für diese verbindlichen
Regelungen einer besonderen Stiftungsaufsicht unterliegen oder
b) nach dem Willen der Stifterin oder des Stifters den Zielen einer
öffentlich-rechtlichen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft dienen und
einer besonderen Stiftungsaufsicht nach Maßgabe der für diese Religions- oder
Weltanschauungsgemeinschaft verbindlichen Regelungen unterliegen sollen.
§ 14
Anzuwendende Vorschriften
(2) Die Anerkennung als kirchliche Stiftung bedarf der Zustimmung der
zuständigen kirchlichen Behörde.
(3) Für die Statusfeststellung in Zweifelsfällen gilt § 3 mit der Maßgabe,
dass vor einer Entscheidung die Kirche zu hören ist.
(4) Die Eintragung kirchlicher Stiftungen in das Stiftungsverzeichnis (§
12) erfolgt nur im Einvernehmen mit der jeweiligen Stiftung.
(5) Die kirchlichen Stiftungen unterliegen kirchlicher Stiftungsaufsicht.
Die Bestimmungen des 3. Abschnitts finden auf sie keine Anwendung. Den Kirchen
obliegt es, Art und Umfang der erforderlichen Regelungen in
eigener Verantwortlichkeit zu treffen. Maßnahmen nach § 87 BGB
ergehen nur im Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen Behörde. Die hierzu
erlassenen Bestimmungen in kirchlichen Stiftungsordnungen werden auch im
Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen veröffentlicht.
(6) Über eine Satzungsänderung gemäß § 5 Abs. 1 ist die zuständige
kirchliche Behörde zu unterrichten. Eine Entscheidung gemäß § 5 Abs. 2 bedarf
der Zustimmung der zuständigen kirchlichen Behörde.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten für die den kirchlichen Stiftungen
gleichgestellten Stiftungen entsprechend.
6. Abschnitt
Zuständigkeiten
§ 15
Zuständige Behörden
(1) Oberste Stiftungsaufsichtsbehörde ist das Innenministerium.
(2) Stiftungsaufsichtsbehörden sind die Bezirksregierungen, soweit
sich nicht aus Absatz 3 etwas anderes ergibt. Diesen obliegt auch die Führung
und Aktualisierung des öffentlichen Stiftungsverzeichnisses und die Ausstellung
der Vertretungsbescheinigungen (§ 12). Örtlich zuständig ist die
Bezirksregierung, in deren Bezirk die Stiftung ihren Sitz hat oder haben soll.
(3) Die Anerkennung einer Stiftung,
an der der Bund, das Land oder eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen
Rechts, die unmittelbar der Aufsicht der Landesregierung oder oberster
Landesbehörden unterliegt, als Stifterin oder Stifter oder Zustifterin
oder Zustifter beteiligt werden soll, ist dem
Innenministerium vorbehalten. Entsprechendes gilt für Entscheidungen und Maßnahmen
nach § 5 Abs.2 Satz 3, § 7 Abs.3 und §§ 8 bis 11 in Bezug auf Stiftungen, an
denen eine dieser Körperschaften oder Anstalten als Stifterin oder Zustifterin beteiligt ist. Das Innenministerium kann den
Bezirksregierungen die Durchführung erforderlicher Prüfungen übertragen.
7. Abschnitt
Schlussbestimmungen
§ 16
Verwaltungsvorschriften
Das Innenministerium erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes
erforderlichen Verwaltungsvorschriften.
§ 17
In- Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Es tritt
nach Ablauf von 5 Jahren außer Kraft.
(2) Gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes treten das
Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (StiftG NW) vom 21. Juni 1977 (GV. NRW. S. 274) und die Verordnung zur Übertragung von
Zuständigkeiten nach dem Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (ZustVOStiftG NW) vom 2. Dezember 1995 (GV. NRW. S. 1198)
außer Kraft.
Düsseldorf, den 15. Februar 2005
Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
Der Ministerpräsident
Peer S t e i n b r ü c k
(L. S.)
Dr. Fritz B e h r e n s
GV. NRW. 2005 S. 52