Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2000 Nr. 76 vom 18.12.2000 Seite 1589 bis 1606

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (AVVGebG NRW)
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Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (AVVGebG NRW)

I.

2011

Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zur Durchführung des Gebührengesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (AVVGebG NRW)

RdErl. d. Innenministeriums v.10.11.2000
- V B 5/20(5)

Aufgrund des § 29 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 1999 (GV. NRW. S. 524) ergeht im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die folgende Allgemeine Verwaltungsvorschrift:

1
Zum Ersten Abschnitt - Anwendungsbereich -

1.1

Zu § 1 (Gegenstand des Gesetzes)

1.1.1
Zu Absatz 1

Begriff Verwaltungsgebühren

Das Gebührengesetz geht von dem Gebührenbegriff aus, den die Rechtsprechung herausgearbeitet hat. Danach sind Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Sie sind häufig Gegenleistung für bestimmte staatliche Tätigkeiten und damit Entgelt für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung (BVerfG, Beschluss vom 11. August 1998
- 1 BvR 1270/94 -, NVwZ 1999 S. 176 f.; BVerwG, Urteil vom 3. März 1994 - BVerwG 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188).

Begriff Gegenleistung

Nach dem Gebührengesetz sind Verwaltungsgebühren eine Gegenleistung für die besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit (Amtshandlung) einer Behörde. Das Merkmal "Gegenleistung" ist hier in einem historischen und zugleich extensiven Sinne zu verstehen. Die der Gegenleistung gegenüberstehende Staatstätigkeit kann letztendlich jede Art von positivem Tun, Dulden oder Unterlassen sein. Allerdings kann die bloße Untätigkeit staatlicher Stellen nicht zu einer Kostenbelastung führen. Das Unterlassen muss mit einer - zumindest internen - staatlichen Aktivität verwoben sein.

Das Merkmal "Gegenleistung" erfordert nicht, dass die Verwaltungstätigkeit dem Betroffenen einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringt. Es drückt nicht mehr aber auch nicht weniger als die Kehrseite der konkret-individuellen Sonderrechtsbeziehung aus: In ihr wird die Behörde mit entsprechendem Kostenaufwand tätig, während der davon Betroffene durch die Gebühr als Gegenleistung zur Deckung dieser Kosten beitragen soll (so OVG Münster, Urteil vom 16. Juni 1999 - 9 A 412/
99 -). Daher steht das Merkmal "Gegenleistung" auch nicht einer Gebührenerhebung für Akte der staatlichen Kontrolle und Überwachung entgegen.

1.1.2
Zu Absatz 2

Wie sich aus Absatz 2 Nr. 1 ergibt, lässt das Gesetz kostenrechtliche Sonderregelungen unberührt, die bei seinem Inkrafttreten bereits bestanden haben oder danach erlassen sind.

Im Bereich der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung fällt die Bestimmung der gebührenpflichtigen Amtshandlungen und der Höhe der Gebührensätze in die Zuständigkeit des Landes. Dieses Kostenregelungsrecht kann vom Landesgesetzgeber auf die Kommunen übertragen werden. Lässt eine solche landesgesetzliche Sonderregelung kostenrechtliche Fragen offen, so ist ergänzend das Gebührengesetz heranzuziehen. Als Beispiel hierfür ist die Vorschrift des § 41 Abs. 4 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung zu nennen, mit der die Kommunen ermächtigt sind, für die Durchführung der Brandschau (§ 6 des Gesetzes) Gebühren aufgrund einer Satzung zu erheben.

Für kostenrechtliche Sonderregelungen des Bundes gilt folgendes: Haben sie schon bei Inkrafttreten des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) bestanden, so sind sie, wie sich aus § 1 VwKostG ergibt, durch eben dieses Gesetz insoweit ergänzt, als sie keine inhaltsgleichen oder entgegenstehenden Bestimmungen enthalten. Bei kostenrechtlichen Sonderregelungen des Bundes, die erst nach Inkrafttreten des Verwaltungskostengesetzes erlassen sind, ist dieses Gesetz ergänzend und insoweit anzuwenden, als eine Verwaltungstätigkeit im Auftrage des Bundes zu Grunde liegt oder es - bei Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit des Landes - für anwendbar erklärt ist
(§ 1 Abs. 2 VwKostG).

2
Zum Zweiten Abschnitt - Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsgebührenordnungen -

2.1
Die Bestimmungen dieses Abschnitts (§§ 2 bis 6) binden unmittelbar den Verordnungsgeber. Sie gewinnen für den Einzelfall einer Gebührenerhebung nur insoweit Bedeutung, als sie in der Gebührenordnung ihren Niederschlag gefunden haben. Nur dann, wenn die Gebührenordnung es ausdrücklich anordnet oder zulässt, kommt in einem Einzelfall der Gebührenerhebung eine Pauschalgebühr (§ 5) oder eine Ermäßigung oder Befreiung (§ 6) in Betracht.

2.2
Zu § 2 Abs. 3

Absatz 3 ist durch Artikel 7 des Ersten Modernisierungsgesetzes vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) in das GebG NRW eingefügt worden. Er eröffnet den Kommunen die Möglichkeit, bei vorhandenen Gebührentarifstellen die Gebührenhöhe durch eigene Satzung selbst zu bestimmen. Damit können sich die Kosten für Amtshandlungen stärker - als bisher nach dem landeseinheitlichen Gebührentarif möglich - in der Gebührenhöhe widerspiegeln.

Der neue Absatz 3 zielt darauf ab, das aufwendige und zentrale Abstimmungsverfahren zur Festlegung von Gebühren im kommunalen Aufgabenbereich um flexiblere Elemente zu ergänzen. Die Gebührensätze können daher den bisherigen landeseinheitlichen Gebührenrahmen verlassen. Dies ist insbesondere dann zu erwarten, wenn Gebietskörperschaften unterschiedliche Kostenstrukturen aufweisen. Eine solche Differenzierung ermöglicht den interkommunalen Wettbewerb von Kosten- und damit Verwaltungsstrukturen.

Die in Absatz 3 enthaltene Ermächtigung zum Erlass eigener Gebührensatzungen betrifft nur die Fachbereiche, in denen die Kommunen in eigener Zuständigkeit Amtshandlungen vornehmen. Gemeint sind damit Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Selbstverwaltungsaufgaben werden nicht vom GebG NRW, sondern vom Kommunalabgabengesetz (KAG) erfasst.

Die Ermächtigung gilt nicht:

  1. für die in Tarifstelle 13 der AVwGebO NRW erfassten Amtshandlungen der staatlichen Gutachterausschüsse (Regelung des Absatzes 3 Satz 2). Anderenfalls wären Wettbewerbsverzerrungen zwischen staatlichen Gutachterausschüssen und privaten Sachverständigen die Folge. Während die staatlichen Gutachterausschüsse die Gebührenhöhe variieren könnten, wären die privaten Sachverständigen weiterhin an die Vorgaben der Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure (HOAI) gebunden;
  2. für die in der Kostenordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 1993 (GV. NRW. S. 289), geändert durch Verordnung vom 7. September 1996 (GV. NRW. S. 378) - SGV. NRW. 7134 -, erfassten Amtshandlungen (Regelung des Absatzes 3 Satz 2). Wegen der Gründe vgl. Nummer 1);
  3. für Amtshandlungen im Gesundheitswesen und bei Auskünften nach dem Umweltinformationsgesetz, soweit sie in den in Absatz 2 genannten Gebührenordnungen ausdrücklich ausgenommen sind (Regelung des Absatzes 3 Satz 3). In dem neuen Absatz 2 des § 1 der AVwGebO NRW sind inzwischen bestimmte Tarifstellen aus dem Bereich der Tarifstelle 10 "Gesundheitsrechtliche Angelegenheiten" sowie die Tarifstellen 15c.1 bis 15c.4 (Gebühren für Auskünfte nach dem Umweltinformationsgesetz) von der neuen Gestaltungsmöglichkeit für die Kommunen ausgenommen worden;
  4. für die in den Tarifstellen 23.8.3 und 23.8.4 AVwGebO NRW erfassten Amtshandlungen oder mit diesen vergleichbare Amtshandlungen. Bei den Amtshandlungen der Tarifstellen 23.8.3 und 23.8.4 AVwGebO NRW handelt es sich um durch EU-Recht vorgegebene Rückstandsuntersuchungen, die von staatlichen Veterinäruntersuchungsämtern für die für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung zuständigen kommunalen Behörden durchgeführt werden.

Die Ermächtigung gibt nicht das Recht, zusätzliche Gebührentatbestände einzuführen oder Amtshandlungen generell gebührenfrei vorzunehmen.

Die Ermächtigung gilt nur insoweit, als eine Gebührentarifstelle eine Gebührenerhebung vorsieht. Sieht eine Tarifstelle für einen bestimmten Tatbestand Gebührenfreiheit vor, sind die Kommunen daran gebunden. Denn die Ermächtigung beschränkt sich nur auf das Abweichen von bestehenden "Gebührensätzen"; daran fehlt es im Falle einer Gebührenbefreiungsregelung.

Das GebG NRW enthält keine Verfahrensregelungen für den Erlass einer Gebührenordnung. Für den Erlass kommunaler Gebührensatzungen gelten deshalb die allgemeinen kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen (§ 7 Gemeindeordnung).

In materieller Hinsicht gilt dagegen für die kommunalen Gebührensatzungen im Sinne des § 2 Abs. 3 das GebG NRW. So unterscheiden sich Gebührenordnungen (Satzungen) nach dem GebG NRW von Satzungen nach dem KAG u. a. dadurch, dass das GebG NRW stärker auf das Äquivalenzprinzip abstellt (§§ 3 und 9). Das heißt, dass neben dem Verwaltungsaufwand und den dadurch entstandenen Kosten auch der Nutzen einer Amtshandlung für den Leistungsempfänger Grundlage für die Bestimmung der Gebührenhöhe ist.

3
Zum Dritten Abschnitt - Allgemeine Vorschriften zu den Verwaltungsgebühren -

3.1
Die Bestimmungen dieses Abschnitts (§§ 7 bis 23) binden die Verwaltungsbehörde unmittelbar. Sie sind in Verbindung mit den Vorschriften der Gebührenordnung bei der Gebührenerhebung zu beachten.

3.2
Zu § 8 (Persönliche Gebührenfreiheit)

3.2.1
Zu Absatz 1 Nr. 3

Die Gegenseitigkeit ist grundsätzlich in folgenden Bundesländern gewährleistet:

Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Niedersachen und Sachsen-Anhalt gewähren Gebührenfreiheit nur für diejenigen Amtshandlungen, zu denen die Behörde eines anderen Bundeslandes in Ausübung öffentlicher Gewalt Anlass gegeben hat. Hessen gewährt Gebührenfreiheit nur, soweit die Summe der Gebühren und Auslagen für eine Angelegenheit den Betrag von 1.000,- DM nicht übersteigt; die Befreiungsregelung erstreckt sich dabei nicht auf entstandene Auslagen. Dementsprechend ist gemäß Absatz 1 Nr. 3 die Gebührenfreiheit gegenüber Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen eingeschränkt.

Bayern gewährt den anderen Bundesländern keine Gebührenfreiheit. Eine Gebührenbefreiung für bayerische Behörden ist daher ausgeschlossen.

3.2.2
Zu Absatz 1 Nr. 5

§ 54 der Abgabenordnung bezeichnet als kirchlich solche Zwecke, durch deren Erfüllung eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos gefördert wird. Zu diesen Zwecken gehören insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.

3.2.3
Zu Absatz 2

Die Neufassung des § 8 Abs. 2 durch Artikel 7 des Ersten Modernisierungsgesetzes vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) schließt die persönliche Gebührenfreiheit aus, "wenn die in Absatz 1 Genannten berechtigt sind, von ihnen zu zahlende Gebühren Dritten aufzuerlegen, oder wenn sonstwie Dritte mit dem betreffenden Betrag belastet werden können.

Mit der ersten Alternative der Neufassung werden die Fälle abgedeckt, die schon bislang zum Wegfall der persönlichen Gebührenfreiheit führten. Nach der Rechtsprechung erfasst die erste Alternative nur diejenigen Fälle, in denen die Gebühren unmittelbar und im wesentlichen unverändert einem bereits feststehenden Dritten auferlegt werden können.

Im Gegensatz zur ersten Alternative ist es für die Anwendung der (neuen) zweiten Alternative weder notwendig, dass die Gebühr unmittelbar weitergegeben wird noch dass der Dritte bereits feststeht. Für die Anwendung der zweiten Alternative ist es außerdem nicht erforderlich, dass die Gebühr als solche und damit individualisierbar einem Dritten angelastet wird. Sie kann vielmehr als Rechnungsfaktor in allgemeine Gebühren, Beiträge oder private Entgelte einfließen. Beispiele hierfür sind Zweckverbände oder kommunale Einrichtungen, die Müllverbrennungsanlagen oder Abwasserbehandlungsanlagen betreiben.

3.3
Zu § 9 (Gebührenbemessung)

3.3.1
Zu Absatz 1

Sind für die Gebührenerhebung Rahmensätze vorgesehen, so sind bei der Festsetzung der Gebühr die folgenden beiden Faktoren zu berücksichtigen:

  1. Der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden,
  2. Die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse.

Stellen beide Faktoren überdurchschnittlich hohe Werte dar, weil dem Adressaten der Amtshandlung in einer ungewöhnlich umfangreichen oder schwierigen Angelegenheit eine Leistung von ungewöhnlich großem wirtschaftlichem Nutzen erbracht wird, so rechtfertigt dies die Höchstgebühr, mindestens jedoch eine der oberen Grenze des Gebührenrahmens angenäherte Gebühr. Umgekehrt ist bei nur durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Werten beider Faktoren eine nur mittlere Gebühr bzw. eine Gebühr im unteren Felde des Gebührenrahmens am Platze. Steht hingegen einem geringen Verwaltungsaufwand ein großer wirtschaftlicher Nutzen oder einem großen Verwaltungsaufwand ein geringer wirtschaftlicher Nutzen gegenüber, so hat sich die Gebührenbemessung stärker nach dem wirtschaftlichen Nutzen als nach dem Verwaltungsaufwand zu richten. Dies entspricht dem Äquivalenzprinzip, dem das Gesetz vor dem Gesichtspunkt der Kostendeckung Vorrang einräumt und das es der öffentlichen Hand gestattet, an dem Nutzen teilzuhaben, den sie durch die Amtshandlung dem Adressaten verschafft.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners sind nicht zu berücksichtigen; es sei denn, er beantragt dies bei einer Rahmengebühr. In diesem Fall soll die an sich in Betracht kommende Gebühr nur gekürzt werden, wenn sich ergibt, dass es dem Kostenschuldner wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ungewöhnlich schwer fällt, die ungekürzte Gebühr aufzubringen. Die Gebührenermäßigung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Verhältnisse hat sich im gegebenen Gebührenrahmen zu halten. Seine Untergrenze darf nicht unterschritten werden. Dies käme nur gestützt auf eine besondere Billigkeitsvorschrift in der Gebührenordnung (z. B. § 3 AVwGebO NRW) in Betracht.

3.3.2
Zu Absatz 3

Hinsichtlich der Pauschgebühren wird auf § 2 AVwGebO NRW verwiesen.

3.4
Zu § 10 (Auslagen)

3.4.1
Zu Absatz 1

Wie sich aus Absatz 1 ergibt, sind Auslagen im Sinne des Gesetzes besondere Aufwendungen, die zwar mit Amtshandlungen in Zusammenhang stehen, aber von der Gebühr nicht umfasst werden. Auslagen sind nicht nur die "baren Auslagen" im Sinne des früheren Verwaltungsgebührenrecht, die der Behörde entstehen, weil sie auf die Tätigkeit Dritter zurückgreifen und die entstehenden Kosten verauslagen muss. Die Auslage im Sinne des § 10 umfasst vielmehr neben dem Aufwand für die Tätigkeit Dritter auch die über das übliche Maß hinausgehende Behördentätigkeit. Was damit gemeint ist, ergibt sich aus dem Katalog des Absatzes 1. Die dort genannten Aufwendungen haben die Vermutung für sich, nicht schon in die Gebühr einbezogen zu sein. Abweichende Bestimmungen ergeben sich insbesondere aus dem Gebührentarif. Aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 7 folgt, dass außer den Porti auch Einschreib- und Nachnahmegebühren sowie Postzustellkosten mit der Verwaltungsgebühr abgegolten sind.

3.4.2
Zu Absatz 1 Nr. 6

Hier ist an Auslagen für Gutachten, Untersuchungen und Auskünfte zu denken, um die andere Behörden des In- und Auslandes von der Verwaltungsbehörde ersucht werden. Entfällt in diesen Fällen aus Gründen der Gegenseitigkeit, der Verwaltungsvereinfachung oder dergleichen die Zahlung an die andere Behörde, so soll dies dem Kostenschuldner nicht zugute kommen; ihm soll kein Vorteil aus zwischenbehördlichen Regelungen erwachsen. Er hat als Auslagen das zu tragen, was ohne diese Regelungen die Verwaltungsbehörde an die andere Behörde, die Einrichtung oder den Beamten hätte zahlen müssen.

3.4.3
Zu Absatz 2

Auslagen kommen nur in Zusammenhang mit Amtshandlungen in Betracht, für die eine Gebühr vorgesehen ist. Ist zwar eine Gebühr vorgesehen, aber im Einzelfall Gebührenfreiheit gegeben, oder wird von der Gebührenerhebung trotz Vorhandenseins einer Tarifstelle für die Amtshandlung abgesehen, so steht dies der Auslagenerhebung nicht im Wege.

3.5
Zu § 13 (Kostenschuldner)

Artikel 7 des Ersten Modernisierungsgesetzes vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) hat auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 geändert.

Das Wort "veranlasst" würde durch die Wörter "zurechenbar verursacht" ersetzt.

Die Gesetzesbegründung (Lt-Drs. 12/3730 S. 118) verweist insoweit auf die Rechtsprechung, die den Begriff "veranlassen" im Laufe der Zeit umfassend interpretiert hat. Die Rechtsprechung bejaht ein Veranlassen dann, wenn jemand die Amtshandlung "zurechenbar verursacht" hat. Mit der Übernahme dieser von der Rechtsprechung entwickelten Formulierung in den Wortlauf des GebG NRW hat der Gesetzgeber die bisherige Interpretationsunsicherheit ausgeräumt. Die neue Formulierung soll zugleich aber auch zum Ausdruck bringen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers der bisher in § 13 verwendete Begriff "veranlassen" auch in der Vergangenheit dieselbe weitgreifende Bedeutung gehabt hat wie die neue Formulierung "zurechenbar verursacht".

Die Rechtsprechung hat den Begriff "zurechenbar verursacht" in verschiedenen Fallbereichen präzisiert. Bei der Auslegung der neuen Formulierung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 ist dies hilfreich.

So kann z. B. bei Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr immer dann ein zurechenbares Verursachen angenommen werden, wenn eine Gefahr oder Störung festgestellt werden kann (so OVG Münster, Urteil vom 16. Juni 1999 - 9 A 412/99 -).

Auch ohne Feststellen einer Gefahr oder Störung kann den jeweiligen fachgesetzlichen Bestimmungen entnommen werden, ob eine Überwachungsmaßnahme "zurechenbar" ist. Bei der Bestimmung der Zurechenbarkeit steht dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine weite Dispositionsfreiheit zu. Die Grenze für sein Ermessen liegt dort, wo keine spezifische Beziehung zwischen Leistung und Gebührenschuldner mehr erkennbar ist, die Gebührenpflicht somit nicht mehr durch die Gewährung einer besonderen Staatsleistung bedingt ist (so OVG Münster, Urteil vom 16. Juni 1999 - 9 A 412/99 -).

Es ist nicht erforderlich, dass die Kostentragungspflicht ausdrücklich im Fachgesetz normiert ist. Es genügt, wenn die Zurechenbarkeit aus dem Sachzusammenhang der fachgesetzlichen Bestimmungen entnommen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist die Nachbesichtigung einer Apotheke nach § 64 Arzneimittelgesetz. Hierzu wird auf die Rechtsprechung verwiesen, u. a. auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.8.1998 - BVerwG 8 B 115.98 -, das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2.4.1998 - 2 S 1148/97 - und das Urteil des OVG Münster vom 16.6.1999 - 9 A 412/99 -.

3.6
Zu § 15 (Gebühren in besonderen Fällen)

3.6.1
Zu Absatz 1

Von "sachlicher Bearbeitung" (Abs. 1) kann erst von dem Zeitpunkt ab die Rede sein, in dem die Behörde erste sachliche Überlegungen in Richtung auf die zu treffende Entscheidung anstellt. Die Befassung der Posteingangsstelle oder der Registratur mit der Angelegenheit genügt nicht.

3.6.2
Zu Absatz 2

In den Fällen des Absatzes 2 ermäßigt sich die vorgesehene Gebühr um ein Viertel, wenn nicht von der Befugnis weitergehender Ermäßigung oder Befreiung Gebrauch gemacht wird. Von dieser Befugnis ist in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes, d. h. mit dem Ziele Gebrauch zu machen, dass die Gebühr die Kosten der Verwaltungstätigkeit nicht übersteigt. Dies schließt eine Ermäßigung oder Befreiung aus anderen Billigkeitserwägungen nicht aus. Ist ein Gebührenrahmen gegeben, so ist von der Gebühr für die beantragte Amtshandlung auszugehen. Liegt diese Gebühr am unteren Rande des Gebührenrahmens, so hat die Ermäßigung zu einer Gebühr unterhalb des Rahmens zu führen.

Als "beendet" ist eine Amtshandlung anzusehen, wenn die Sachentscheidung dem Adressaten bekannt gegeben ist.

3.6.3
Zu Absatz 3

Das Gesetz unterwirft den Widerspruchsbescheid der Gebührenpflicht, wenn und soweit der Widerspruch sich gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung richtet und zurückgewiesen wird. Es braucht sich nicht um eine Entscheidung zu handeln, deren Gebührenpflicht auf Landesrecht beruht. Auch an die nach Bundesrecht gebührenpflichtige Sachentscheidung ist zu denken, wenn für den mit ihr zusammenhängenden Widerspruchsbescheid bundesrechtlich eine Kostenregelung nicht getroffen ist.

Die Zurücknahme des Widerspruchs kann nicht wie ein zurückgenommener Antrag (Abs. 2) behandelt und mit einem Bruchteil der vollen Widerspruchsgebühr belegt werden. Voraussetzung einer Widerspruchsgebühr ist die Zurückweisung des Widerspruchs. Bei der Zurücknahme des Widerspruchs fehlt diese Voraussetzung.

3.6.4
Zu Absatz 4

Durch Artikel 7 des Ersten Modernisierungsgesetzes vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 386) wurde Absatz 4 der folgende neue Satz 4 angefügt:

"Für die Erteilung des Bescheides über Widersprüche gegen Kostenentscheidungen nach Satz 1 werden keine Gebühren erhoben."

Nach Satz 1 kann die Kostenentscheidung, die zusammen mit der Entscheidung über den Drittwiderspruch oder den isolierten Kostenwiderspruch ergeht, ihrerseits mit einem Widerspruch angefochten werden. Nach der bisherigen Rechtslage war ein daraufhin ergehender Widerspruchsbescheid ebenfalls kostenpflichtig. Dies konnte zu einer endlosen Kette von Kostenentscheidungen und isolierten Kostenwidersprüchen führen. Diese Auswirkung ist bei den Betroffenen auf Unverständnis gestoßen und hat bei der Verwaltung einen nicht unerheblichen Aufwand erzeugt. Deshalb sind mit dem neuen Satz 4 weitere isolierte Kostenwiderspruchsverfahren ausgeschlossen worden. Der ohne Kostenentscheidung ergehende Widerspruchsbescheid kann nur durch Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden.

3.7
Zu § 18 (Säumniszuschlag)

Säumniszuschläge sind keine Gebühren. Die für die Gebühr geltenden Bestimmungen finden auf Säumniszuschläge keine Anwendung. Sie unterliegen den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechts. Die in Absatz 3 vorgeschriebene Abrundung nach unten dient der vereinfachten Berechnung des Säumniszuschlages. Sie steht der Erhebung dieses Zuschlages in dem Fall nicht entgegen, in dem sie dazu führt, das der rückständige Betrag 100 DM nicht übersteigt (vgl. Abs. 1). Rückständig ist ein Kostenbetrag, wenn er fällig ist und wenn seit dem Fälligkeitstag ein Monat verstrichen ist, ohne dass gezahlt wurde.

3.8
Zu § 19 (Stundung, Niederschlagung und Erlass)

Diese Vorschrift kommt nur zur Anwendung, wenn eine bestimmte Forderung auf Zahlung von Kosten bereits besteht, die Kosten also fällig sind (§ 17). Solange Kosten nicht fällig sind, kann von ihrer Erhebung unter den Voraussetzungen des § 3 AVwGebO NRW abgesehen werden.

3.9
Zu § 20 (Verjährung)

Da die Verjährung das Erlöschen des Anspruchs auf Zahlung von Kosten bewirkt, ist sie von Amts wegen zu berücksichtigen. Vom Kostenschuldner in Unkenntnis der Verjährung geleistete Zahlungen entbehren des Rechtsgrundes und sind nach § 21 als "überzahlt" zu erstatten.

Da die Verjährungsfrist nicht bei Entstehen des Anspruchs, sondern bei Fälligkeit beginnt, hat es die Behörde in der Hand, mit der Fälligkeit auch den Beginn der Verjährungsfrist hinauszuschreiben, um auf diese Weise den besonderen Anforderungen des Einzelfalles gerecht zu werden.

3.10
Zu § 22 (Rechtsbehelf)

Wird die Kostenentscheidung zusammen mit der Sachentscheidung angefochten, so nimmt sie an der aufschiebenden Wirkung teil, die von dem Widerspruch gegen die Sachentscheidung ausgeht.

Die aufschiebende Wirkung entfällt gem. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann, wenn die Kostenentscheidung selbständig angefochten wird.

Mein RdErl v. 28.4.1975 (SMBl. NRW. 2011) wird hiermit aufgehoben.

- MBl. NRW. 2000 S. 1590