Ministerialblatt (MB.NRW)
Ausgabe 2025 Nr. 98 vom 18.9.2025
| Richtlinie zur finanziellen Unterstützung der Kommunen bei der Bekämpfung der im Wildschweinebestand ausgebrochenen Afrikanischen Schweinepest (ASP-Billigkeitsrichtlinie) |
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Richtlinie zur finanziellen Unterstützung der Kommunen bei der Bekämpfung der im Wildschweinebestand ausgebrochenen Afrikanischen Schweinepest (ASP-Billigkeitsrichtlinie)
7831
Richtlinie
zur finanziellen Unterstützung der Kommunen bei der Bekämpfung
der im Wildschweinebestand ausgebrochenen Afrikanischen Schweinepest
(ASP-Billigkeitsrichtlinie)
Runderlass
des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz
IV.7-65.08.03.02 - 001003
Vom 15. September 2025
1
Zweck der Erstattung, Rechtsgrundlagen
1.1
Die
Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine bekämpfungspflichtige Tierseuche und
eine schwere Virusinfektion bei Haus- und Wildschweinen, die in der Regel zum
Tod der Tiere führt und mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden
ist. Nach der ersten amtlichen Feststellung eines Ausbruchs der ASP im Land
Brandenburg im September 2020 hat sich die Tierseuche zunächst aus Richtung
Polen in weiteren Landkreisen und kreisfreien Städten Brandenburgs
ausgebreitet. Auch Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind betroffen. 2022 kam
es zu einem singulären Ausbruch der ASP in einem niedersächsischen
Hausschweinebestand. Zudem ist seit Juni 2024 in Hessen, Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz die ASP in Wildschweinen nachgewiesen worden. In Hessen waren
auch Hausschweinbestände betroffen. Nordrhein-Westfalen ist seit Mitte Juni
2025 von ASP-Nachweisen im Wildschwein in den Kreisen Olpe und
Siegen-Wittgenstein betroffen. Das hat zu Maßnahmen in diesen beiden Kreisen
und im Hochsauerlandkreis geführt. Die in Nordrhein-Westfalen nachgewiesene
ASP-Virusvariante unterscheidet sich von den in Ostdeutschland und Hessen,
Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nachgewiesenen Varianten, sodass zunächst
von einem Punkteintrag ausgegangen werden kann. Der Status „ASP-frei“ setzt
voraus, dass in Nordrhein-Westfalen über einen Zeitraum von zwölf Monaten kein
ASP-Nachweis mehr erfolgt. Die Bekämpfung und Tilgung der ASP im Wildschweinebestand
der Ausbruchsregion wird mehrere Jahre dauern.
Zur
amtlichen Bekämpfung der ASP im Wildschweinebestand sind umfangreiche Schutz-
und Bekämpfungsmaßnahmen erforderlich.
1.2
Die
Maßnahmen gegen die ASP sind insbesondere in folgenden Normen in der jeweils
geltenden Fassung festgelegt:
a) Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.
März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im
Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (ABl. L 84 vom 31.3.2016,
S. 1),
b) Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur
Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des
Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter
gelisteter Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020, S. 64),
c) Durchführungsverordnung (EU) 2023/594 der Kommission vom 16. März 2023 mit
besonderen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische
Schweinepest und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 (ABl.
L 79 vom 17.3.2023, S. 65),
d) Tiergesundheitsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November
2018 (BGBl. I S. 1938) und
e) Schweinepest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 2020
(BGBl. I S. 1605).
1.3
Zwischen
dem Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen (Ministerium) und den betroffenen Landkreisen und
kreisfreien Städten (Kommunen) besteht Einvernehmen, dass Maßnahmen zur
Bekämpfung der ASP, insbesondere die Anordnung der Errichtung von festen und
mobilen Absperrungen in den Restriktionszonen sowie weitere Maßnahmen zur
Seuchenbekämpfung und -überwachung rechtlich vorgeschrieben und fachlich
geboten sind, um eine mögliche weitere Ausbreitung der Tierseuche wirksam zu
verhindern und die damit einhergehenden Gefahren abzuwehren. Auch liegt es im
besonderen Landesinteresse, die weitere Ausbreitung der ASP in andere Regionen
des Landes und in Hausschweinebestände zu verhindern sowie die Tierseuche in
Nordrhein-Westfalen so schnell wie möglich zu tilgen.
1.4
Im besonderen Gefährdungsfall kann das Ministerium durch Rechtsverordnung im
Bereich des Tiergesundheitsrechts bestehende Anordnungs- und
Regelungsbefugnisse gemäß § 1 des Ausführungsgesetzes
zum Tiergesundheitsgesetz und zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
vom 2. September 2008 (GV. NRW. S. 612) in der jeweils geltenden Fassung auf
das Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährung (Landesamt) oder
nachgeordnete Behörden übertragen. Zudem können Anordnungs- und
Regelungsbefugnisse der nachgeordneten Behörden auf das Landesamt oder das
Ministerium übertragen werden. Die Koordinierung der Anordnungen in den
Kommunen erfolgt durch das Landestierseuchenkontrollzentrum im Landesamt. Das
Land Nordrhein-Westfalen verfügt über einen Rahmenvertrag mit der
Wildtierseuchenvorsorgegesellschaft, die im Auftrag der zuständigen Behörden
bei der Bekämpfung von Tierseuchen im Wildtierbestand unterstützt. Gemäß § 23
Absatz 1 Nummer 2 des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz und zum
Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und § 45 Absatz 1 des
Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528) in der jeweils geltenden Fassung tragen die Behörden, welche
Maßnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen beauftragen und verfügen, die Kosten,
die durch Anordnung, Durchführung, Leitung und Überwachung der Maßnahmen
entstehen.
1.5
Unbeschadet dieser Regelung zur Kostentragung erstattet das Land
Nordrhein-Westfalen den Kommunen als freiwillige Leistung nach Maßgabe dieser
Richtlinie ihre notwendigen Ausgaben im Zusammenhang mit den zur Bekämpfung der
ASP rechtlich vorgeschriebenen und fachlich gebotenen Maßnahmen. Die Erstattung
erfolgt auf Grundlage von § 53 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der
Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der jeweils geltenden
Fassung aus Gründen der staatlichen Fürsorge des Landes Nordrhein-Westfalen zum
Ausgleich von Härten im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Billigkeitsleistungen).
Ein Anspruch der Kommunen auf die Billigkeitsleistungen besteht nicht. Die Höhe
der Erstattung erfolgt im pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel.
2
Gegenstand der Erstattung
2.1
Voraussetzung für die Erstattung ist eine von der Kommune getroffene Anordnung
oder Verfügung zur Bekämpfung der ASP nach der Verordnung (EU) 2020/687 oder
der Durchführungsverordnung (EU) 2023/594 in Verbindung mit dem
Tiergesundheitsgesetz oder der Schweinepest-Verordnung, für die die Kommune die
Kosten nach § 23 Absatz 1 Nummer 2 des Ausführungsgesetzes zum
Tiergesundheitsgesetz und zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz oder
nach § 45 des Ordnungsbehördengesetzes zu tragen hat. Erstattet werden auch
Entschädigungsleistungen, die die Kommune auf der Grundlage von § 6 Absatz 7
bis 9 des Tiergesundheitsgesetzes und § 39a Absatz 1 des
Tiergesundheitsgesetzes in Verbindung mit § 42 Absatz 1 in Verbindung mit § 45
Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes gezahlt hat.
2.2
Erstattet
werden die notwendigen Ausgaben (erstattungsfähige Ausgaben) für
a)
die Errichtung und den späteren Abbau von Absperrungen im Sinne des
Tiergesundheitsgesetzes, darunter insbesondere feste und mobile Zäune,
b) die Bewirtschaftung und Unterhaltung von Absperrungen im Sinne des
Tiergesundheitsgesetzes einschließlich der Begehung, Wartung, Instandhaltung,
Reparaturen, Ersatzbeschaffungen und Vergrämungsmaßnahmen in Bereichen ohne
Zaun,
c) Maßnahmen zur Fallwildsuche und Beprobung,
d) Maßnahmen der Kommunen zur Entnahme oder zur verstärkten Bejagung von
Schwarzwild,
e) die Entschädigungsleistungen nach dem Tiergesundheitsgesetz gemäß Nummer 2.1
Satz 2, die Kommunen bei Inanspruchnahme von Eigentümerinnen und Eigentümern
oder Besitzerinnen und Besitzern von Grundstücken, von
Jagdausübungsberechtigten und von durch weitere Eigentumsbeschränkungen
Betroffenen gezahlt haben,
soweit und solange diese im Hinblick auf eine Anordnung und eine Beauftragung
der Kommunen entstanden sind, einschließlich der Ausgaben für den vollständigen
Abbau von Absperrungen.
2.3
Für die Beanspruchung und Nutzung von Materialien und Ressourcen der Kommunen
wird keine Erstattung geleistet. Diese sind vorrangig zu nutzen.
2.4
Personalausgaben der Kommunen werden nicht erstattet.
2.5
Soweit nicht auf Kapazitäten in den Kommunen zurückgegriffen werden kann,
können auch private Vertragspartner, insbesondere die
Wildtierseuchenvorsorgegesellschaft, mit der Durchführung der in Nummer 2.2
Buchstaben a bis d aufgeführten Maßnahmen beauftragt werden. Die kommunalen
Regelungen insbesondere zum Vergaberecht und der Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind zu beachten.
2.6
Entschädigungsleistungen nach dem Tiergesundheitsgesetz werden nur erstattet,
wenn die Kommunen zur Zahlung dem Grunde und der Höhe nach verpflichtet gewesen
sind. Die auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Verträgen gewährten
Entschädigungsleistungen werden nicht erstattet.
2.7
Die Erstattung aufgrund dieser Richtlinie ist nachrangig. Soweit die Kommunen
für die unter Nummer 2 genannten Ausgaben andere Leistungen oder
Kofinanzierungsmittel der EU beantragt oder erhalten haben, sind diese
anzugeben und werden bei der Ermittlung des endgültigen Erstattungsbetrages in
Abzug gebracht.
3
Erstattungsberechtigte
Erstattungsberechtigt sind Kommunen in Nordrhein-Westfalen, wenn bei ihnen Restriktionszonen in Folge eines ASP-Ausbruches im Wildschweinebestand eingerichtet wurden.
4
Art, Umfang und Höhe der Erstattung
4.1
Als freiwillige Leistung werden den Kommunen die Ausgaben unter Nummer 2.2
Buchstaben a bis d (Bekämpfungskosten) in voller Höhe und die Ausgaben unter
Nummer 2.2 Buchstabe e (Entschädigungsleistungen) bis zu einem Anteil von 70
Prozent im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erstattet.
4.2
Der Erstattungsbetrag errechnet sich aus den tatsächlichen Ausgaben, die der
Kommune entstanden sind nach Maßgabe der Nummer 2.7. Offene Erstattungen aus
dem Vorjahr können im Folgejahr geleistet werden.
4.3
Die Ausgaben für die Errichtung und den Erhalt der Absperrungen, die
Kadaversuche, Bergung und Beprobung in Restriktionszonen werden vorrangig
erstattet.
5
Erstattungsverfahren
5.1
Für die Erstattung ist das Landesamt zuständig. Die tatsächlich geleisteten
Ausgaben sind von den erstattungsberechtigten Kommunen vorzufinanzieren und
werden im Rahmen eines Abrechnungsverfahrens vom Landesamt erstattet.
5.2
Die Abrechnungen erfolgen halbjährlich. Die Abrechnungen bis zum Stichtag 30.
April sind spätestens am 15. Mai des Jahres und die Abrechnungen bis zum
Stichtag 31. Oktober sind spätestens am 15. November des Jahres beim Landesamt
einzureichen.
5.3
Das Landesamt stellt auf seiner Internetseite ein Abrechnungsformular zur
Verfügung, das für die Abrechnung zu verwenden ist.
5.4
Zusammen mit den Abrechnungen sind anhand des jeweiligen Erkenntnisstandes eine
Prognose über die Höhe der im Jahr insgesamt zu erwartenden erstattungsfähigen
Ausgaben abzugeben.
5.5
Die Abrechnung hat die tatsächlich geleisteten Zahlungen auszuweisen und
stichwortartig zu begründen. Rechnungen, Belege, Verträge sowie alle sonst mit
den Ausgaben zusammenhängenden Unterlagen (erstattungsrelevante Unterlagen)
sind von den Kommunen vorzuhalten. Bei Entschädigungsleistungen nach dem
Tiergesundheitsgesetz haben die Kommunen in den Unterlagen sowohl Zahlungsgrund
als auch -höhe rechtlich plausibel zu erläutern. Auf Verlangen sind dem
Landesamt die erstattungsrelevanten Unterlagen vorzulegen sowie die Einsicht
vor Ort zu gestatten. Die Unterlagen sind nach Vorlage der Endabrechnung zehn
Jahre aufzubewahren, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine längere
Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.
5.6
Die Jahresendabrechnung ist spätestens bis zum 20. Januar des Folgejahres
vorzulegen. Die Endabrechnung ist beim Landesamt maximal zwei Monate nach
Außerkrafttreten der zugrundeliegenden Anordnung beziehungsweise Abbau der
Absperrungen einzureichen.
6
Sonstige Bestimmungen
Das Landesamt, das Ministerium und der Landesrechnungshof sind berechtigt, bei den Kommunen, die freiwillige Erstattungsleistungen erhalten haben, Prüfungen durchzuführen.
7
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2027 außer Kraft.