Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2020 Nr. 36 vom 18.12.2020 Seite 843 bis 878
Besondere Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung der zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur Kieferorthopädieassistentin oder zum Kieferorthopädieassistenten |
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Besondere Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung der zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur Kieferorthopädieassistentin oder zum Kieferorthopädieassistenten
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Besondere Rechtsvorschriften
für die Fortbildungsprüfung
der zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur
Kieferorthopädieassistentin oder zum Kieferorthopädieassistenten
Vom 24. Mai 2019
Inhalt
§ 1 Ziel der Prüfung und Bezeichnung des Abschlusses
§ 2 Zulassungsvoraussetzungen
§ 3 Inhalt der Prüfung
§ 4 Gliederung der Prüfung
§ 5 Schriftliche Prüfung
§ 6 Praktische Prüfung und Fachgespräch
§ 7 Anrechnung anderer Prüfungsleistungen
§ 8 Bewertung von Prüfungsleistungen
§ 9 Bestehen der Prüfung
§ 10 Wiederholungsprüfung
§ 11 Übergangsvorschriften
§ 12 Inkrafttreten
Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe hat in ihrer Sitzung vom 24. Mai 2019 aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses vom 8. Mai 2019 gem. § 54 in Verbindung mit § 56 und § 79 Absatz 4 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2522) die folgenden „Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung der Zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur Kieferorthopädieassistentin oder zum Kieferorthopädieassistenten“ als Anlage zur Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen vom 16. November 2012 (MBL. NRW. 2014 S. 390) beschlossen:
§ 1
Ziel der Abschlussprüfung und Bezeichnung des Abschlusses
(1) Zum Nachweis von erweiterten Handlungsfähigkeiten, die im Rahmen der Aufstiegsfortbildung zur/zum „Kieferorthopädieassistentin / Kieferorthopädieassistenten" erworben wurden, führt die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe als zuständige Stelle gem. § 71 Absatz 6 BBiG Prüfungen nach den §§ 2 - 10 dieser Rechtsvorschriften durch.
(2) Durch die Prüfung ist festzustellen, ob die Prüfungsteilnehmer/innen die notwendigen Qualifikationen erworben haben, um in den Praxen eigenverantwortlich nach Delegation im rechtlich zulässigen Rahmen die komplexen fachlichen Anforderungen der Aufgabenfelder auszuüben. Des Weiteren soll die Fähigkeit nachgewiesen werden, Behandlungsmaßnahmen in assistierender Funktion auf sich verändernde Standards anforderungsbezogen umzusetzen.
Die Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sollen insbesondere die Qualifikation und Befähigung erlangen
a) kieferorthopädische Befunde in fachbezogener Zusammenarbeit und mit Hilfe moderner EDV-gestützter Verfahren zu erheben, zu dokumentieren und zu analysieren,
b) Patienten zu nachhaltig kieferorthopädischer Kariesprävention und Prophylaxe zu instruieren,
c) kieferorthopädische Maßnahmen auf Anweisung des Zahnarztes, insbesondere für festsitzende Behandlungsapparaturen, vorzubereiten, durchzuführen und nachzubereiten,
d) kieferorthopädische Leistungen unter Berücksichtigung der Vertragsgrundlagen abzurechnen,
e) kommunikative Kompetenzen patientenbezogen einzusetzen und Patienten nachhaltig durch Vermittlung fachlicher Grundlagen unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten zur Verhütung von Zahnstellungs- und Kieferanomalien zu motivieren und
f) Arbeitsprozesse am eigenen Arbeitsplatz und im Team organisatorisch zu steuern, sicherzustellen und zu evaluieren.
(3) Die erfolgreich absolvierte Prüfung führt zum Abschluss „Kieferorthopädieassistentin“ oder „Kieferorthopädieassistent.“
§ 2
Zulassungsvoraussetzungen
(1) Zur Prüfung ist zuzulassen, wer
a) eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung als „Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r“ oder „Zahnarzthelfer/in“ oder einen gleichwertigen Abschluss,
b) eine in der Regel mindestens einjährige Tätigkeit in einer kieferorthopädischen Praxis oder einer Zahnarztpraxis mit kieferorthopädischen Behandlungen und
c) die Teilnahme an einem Kurs „Maßnahmen im Notfall (Herz-Lungen-Wiederbelebung)“ mit mindestens neun Unterrichtsstunden nachweist. Der Nachweis darf zum Zeitpunkt des Kursbeginns nicht älter als zwei Jahre sein.
(2) Für die Entscheidung zur Prüfungszulassung gelten die §§ 8 - 10 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen entsprechend.
§ 3
Inhalt der Prüfung
(1) Die Fortbildungsprüfung erstreckt sich auf die im § 4 aufgeführten Prüfungsbereiche, ggf. unter Berücksichtigung einer Befreiung gem. § 7 Absatz 1.
(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen sowie aus einem praktischen Teil in Verbindung mit einem Fachgespräch.
(3) Soweit die Fortbildung in modularer Struktur durchgeführt wird, findet die Prüfung der jeweiligen Qualifikationsschwerpunkte schriftlich nach Abschluss des jeweiligen Fortbildungsmoduls statt. Nach Absolvierung und Bestehen des letzten Fortbildungsmoduls (Modul III) erfolgt die praktische Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch.
§ 4
Gliederung der Prüfung
Die Prüfung besteht aus den Modulen I bis III gem. der Fortbildungsordnung für die Durchführung der beruflichen Aufstiegsfortbildung der Zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur „Kieferorthopädieassistentin“ oder zum „Kieferorthopädieassistenten“.
Modul I: Grundlagen, Prophylaxe, klassische kieferorthopädische Behandlungsapparaturen und kieferorthopädische Abrechnung mit den Qualifikationsschwerpunkten Anatomie, Prophylaxe, klassische kieferorthopädische Behandlungsapparaturen und kieferorthopädische Abrechnung
Modul II: Kieferorthopädische Befunderhebung und spezielle kieferorthopädische Behandlungsapparaturen I mit den Qualifikationsschwerpunkten Anamnese und Klinische Diagnostik, Röntgenbefunde, Fotografie, Abformungen und Bissnahme, Modelle, Besonderheiten unterschiedlicher Behandlungsstrategien und -zeitpunkte und spezielle kieferorthopädische Behandlungsapparaturen I
Modul III: Digitalisierung, Praxisorganisation und Spezialdisziplinen der Kieferorthopädie mit den Qualifikationsschwerpunkten Patientenrecht, Praxisorganisation und Kommunikationstechniken, Digitalisierung, spezielle kieferorthopädische Behandlungsapparaturen II und Spezialdisziplinen
§ 5
Schriftliche Prüfung
(1)
In jedem der gemäß § 4 genannten Module einschließlich aller Qualifikationsschwerpunkte
ist eine schriftliche Prüfung in Form von komplexen anwendungsbezogenen
Aufgabenstellungen durchzuführen.
(2) Die Bearbeitungsdauer beträgt je Modulprüfung 90 Minuten.
§ 6
Praktische Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch
(1) Zur praktischen Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch ist zuzulassen, wer die erfolgreiche Teilnahme an der schriftlichen Prüfung der Module I, II und III sowie die in § 6 Absatz 2 Satz 2 Buchst. a) und b) gem. der Fortbildungsordnung für die Durchführung der beruflichen Aufstiegsfortbildung der Zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur „Kieferorthopädieassistentin“ oder zum „Kieferorthopädieassistenten“ geforderten Testate nachweist.
(2) Die praktische Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch erstreckt sich inhaltlich auf alle drei Module und kann auch als Gruppenprüfung durchgeführt werden.
(3) Die Prüfungsdauer je Prüfungsteilnehmerin / Prüfungsteilnehmer soll 90 Minuten nicht überschreiten.
(4) In der praktischen Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch hat die Prüfungsteilnehmerin / der Prüfungsteilnehmer eine praktische Prüfung durchzuführen, in der die erworbenen Kompetenzen nachgewiesen und angewandt werden sollen. Im anschließenden Fachgespräch werden vertiefende oder erweiterte Aufgabenstellungen aus der praktischen Übung und den Modulen I bis III geprüft.
§ 7
Anrechnung anderer Prüfungsleistungen
(1) Prüfungsteilnehmerin / der Prüfungsteilnehmer ist auf Antrag von der Ablegung einzelner Module / Prüfungsbestandteile durch die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe zu befreien, wenn sie / er eine andere vergleichbare Prüfung vor einer öffentlichen oder staatlich anerkannten Bildungseinrichtung oder vor einem staatlichen Prüfungsausschuss erfolgreich abgelegt hat und die Anmeldung zur Fortbildungsprüfung innerhalb von fünf Jahren nach Bekanntgabe des Bestehens der anderen Prüfung erfolgt (§ 56 Abs. 2 BBiG).
(2) Anträge auf Befreiung von Prüfungsbestandteilen sind zusammen mit dem Zulassungsantrag schriftlich bei der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe zu stellen. Die Nachweise über Befreiungsgründe im Sinne von Abs. 1 sind beizufügen und müssen die Prüfungsleistungen mit Bezeichnung des Moduls / Prüfungsbereiches, den geprüften Inhalt, die Prüfungsdauer und die Bewertung resp. das Bewertungssystem der abgelegten Prüfung dokumentieren.
(3) Prüfungsleistungen sind im Sinne einer Gesamtbetrachtung gleichwertig, wenn sie den besonderen Anforderungen dieser Aufstiegsfortbildung in Zielen, Inhalten, Umfang und Kompetenzen entsprechen.
(4) Eine vollständige Befreiung von allen schriftlichen Modulprüfungen ist ausgeschlossen, ebenso die Befreiung von der praktischen Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch.
§ 8
Bewertung von Prüfungsleistungen
(1) Die Prüfungsleistungen sind wie folgt zu bewerten:
Eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung
= 100 – 92 Punkte = Note 1 = sehr gut;
eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung
= unter 92 – 81 Punkte = Note 2 = gut;
eine den Anforderungen im Allgemeinen entsprechende Leistung
= unter 81 – 67 Punkte = Note 3 = befriedigend;
eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht
= unter 67 – 50 Punkte = Note 4 = ausreichend;
eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass gewisse Grundkenntnisse noch vorhanden sind
= unter 50 – 30 Punkte = Note 5 = mangelhaft;
eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst Grundkenntnisse fehlen
= unter 30 – 0 Punkte = Note 6 = ungenügend.
Der Hundert-Punkte-Schlüssel ist der Bewertung aller Prüfungsleistungen sowie der Ermittlung von Zwischen- und Gesamtergebnissen zugrunde zu legen.
(2) Soweit bei der Bewertung Mittel zu errechnen und diese in ganzen Noten festzustellen sind, ist bei den Werten bis 0,49 abzurunden.
§ 9
Bestehen der Prüfung
(1) Die schriftlichen Prüfungen nach § 5 und die praktische Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch nach § 6 werden jeweils einzeln mit einer Endnote bewertet.
(2) Die Fortbildungsprüfung ist bestanden, wenn in allen schriftlichen Prüfungsbereichen und in der praktischen Prüfung in Verbindung mit einem Fachgespräch jeweils mindestens ausreichende Leistungen erbracht wurden.
(3) Über das Bestehen der Fortbildungsprüfung ist ein Prüfungszeugnis gem. § 24 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen auszustellen, aus dem sich die in den einzelnen Prüfungsfächern erzielten Bewertungen ergeben müssen.
(4) Im Falle der Befreiung von der Prüfung in einzelnen Modulen gem. § 7 sind Ort, Datum, Note sowie die jeweilige Prüfungsinstanz der anderweitig abgelegten Prüfung anzugeben.
(5) Eine bestandene Fortbildungsprüfung sowie bestandene Prüfungen nach §§ 5 und 6 können nicht wiederholt werden.
§ 10
Wiederholungsprüfung
(1) Eine Fortbildungsprüfung, die nicht bestanden ist, kann zweimal wiederholt werden. Prüfungen nach §§ 5 und 6, die nicht bestanden sind, können zweimal wiederholt werden, wenn ihr Bestehen Voraussetzung für die Zulassung zu einem weiteren Prüfungsteil ist. Es gelten die in der Wiederholungsprüfung erzielten Ergebnisse.
(2) Hat die Prüfungsteilnehmerin / der Prüfungsteilnehmer bei nicht bestandener Prüfung in einer selbständigen Prüfungsleistung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 der Prüfungsordnung) mindestens ausreichende Leistungen erbracht, so ist diese auf Antrag der Prüfungsteilnehmerin / des Prüfungsteilnehmers nicht zu wiederholen, sofern die Prüfungsteilnehmerin / der Prüfungsteilnehmer sich innerhalb von zwei Jahren – gerechnet vom Tage der Mitteilung des Ergebnisses der nicht bestandenen Prüfung an – zur Wiederholungsprüfung anmeldet. Die Bewertung einer selbstständigen Prüfungsleistung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 der Prüfungsordnung) ist im Rahmen der Wiederholungsprüfung zu übernehmen.
(3) Die Prüfung kann frühestens zum nächsten Prüfungstermin (§ 7 der Prüfungsordnung) wiederholt werden.
§ 11
Übergangsvorschriften
Zahnmedizinische Fachangestellte oder Zahnarzthelferinnen / Zahnarzthelfer, die sich bei Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften bereits in der Fortbildung zur Zahnmedizinischen Kieferorthopädieassistentin / zum Zahnmedizinischen Kieferorthopädieassistenten befinden, haben die Fortbildung nach den Bestimmungen der bisher geltenden Rechtsvorschriften bis zum 31. Dezember 2021 zu beenden.
§ 12
Inkrafttreten
(1) Diese „Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung der Zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur Kieferorthopädieassistentin oder zum Kieferorthopädieassistenten“ treten am Tage nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen am …. in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten die „Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung der Zahnmedizinischen Fachangestellten oder Zahnarzthelfer/innen zur Zahnmedizinischen Kieferorthopädieassistentin oder zum Zahnmedizinischen Kieferorthopädieassistenten“ der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe vom 12. Mai 2001 (Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen, 2003, S. 216) außer Kraft.
Ausgefertigt:
Münster, den 18. November 2019
Dr. Klaus B a r t l i n g
Präsident der Zahnärztekammer
Westfalen-Lippe
Genehmigt:
Düsseldorf, den 9. November 2020
Ministerium für Arbeit, Gesundheit
und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
Az.: V A 1 – G.0107
Im Auftrag
Dr. Stollmann
Ausgefertigt zum Zwecke der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen
Münster, den 4. Dezember 2020
Jost R i e c k e s m a n n
Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe
- MBl. NRW. 2020 S. 844