Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 28 vom 21.7.2022 Seite 643 bis 652

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Klimawandelvorsorge in Kommunen (RL KliWaVo)
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Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Klimawandelvorsorge in Kommunen (RL KliWaVo)

751

Richtlinie
über die Gewährung von Zuwendungen
zur Klimawandelvorsorge in Kommunen
(RL KliWaVo)

Runderlass
des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
- VIII-2 - 61.19.02

Vom 21. Juni 2022

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1
Rechtsgrundlagen

Auf der Grundlage dieser Richtlinie und nach Maßgabe folgender Regelungen in der jeweils geltenden Fassung gewährt das Land Nordrhein-Westfalen Zuwendungen:
a) §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) sowie den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445),
b) Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1; L 283 vom 27.9.2014, S. 65) (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung),
c) Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1) (De-minimis-Verordnung),
d) Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17).

1.2
Zuwendungszweck

Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt nach Maßgabe der in Nummer 1.1 genannten Rechtsgrundlagen Zuwendungen für Maßnahmen, die der Klimawandelvorsorge dienen.

Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die bewilligende Stelle entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

Gegenstand der Förderung sind die im folgenden aufgeführten Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen, die der Klimawandelvorsorge dienen.

Eine Doppelförderung ist ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für Dach- und Fassadenbegrünungen.

2.1
Dach- und Fassadenbegrünung

Ziel ist die Verbesserung des Stadtklimas durch die Begrünung von Dächern und Fassaden.

Gefördert wird die Begrünung von Dächern, zum Beispiel Flachdächern, oder Fassaden durch eine Bepflanzung mit vorrangig mehrjährigen standortgerechten, heimischen oder trockenresistenten Pflanzenarten.

Das Land gewährt den Kommunen zur Realisierung von Maßnahmen der Dach- und Fassadenbegrünung auch Zuwendungen zur Weiterleitung an Dritte.

2.2
Klimaresiliente Schulen und Kitas: „Coole“ Schul- und Kitahöfe

Ziel ist eine klimawandelangepasste Umgestaltung von Schul- und Kitahöfen. Es werden den Schulen und Kitas Mittel zur (teilweisen) Entsiegelung und Begrünung ihrer Höfe und Außengelände gewährt.

Gefördert werden investive Maßnahmen auf Schul- oder Kitahöfen, die zu einer Abmilderung der Auswirkungen des Klimawandels führen und somit der Klimawandelvorsorge dienen. Förderfähige Maßnahmen müssen so ausgestaltet sein, dass sie der Wasserversickerung, -speicherung oder Abmilderung von Hitze dienen. Dazu zählen beispielsweise folgende Maßnahmen:

- Entsiegelung und Begrünung von (teil)versiegelten Schul- beziehungsweise Kitahöfen,
- Anlegen eines Schul- beziehungsweise Kitagartens, Biotops, grünen Klassenzimmers,
- Anlegen von Wegen mit wasserdurchlässigen Belägen,
- Anlegen von Mulden oder Rigolen zur Regenwasserversickerung und eventuell -speicherung,
- Baum- und Strauchpflanzungen.

2.3
Hitzeaktionspläne als Modellprojekte

Ziel ist die Unterstützung von Kommunen bei der Erstellung von Hitzeaktionsplänen, die mittels Verhaltensmaßnahmen und verhältnispräventiver Maßnahmen die Hitze- und – soweit mit den gleichen Maßnahmen möglich – die Ultraviolettstrahlen-Exposition reduzieren, um hitze- und ultraviolettstrahlenbedingten Erkrankungen und möglichen Todesfällen vorzubeugen.

Gefördert wird die Erstellung von kommunalen (modellhaften), intersektoral angelegten Hitzeaktionsplänen die auch zielgruppenspezifisch, thematisch oder räumlich abgegrenzt sein dürfen. Förderfähig sind auch Hitzeaktionspläne vorbereitende Untersuchungen, Erhebungen sowie Maßnahmen, Veranstaltungen und Kommunikationssysteme im Rahmen von Beteiligungsverfahren. Dabei sind die Handlungsempfehlungen der gemeinsamen Bund/Länder Ad-hoc Arbeitsgruppe "Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels" (GAK- BMU 2017) sowie die „Arbeitshilfe zur Entwicklung und Implementierung eines Hitzeaktionsplans für Städte und Kommunen“ der Fachhochschule Fulda (2021) zu berücksichtigen.

3
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfangende sind nordrhein-westfälische Gemeinden (Kommunen) sowie deren Zusammenschlüsse (Gemeindeverbände).

Die Zuwendungsempfangenden dürfen die Zuwendungen im Sinn von Nummer 2.1 zur Erfüllung des Zuwendungszwecks an Privatpersonen und juristische Personen des Privatrechts und öffentlichen Rechts (nachfolgend: „Dritte“) gemäß Nummer 12 der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden zu § 44 der Landeshaushaltsordnung weiterleiten. Die Zuwendungen dürfen nur an andere Empfänger als Gemeinden und Gemeindeverbände weitergeleitet werden.

4
Zuwendungsvoraussetzungen

4.1
Geförderte Vorhaben müssen auf dem Gebiet der antragstellenden Gemeinde beziehungsweise Gemeindeverbandes in Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden.

4.2
Geförderte Vorhaben müssen einen Beitrag zur Klimawandelvorsorge leisten. Bei der Antragstellung ist daher die mögliche Betroffenheit durch den Klimawandel mit Hilfe von Nachweisen oder Erläuterungen darzustellen, die die beantragte Maßnahme begründet.

Die Herleitung des Bedarfs zur Umsetzung von Maßnahmen zur Klimawandelvorsorge beziehungsweise der Nachweis der Betroffenheit durch den Klimawandel kann beispielsweise erfolgen durch entsprechende inhaltliche Verweise auf:
a) ein vorliegendes Klimaanpassungskonzept,
b) ein vorliegendes Teilkonzept mit dem Schwerpunkt „Anpassung an den Klimawandel“,
c) ein Kapitel zur Klimaanpassung in einem vorliegenden Klimaschutzkonzept,
d) eine vorhandene Stadtklimaanalyse oder ein vorhandenes Stadtklimagutachten, eine siedlungsklimatische Modellierung, eine Klimafunktionskarte oder Planungshinweiskarte Stadtklima.

Für die Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen nach Nummer 2.1 gelten folgende, spezielle Regelungen:

a) Es sind vorrangig mehrjährige standortgerechte heimische oder trockenresistente Pflanzenarten für die Begrünung zu verwenden.

b) Nicht förderfähig sind Maßnahmen, die auf das Aufstellen von Pflanzkübeln oder ähnlichem beschränkt sind.

c) Nicht förderfähig ist die Überprüfung der Statik.

5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart: Projektförderung

5.2
Finanzierungsart: Anteilfinanzierung

5.3
Form der Zuwendung: Zuweisung

5.4.
Zuwendungsfähige Ausgaben

Zuwendungsfähig sind die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung der unter Nummer 2 genannten Fördergegenstände stehenden und zur Zielerreichung notwendigen Ausgaben.

Zuwendungsfähige Ausgabenarten sind:

5.4.1
Ausgaben für Gutachten und für die Planung,

5.4.2
Ausgaben für bauliche oder technische Maßnahmen,

5.4.3
Ausgaben für die Planung und Installationen der Maßnahmen nach Nummer 5.4.2 durch hierfür nachweisbar qualifiziertes externes Fachpersonal,

5.4.4
Ausgaben für Bepflanzungsmaßnahmen,

5.4.5
Ausgaben für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen oder diese vorbereitende Untersuchungen, Erhebungen sowie Maßnahmen, Veranstaltungen und Kommunikationssysteme im Rahmen von Beteiligungsverfahren.

Je nach Art der geförderten Maßnahmen kann eine Zweckbindung auferlegt werden. Für Flächenentsiegelung, Dach- und Fassadenbegrünungen gelten folgende Zweckbindungsfristen:
a) Flächenentsiegelung: 25 Jahre,
b) Dachbegrünung: 10 Jahre,
c) Fassadenbegrünung: 10 Jahre.

Nicht zuwendungsfähig sind:
a) Ausgaben für genehmigungspflichtige Baumaßnahmen wie Errichtung neuer Gebäude und bauliche Veränderungen an bestehenden Gebäuden,
b) Ausgaben für Maßnahmen, die dem Klimaschutz entgegenwirken,
c) Ausgaben für Maßnahmen an Neubauten, für die noch keine Bauabnahme erfolgt ist,
d) Ausgaben für Verschönerungsmaßnahmen, die keinen Beitrag zur Klimawandelvorsorge leisten,
e) Ausgaben für den Neubau von Garagen sowie weitere Hochbauten, Zierbrunnen, Skulpturen, Mobiliar, PKW-Parkplätze,
f) Ausgaben für technische Anlagen, die nicht in direktem Zusammenhang mit einer Begrünung stehen,
g) Ausgaben für gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen,
h) Personal- und Gemeinausgaben,
i) Eigenleistungen, wie unbezahlte freiwillige Arbeiten oder Sachleistungen, einschließlich Sachspenden,
j) Ausgaben für Grunderwerb und damit im Zusammenhang stehende weitere Ausgaben,
k) Finanzierungskosten, wie Aufwendungen die in Zusammenhang mit der Beschaffung finanzieller Mittel entstehen,
l) nicht in Anspruch genommene Skonti und Rabatte,
m) Bewirtungen,
n) die Umsatzsteuer, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller, beziehungsweise im Fall der Weiterleitung die Empfängerin oder der Empfänger der Zahlung, vorsteuer-abzugsberechtigt ist und
o) Mehrausgaben aufgrund von Preissteigerungen sowie fehlerhafter Kalkulationen und Antragsstellungen, die nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Zuwendungsantrag geltend gemacht werden.

5.5
Höhe der Zuwendung, Bagatellgrenze

Für kommunale Zuwendungsempfänger gilt: Für die Durchführung der Vorhaben können für Gemeinden und Gemeindeverbände Zuwendungen im Wege der Projektförderung gemäß der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung als nicht rückzahlbare Zuweisungen in Höhe von bis zu 100 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt werden.

Im Fall einer Weiterleitung an Dritte durch kommunale Zuwendungsempfänger nach Nummer 2.1 gilt: Die Förderung erfolgt in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses. Die Förderhöhe beträgt maximal 50 Prozent der als zuwendungsfähig anerkannten Ausgaben. Dem Zuwendungsbescheid sind die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung unverändert als Nebenbestimmungen beizufügen.

Eine Zuwendung nach den Nummern 2.1 und 2.2 wird nur gewährt, wenn die Höhe im Einzelfall mehr als 50 000 Euro pro Antrag beträgt. Bei Beantragung mehrerer Einzelmaßnahmen ist ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Maßnahmen erforderlich.

Eine Zuwendung nach Nummer 2.3 wird nur gewährt, wenn die Höhe im Einzelfall mehr als 20 000 Euro pro Antrag beträgt.

Die Höhe der Zuwendungen an Unternehmen beziehungsweise an wirtschaftliche Tätigkeiten ausübende Einheiten im Sinn von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, bemisst sich nach den geltenden EU-Beihilfevorschriften der De-minimis Verordnung oder der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung. Der „Unternehmens“-Begriff des oben genannten Artikels umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art der Finanzierung. Auch eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts kann, je nach Art ihrer Tätigkeit im zu fördernden Vorhaben, vom oben genannten Unternehmensbegriff erfasst sein (Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 262 vom 19.7.2016, S. 1).

5.6
Berechnungsgrundlage

Für die Berechnung der Zuwendung werden die als zuwendungsfähig anerkannten Ausgaben des Vorhabens herangezogen.

6
Verfahren

6.1
Antragsverfahren

Die Antragstellung erfolgt auf der Grundlage eines Antragsvordrucks mit den dort für jede Maßnahme näher bezeichneten Antragsunterlagen. Zuwendungsanträge sind an das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Fachbereich 17, Leibnizstr. 10, 45659 Recklinghausen zu richten.

Der Durchführungszeitraum für Vorhaben endet spätestens am 30. September 2023.

Anträge sind bis zum 30. April 2023 einzureichen.

Der Mittelabruf kann quartalsweise gestellt werden.

6.2
Erforderliche Genehmigungen

Öffentlich-rechtliche und private Genehmigungen, die zur Durchführung des Vorhabens erforderlich sind, sollen mit dem Antrag eingereicht werden und müssen spätestens zum Zeitpunkt der Bewilligung vorliegen.

6.3
Bewilligungsverfahren

Bewilligungsbehörde ist das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen.

6.4
Verwendungsnachweis

Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel ist unter sinngemäßer Anwendung des Grundmusters 3 (Anlage 4 zu Nr. 10 VVG) gegenüber der Bewilligungsbehörde zu erbringen.

Bei weitergeleiteten Zuwendungen legt der Dritte der antragstellenden Kommune einen Nachweis im Sinn der Nummer 6 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung vor.

7
Schlussbestimmung

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2023 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2022 S. 648