Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2009 Nr. 40 vom 21.12.2009 Seite 835 bis 852

 

Verordnung über die Nutzung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen (Archivnutzungsordnung Nordrhein-Westfalen - ArchivNO NRW)

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Verordnung
über die Nutzung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen
(Archivnutzungsordnung Nordrhein-Westfalen - ArchivNO NRW)

 

Vom 14. Dezember 2009

 

Aufgrund des § 8 Abs. 1 des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen (ArchivG NW) vom 16. Mai 1989 (GV. NRW. S. 302), geändert durch Artikel 69 des Dritten Befristungsgesetzes vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 306), wird verordnet:

 

Erster Teil

Allgemeines

 

§ 1
Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen.

 

§ 2
Nutzungsrecht

Nach Maßgabe des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen und dieser Verordnung stehen Archivgut, Reproduktionen und Findmittel auf Antrag jedermann für die Nutzung zur Verfügung.

 

§ 3
Nutzungsarten

(1) Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch die persönliche Einsichtnahme im verwahrenden Archiv.

 

(2) Zudem kann die Nutzung durch

 

1. schriftliche Anfragen,

2. Anforderung von Reproduktionen von Archivgut,

3. Versendung von Archivgut zur Einsichtnahme an einem anderen Ort,

4. Ausleihe von Archivgut zu Ausstellungszwecken

 

erfolgen.

 

(3) Über die jeweilige Nutzungsart entscheidet das Landesarchiv unter fachlichen Gesichtspunkten.

 

§ 4
Nutzung von Archivgut, Reproduktionen und Findmitteln

(1) Die Nutzung richtet sich nach den §§ 6, 7 und 12 ArchivG NW.

 

(2) Die Verkürzung der in § 7 Absatz 1 ArchivG NW festgelegten Schutzfristen bedarf einer Ausnahmegenehmigung durch das Landesarchiv. Entsprechende Anträge sind mit genauer Bezeichnung des Themas der Arbeit, detaillierter Angabe des in Frage kommenden Archivguts und ausführlicher Begründung, schriftlich an die zuständige Abteilung des Landesarchivs zu richten. Von der Antrag stellenden Person können Empfehlungen angefordert werden, die geeignet sind, den Antrag zu begründen.

 

(3) Für den Umgang mit Verschlusssachen gilt die Verschlusssachenanweisung des Landes Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus dürfen im Landesarchiv archivierte Verschlusssachen nur mit Zustimmung der abliefernden Stelle Dritten zugänglich gemacht werden.

 

§ 5
Nutzungsvoraussetzungen

(1) Vor Genehmigung der Nutzung ist ein schriftlicher Antrag bei dem Landesarchiv zu stellen. Hierbei ist separat für jedes Nutzungsvorhaben folgendes anzugeben:

 

1. Zweck und Gegenstand der Nutzung in möglichst präziser zeitlicher und sachlicher Eingrenzung,

2. Name, Vorname und Anschrift der Antrag stellenden Person oder der Auftrag gebenden Person, wenn die Nutzung im Auftrag eines Dritten erfolgt.

3. Im Falle der Vertretung Name, Vorname und Anschrift des Vertreters unter Nachweis der Vertretungsmacht. Im Falle der Antragstellung durch juristische Personen, Vereinigungen und Behörden gilt Entsprechendes für die in § 12 Abs. 1 Nr. 3 und 4 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Mai 2009 (GV. NRW. S. 296), genannten handlungsfähigen Personen.

 

Die Antrag stellende Person ist verpflichtet, diese Angaben in zutreffender Art und Weise und der Wahrheit entsprechend zu machen und sich auf Verlangen auszuweisen. Andernfalls kann die Genehmigung versagt und eine erteilte Genehmigung widerrufen werden. Vor Einsichtnahme in Archivgut müssen minderjährige Antrag stellende Personen die Einwilligungserklärung ihres gesetzlichen Vertreters vorlegen. Für Schülergruppen stellt die betreuende Lehrkraft einen Sammelantrag.

 

(2) Das Landesarchiv führt einen persönlichen Nutzungsausweis ein, der bei jeder Nutzung vorzulegen ist.

 

(3) Der Antrag auf Ausstellung eines Nutzungsausweises ist in den Nutzungsantrag nach Absatz 1 integriert. Der Ausweis ist nicht übertragbar und sein Verlust ist dem Landesarchiv unverzüglich anzuzeigen.

 

(4) Abweichend von Absatz 2 kann bei Nutzungen nach § 3 Abs. 2, insbesondere bei schriftlichen oder mündlichen Anfragen, auf die Ausstellung eines Nutzungsausweises verzichtet werden.

 

(5) Über den Nutzungsantrag entscheidet das Landesarchiv, das die Genehmigung an Bedingungen knüpfen und mit Auflagen versehen kann. Auf eine bestimmte Art, Form oder einen bestimmten Umfang der Nutzung besteht kein Rechtsanspruch.

 

(6) Die Nutzungsgenehmigung kann außer aus den in § 6 Abs. 2 ArchivG NW genannten Gründen eingeschränkt oder versagt werden, wenn

 

1. bei früherer Nutzung von Archivgut schwerwiegend gegen die Archivbenutzungsordnung verstoßen worden ist oder festgelegte Benutzungsbedingungen oder -auflagen nicht eingehalten worden sind,

2. der Ordnungszustand des Archivguts oder Vereinbarungen mit Eigentümern von Archivgut dies erfordern,

3. Archivgut aus dienstlichen Gründen oder wegen gleichzeitiger amtlicher oder anderweitiger Nutzung nicht verfügbar ist,

4. die personellen und sachlichen Kapazitäten des Landesarchivs eine Nutzung nicht zulassen,

5. der mit der Nutzung verfolgte Zweck anderweitig, insbesondere durch Einsichtnahme in Druckwerke oder andere Veröffentlichungen oder in Reproduktionen erreicht werden kann.

 

Bei Versagung der Nutzungsgenehmigung sind die Gründe - auf Wunsch schriftlich - mitzuteilen.

 

(7) Die nutzende Person ist gehalten, alle Bestimmungen des Landesarchivs zu beachten und Nutzungsbedingungen oder Nutzungsauflagen einzuhalten. Zudem ist sie verpflichtet, Urheber- oder Persönlichkeitsrechte, insbesondere das Datenschutzrecht sowie andere schutzwürdige Belange Dritter zu beachten. Auf Verlangen ist darüber eine schriftliche Erklärung abzugeben

 

Zweiter Teil

Nutzung in den Archiven

 

§ 6
Einsichtnahme im Lesesaal

(1) Für das Verhalten während der Arbeit in den Lesesälen, die Behandlung der Archivalien, Findmittel und Reproduktionen, sowie die Bestellung und Rückgabe von Archivalien, gelten die Vorschriften der Lesesaalordnung des Landesarchivs.

 

(2) Die Hand- und die Dienstbibliothek des Landesarchivs können nur innerhalb des Archivs benutzt werden, wobei Einzelheiten der Benutzung der Dienstbibliothek vom Landesarchiv geregelt werden.

 

(3) Für die Nutzung von Archivalien, die von anderen Archiven oder Instituten übersandt werden, gelten die gleichen Bedingungen wie für die Archivalien des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, sofern die übersendende Stelle nicht anderslautende Auflagen macht. Kosten und anfallende Gebühren tragen diejenigen, die die Versendung veranlasst haben.

 

(4) Die Verwendung technischer Hilfsmittel ist nur im Zusammenhang mit der Nutzung von Archivalien gestattet. Die Verwendung benutzereigener Geräte darf nicht zur Störung anderer Personen führen und bedarf grundsätzlich der Genehmigung durch das Landesarchiv. Es ist verboten, mit eigenen Geräten Reproduktionen herzustellen.

 

§ 7
Beratung

Zur Beratung steht während der Dienststunden Fachpersonal zur Verfügung. Die Beratung bezieht sich auf nutzungsrelevante Abläufe, Bestände, Findmittel sowie den Umgang mit Archivgut. Ein Anspruch auf weitergehende Unterstützung (z.B. beim Lesen und Auswerten der Findmittel und Archivalien) besteht nicht.

 

Dritter Teil

Nutzung außerhalb der Archive

 

§ 8
Schriftliche Auskünfte

(1) Bei schriftlichen Anfragen sind Zweck und Gegenstand genau anzugeben.

 

(2) Die schriftlichen Auskünfte des Landesarchivs beschränken sich in der Regel auf Hinweise auf einschlägige Findmittel und Bestände.

 

(3) Ein Anspruch auf Auskünfte, die eine beträchtliche Arbeitszeit erfordern, oder auf Beantwortung von wiederholten Anfragen besteht nicht.

 

§ 9
Versendung

(1) Auf die Versendung von Archivgut zur Einsichtnahme außerhalb des Lesesaals der das betreffende Archivgut verwahrenden Abteilung des Landesarchivs besteht kein Rechtsanspruch. Die Entscheidung über die Versendung liegt bei dem Landesarchiv.

 

(2) Die Versendung kann auf begründeten Antrag hin in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Umfang zur Nutzung in hauptamtlich verwaltete Archive des Inlands erfolgen, sofern diese sich verpflichten, das Archivgut in den Diensträumen unter ständiger fachlicher Aufsicht nur der Antrag stellenden Person vorzulegen, es diebstahl- und feuersicher zu verwahren, keine Kopien oder Reproduktionen anzufertigen und das Archivgut nach Ablauf der vom Landesarchiv bestimmten Ausleihfrist, die vier Wochen nicht überschreiten soll, in der von diesem bestimmten Versendungsart zurücksenden. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden.

 

(3) Über die Art der Versendung entscheidet das Landesarchiv, wobei eine Sendung höchstens zehn Archivalieneinheiten umfassen soll. Die Kosten tragen diejenigen, die die Versendung veranlasst haben.

 

(4) Abweichend von Abs. 2 ist die Versendung an Eigentümer zulässig. Absatz 3 gilt entsprechend.

 

(5) Aus wichtigen Gründen können versandte Archivalien jederzeit zurückgefordert werden.

 

(6) Die Nutzung der versandten Archivalien richtet sich nach den Vorschriften dieser Nutzungsordnung.

 

(7) Von der Versendung ausgeschlossen sind

 

1. Archivalien, die

a) Nutzungsbeschränkungen unterliegen,

b) wegen ihres hohen Wertes, ihres Ordnungs- und Erhaltungszustandes, wegen ihres Formates oder aus anderen Sicherheits- oder konservatorischen Gründen versendungsunfähig sind,

c)häufig benutzt werden,

d) noch nicht ausreichend verzeichnet sind,

 

2. Findbehelfe.

 

§ 10
Ausleihe

(1) Auf die Ausleihe von Archivalien zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere für Ausstellungen, besteht kein Rechtsanspruch. Die Entscheidung über die Ausleihe liegt beim Landesarchiv, das für die Sicherheit des ausgestellten Archivguts notwendige Auflagen und Bedingungen festlegt. Eine Ausleihe ist nur möglich, sofern der Ausstellungszweck nicht durch Reproduktionen erfüllt werden kann. § 4 gilt entsprechend. Für die Versendung von Archivalien zur Ausleihe gelten die Bestimmungen des § 10.

 

(2) Die Genehmigung zur Ausleihe ist gesondert zu begründen und zu beantragen.

 

(3) Über die Ausleihe ist zwischen dem Leihgeber und dem Entleiher ein Leihvertrag nach vorgeschriebenem Muster abzuschließen.

 

§ 11
Reproduktionen

(1) Zur Nutzung außerhalb des Landesarchivs können benutzende Personen auf Antrag und auf eigene Kosten Reproduktionen von uneingeschränkt für die Benutzung freigegebenen Archivalien in den Werkstätten des Landesarchivs anfertigen lassen.

 

(2) Ein Anspruch auf Herstellung von Reproduktionen besteht nicht. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Durchführung größerer Aufträge zu Lasten anderer Benutzer oder des Dienstbetriebes.

 

(3) Die Genehmigung für die Anfertigung einer Reproduktion in den Werkstätten des Landesarchivs kann versagt werden, wenn

 

1. der Erhaltungszustand dies nicht zulässt,

2. die Sicherung schutzwürdiger Belange nicht gewährleistet ist,

3. Überformate entstehen,

4. das Interesse anderer nutzender Personen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt ist.

 

(4) Reproduktionen dürfen nur hergestellt werden, wenn dies ohne Beschädigung der Archivalien möglich ist. Über das Reproduktionsverfahren, die Zielformate und den Versendungsweg entscheidet das Landesarchiv. Selbstanfertigung ist grundsätzlich nicht gestattet.

 

(5) Bei Akten und Bänden hat sich die Reproduktion in der Regel auf Teile solcher Archiveinheiten zu beschränken.

 

(6) Ausgehändigte Reproduktionen dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Landesarchivs, nur zum angegebenen Zweck und nur unter Angabe des Aufbewahrungsortes und der Archivsignatur des Originals, sowie unter Hinweis auf die dem Landesarchiv zustehenden Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden. Gleiches gilt auch für die Verwendung von Reproduktionen zu gewerblichen oder geschäftlichen Zwecken.

 

Vierter Teil

Schlussbestimmungen

 

§ 12
Ergänzende Bestimmungen des Landesarchivs

Das Landesarchiv kann zu dieser Verordnung ergänzende Bestimmungen treffen.

 

§ 13
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer Kraft.

 

Düsseldorf, den 14. Dezember 2009

 

 

Der Ministerpräsident
des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Jürgen  R ü t t g e r s

GV. NRW. 2009 S. 849