Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2016 Nr. 7 vom 16.3.2016 Seite 145 bis 172
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 123–39.14.02-15-044 - vom 1. Januar 2016 |
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 123–39.14.02-15-044 - vom 1. Januar 2016
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Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen
Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales -
123–39.14.02-15-044 -
vom 1. Januar 2016
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen
1.1
Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der
Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung Zuwendungen für die
soziale Beratung von ausländischen Flüchtlingen. Als Flüchtlinge im Sinne
dieser Richtlinien gelten Personen mit Fluchthintergrund, die nicht über einen
auf Dauer angelegten Aufenthaltstitel verfügen.
1.2
Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Es handelt sich
um eine freiwillige Leistung des Landes Nordrhein-Westfalen, über deren Vergabe
die Bewilligungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel entscheidet.
2
Gegenstand der Förderung
2.1
Das Land fördert
a) Beratungsstellen und Psycho-Soziale-Zentren,
b) dezentrale Beschwerdestellen,
c) eine Fachbegleitung der Asylverfahrensberatung,
d) die Schulung und Qualifizierung im Bereich der Flüchtlingsarbeit und
e) Koordinatoren für die Beratungstätigkeit beziehungsweise Personal, das diese bei ihrer Tätigkeit unterstützt.
2.2
Beratungsstellen im Sinne dieser Richtlinien sind Einrichtungen, die Beratungen
in Fragen der Aufnahme, des Aufenthalts und der Aufenthaltsbeendigung anbieten.
Psycho-Soziale-Zentren bieten darüber hinaus noch eine therapeutische Betreuung
und Begleitung an. Beratungsstellen und Psycho-Soziale-Zentren sollen zur
Sicherstellung einer landesweiten Versorgung der Flüchtlinge im Land verteilt
sein. Dezentrale Beschwerdestellen sind im Bereich der
regulären Erstaufnahme- und Unterbringungseinrichtungen des Landes tätig.
Die Beratungen sollen umfassen:
2.2.1
Bei Fragen der Aufnahme
a) Verfahrensberatung von Flüchtlingen und konkrete Hilfestellung bei asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen,
b) fachliche Unterstützung in Behördenangelegenheiten,
c) allgemeine Orientierungshilfe,
d) Beratung bei medizinischen Problemen.
2.2.2
Bei Fragen des Aufenthalts
a) Information und Hilfestellung bei asyl-, aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragen,
b) Beratung von Flüchtlingen beim Auftreten von Problemen im sozialen, psychischen, gesundheitlichen und persönlichen Bereich.
2.2.3
Bei Fragen der Aufenthaltsbeendigung
a) Rückkehr- und Reintegrationsberatung sowie konkrete Hilfestellungen bei Weiterwanderungs- und Rückkehrabsichten,
b) Informationsvermittlung zu Programmen der Rückkehr- und Reintegrationsförderung, insbesondere von Bund und Land,
c) Vermittlung von Kontakten zu sozialen Hilfs- beziehungsweise Menschenrechtsorganisationen in den Herkunftsländern beziehungsweise in den Drittstaaten.
2.2.4
Zu den Beratungen gehören die allgemeinen Maßnahmen
a) Beratung und Weiterbildung von Multiplikatoren/Öffentlichkeitsarbeit,
b) Initiierung und Organisation von Projekten und speziellen Angeboten zu flüchtlingsrelevanten Themen oder für einzelne Flüchtlingsgruppen,
c) Förderung und Sicherstellung eines Erfahrungsaustausches auf örtlicher und regionaler Ebene,
d) Stärkung der ehrenamtlichen Arbeit,
e) Wahrnehmen einer Mittlerfunktion zwischen Flüchtlingen und Behörden, am Verfahren beteiligten Stellen, Wohnbevölkerung und/oder anderen Anbietern sozialer Arbeit.
2.2.5
Bei einer Rechtsberatung sind die Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes
vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840), das zuletzt durch Artikel 142 der
Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, zu
beachten. Pflichtaufgaben anderer Stellen werden durch die Beratungen nicht
ersetzt.
2.3
Die dezentralen Beschwerdestellen nehmen Beschwerden der Flüchtlinge in den
regulären Erstaufnahme- und Unterbringungseinrichtungen des Landes entgegen.
Sie initiieren und unterstützen möglichst unmittelbare und unbürokratische
Problemlösungen. Beschwerden, die vor Ort nicht gelöst werden können, werden in
die nächste Stufe des Beschwerdemanagements weitergeleitet. Grundlage ist das
jeweils gültige Konzept des Beschwerdemanagements.
2.4
Die Arbeit der Fachbegleitung der Asylverfahrensberatung umfasst die
übergeordnete Funktion für die Asylverfahrensberatungsstellen. Sie unterstützt
die dezentralen Beschwerdestellen bei der Problemlösung.
2.5
Die Schulung und Qualifizierung im Bereich der Flüchtlingsarbeit, insbesondere
der landesgeförderten Beraterinnen und Berater, werden durch die Förderung von
Fachstellen unterstützt.
2.6
Die Koordinatoren beziehungsweise Personal, das diese bei ihrer Tätigkeit unterstützt,
gewährleisten eine kontinuierliche fachliche und förderbezogene
Praxisbegleitung. Eine Förderung entfällt, wenn für die entstehenden
zuwendungsfähigen Personal- und Sachausgaben anderweitige Mittel nach dieser
Richtlinie in Anspruch genommen werden.
3
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind Verbände und Organisationen, die einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen angehören, die sich als Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung in Nordrhein-Westfalen zusammengeschlossen haben sowie andere gemeinnützige verbandsunabhängige Träger. Gemeinden und Gemeindeverbände können keine Förderung im Sinne dieser Richtlinie erhalten.
Verbände und Organisationen, die die Träger der Verfahrensberatungsstellen oder der dezentralen Beschwerdestellen stellen gehören nicht einem Verband oder einer Organisation an, die den Betreuungsverband in der gleichen Erstaufnahme- und Unterbringungseinrichtungen des Landes stellen.
Die Zuwendungsempfänger stellen eine vertrauensvolle und loyale Zusammenarbeit mit allen Beteiligten sowie eine entsprechende Zusammenarbeit mit anderen vom Land geförderten Stellen sicher.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Die Landesarbeitsgemeinschaft des Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege
des Landes Nordrhein-Westfalen und die Kooperationspartner
der Flüchtlingsberatung in Nordrhein-Westfalen müssen für die Verbände
und Organisationen, die einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege des
Landes Nordrhein-Westfalen angehören oder die
sich als Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung in Nordrhein-Westfalen
zusammengeschlossen haben, ein Konzept vorlegen. Die Träger der unter Nummer
2.1 Buchstabe a bis e genannten Stellen können auf Grundlage dieses Konzeptes
gefördert werden.
Verbandsunabhängige Träger müssen ebenfalls ein Konzept vorlegen.
Bestandteil des vorzulegenden Konzeptes ist die Darlegung
a) des örtlichen und fachlichen Beratungsbedarfs (Ist-Zustand, Prognose, Maßnahmen) und
b) der Einbindung in die regionale Verteilung der Beratungsstellen im Land.
4.2
Bei Psycho-Sozialen-Zentren müssen mindestens zwei hauptberufliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umfang einer Vollzeitstelle, davon
mindestens eine medizinische Fachkraft mit mindestens eine halbe Stelle (siehe
Nummer 4.3), beschäftigt sein. Bei Verfahrensberatungsstellen, dezentralen
Beschwerdestellen, regionalen Beratungsstellen und Rückkehrberatungsstellen
muss eine Beschäftigung im Umfang einer Teilzeitstelle (mindestens eine halbe
Stelle) gegeben sein. Soweit tarifvertraglich nichts anderes vereinbart ist,
ist dabei die für den öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen
vereinbarte Wochenarbeitszeit zugrunde zu legen.
4.3
Es soll vorrangig Personal mit einer fachlichen Ausbildung beschäftigt werden.
In den Beratungsstellen sind dies insbesondere die Fachrichtungen Sozialarbeit,
Soziologie oder Pädagogik. In den Psycho-Sozialen-Zentren soll Personal
eingesetzt werden, welches insbesondere die Befähigung für eine Tätigkeit im
Psycho-Sozialen-Zentrum erworben hat (Medizin, Psychologie oder Psychiatrie).
Bei der Einstellung des Beratungspersonals können Personen, die aufgrund längeren Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland mit den hiesigen Verhältnissen vertraut sind und eine Befähigung für die Beratung in der Flüchtlingsarbeit erworben haben, angemessen berücksichtigt werden.
4.4
Die Beratungsstelle muss vorrangig Beratungen für Flüchtlinge im Sinne dieser
Richtlinie (siehe Nummer 1.1), die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben,
durchführen. Der Anteil anderweitiger Beratungen beziehungsweise Tätigkeiten
soll 10 Prozent der durchgeführten Beratungen nicht überschreiten.
4.5
Vorrangig sind bei der Förderung von Beratungsstellen die Standorte von
Landeseinrichtungen - Flughafen Düsseldorf, Erstaufnahme- und Zentrale
Unterbringungseinrichtungen (EAE/ZUE) - zu berücksichtigen.
5
Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungsart:
Projektförderung
5.2
Finanzierungsart:
Festbetragsfinanzierung
5.3
Form der Zuwendung:
Zuschuss
5.4
Bemessungsgrundlage
5.4.1
Das Land fördert die unter Nummer 2.1 genannten Tätigkeiten durch Zuwendungen
für die Beschäftigung von Fachkräften. Darüber
hinaus wird eine einmalige Pauschale für eine erstmalige Büroausstattung pro
geförderter Vollzeitstelle bei der unter Nummer 2.1 Buchstabe a bis d
bezeichneten Tätigkeit gewährt. Des Weiteren wird eine Sachausgabenpauschale
pro geförderter Stelle bei der unter Nummer 2.1 Buchstabe a bis d bezeichneten
Tätigkeit gewährt. Für die Aufgabe der Koordinatoren beziehungsweise Personal,
das diese bei ihrer Tätigkeit unterstützt, Nummer 2.1 Buchstabe e, wird eine
Verwaltungsausgabenpauschale gewährt.
5.4.2
Der Bemessung der Zuwendung ist die
Beschäftigung von Vollzeitkräften (siehe Nummer 4.2) zugrunde zu legen.
Zuwendungsfähig sind Personalausgaben und Sachausgaben.
5.4.3
Bei einer nicht ganzjährigen Anstellung oder bei einem Wegfall des Anspruchs
auf Vergütung mindert sich der Jahres-Zuwendungsbetrag pro Vollzeitstelle für
jeden vollen Kalendermonat der Nichtbeschäftigung oder einer fehlenden
Vergütungsverpflichtung um ein Zwölftel. Bei Teilzeitkräften vermindert sich in
vergleichbaren Fällen der Zuwendungsbetrag entsprechend anteilig. Dies gilt
nicht für die Pauschale der Koordinatoren.
5.4.4
Stellenanteile unter 0,25 sind nicht förderfähig. Bereits geförderte
Stellenanteile unter 0,25 bleiben bestehen, sofern kein Personalwechsel
erfolgt.
5.5
Höhe der Zuwendung
5.5.1
Die Zuwendung beträgt maximal 99 Prozent der
zuwendungsfähigen Gesamtausgaben gemäß Nummer 5.4.
Der Richtliniengeber bestimmt die Gesamtanzahl der geförderten Vollzeitstellen sowie die Höhe der jährlichen Zuwendung pro Vollzeitstelle für die Personalausgaben und die Sachausgabenpauschale sowie die Verwaltungsausgabenpauschale durch gesonderten Erlass, dessen Inhalt zeitnah veröffentlich wird.
5.5.2
Bei Beratungsstellen im Sinne der Nummer 2.1
Buchstabe a bis d dieser Richtlinien kann für die erstmalige
Büroausstattung eine einmalige Pauschale in Höhe von bis zu 3 000 Euro gewährt
werden.
6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1
Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet, an dem vorgegebenen
elektronischen Controlling-Verfahren teilzunehmen und der Bewilligungsbehörde
jährlich den Controlling-Bericht mit dem Verwendungsnachweis vorzulegen.
6.2
Der Bewilligungsbehörde wird die Befugnis für die Zulassung von Ausnahmen im
Einzelfall nach Nummer 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu § 44
Landeshaushaltsordnung übertragen, sofern
Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und ein prüffähiger Förderantrag
vorliegt.
6.3
Der Bewilligungsbehörde wird die Befugnis für die Entscheidung von Ausnahmen
für die Qualifikationsanforderung nach Nummer 4.3 dieser Richtlinie
übertragen.
7
Verfahren
7.1
Die Anträge sind nach dem vorgesehenen Muster (Anlage 1) vorzulegen.
Anträge der Verbände und Organisationen, die einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen angehören, sind über den jeweils zuständigen Spitzenverband der Bewilligungsbehörde vorzulegen. Die Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung des Landes Nordrhein-Westfalen legen die Anträge auf Grundlage des eingereichten Konzeptes unmittelbar der Bewilligungsbehörde vor. Verbandsunabhängige Träger reichen die Anträge ebenfalls unmittelbar ein.
7.2
Die Anträge für das kommende Kalenderjahr sollen grundsätzlich bis zum 15.
November des Vorjahres der Bewilligungsbehörde vorliegen.
7.3
Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung Arnsberg. Die Zuwendung ist nach
dem vorgesehenen Muster (Anlage 2) zu bewilligen. Vollständig eingereichte
Anträge sollen spätestens bis zum 30. Juni des Förderjahres beschieden sein.
7.4
Die Auszahlung des Zuwendungsbetrages erfolgt jeweils zur Hälfte in zwei
Teilbeträgen in einem Haushaltsjahr.
Die Auszahlung des ersten Teilbetrages erfolgt nach Bestandskraft des Zuwendungsbescheides, die Auszahlung des zweiten Teilbetrages erfolgt zum 01. Oktober des Haushaltsjahres. Die Nummer 7.2 der Verwaltungsvorschriften beziehungsweise die Nummern 1.4 und 5.4 der ANBest-P zu § 44 Landeshaushaltsordnung werden insoweit ausgenommen.
7.5
Von den Zuwendungsempfängern ist ein Verwendungsnachweis nach dem vorgesehenen
Muster (Anlage 3) zu verlangen. Die Nummern 6.4 und 6.5 der ANBest-P
zu § 44 Landeshaushaltsordnung finden keine Anwendung.
Dieser Verwendungsnachweis ist der Bewilligungsbehörde über den jeweiligen Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen bis zum 30. Juni nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes vorzulegen. Die Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung des Landes Nordrhein-Westfalen und sonstige verbandsunabhängige Träger legen den Verwendungsnachweis unmittelbar der Bewilligungsbehörde bis zum 30. Juni nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes vor.
8
Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Januar 2016 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.
- MBl. NRW. 2016 S. 149