Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 20 vom 22.4.2022 Seite 463 bis 488

 

Verordnung zur Anwendung des Kommunalhaushaltsrechts im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Aufnahme und Unterbringung von anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen in den Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen (KommunalhaushaltsrechtsanwendungsVO UA-Schutzsuchendenaufnahme)

2023

Verordnung zur Anwendung des Kommunalhaushaltsrechts im Zusammenhang mit
Maßnahmen zur Aufnahme und Unterbringung von anlässlich des Krieges in der
Ukraine eingereisten Personen  in den Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen
(KommunalhaushaltsrechtsanwendungsVO UA-Schutzsuchendenaufnahme)

Vom 11. April 2022

Auf Grund des § 96a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), der durch Artikel 3 Nummer 5 des Gesetzes vom 29. September 2020 (GV. NRW. S. 916) eingefügt worden ist, verordnet das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen mit Zustimmung des Landtages:

§ 1
Anwendungsbereich und Geltungsdauer

(1) Die nachfolgenden Erleichterungen gelten für den Haushaltsvollzug im Haushaltsjahr 2022, die Haushaltssatzungen des Haushaltsjahres 2022 und etwaige Nachtragssatzungen für das Haushaltsjahr 2022, die trotz des in § 4 geregelten Wegfalls der Verpflichtung zum Erlass dennoch aufgestellt werden, sowie im Fall von Doppelhaushaltssatzungen für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 für den Haushalt des zweiten Jahres des Doppelhaushaltes entsprechend.

(2) Die Kommunen sind im Hinblick auf die gesetzliche Pflicht nach § 75 Absatz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666) in der jeweils geltenden Fassung gehalten, verantwortungsvoll von den ihnen eingeräumten Erleichterungen Gebrauch zu machen.

§ 2
Unabweisbare Aufwendungen und Auszahlungen

(1) Die notwendigen Aufwendungen und Auszahlungen für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung der anlässlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen, im Folgenden Schutzsuchende, stellen unabweisbare Aufwendungen und Auszahlungen nach § 83 Absatz 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen dar. Die Voraussetzungen für die Leistung über- und außerplanmäßiger Aufwendungen und Auszahlungen liegen auch dann vor, wenn ein erheblicher Fehlbetrag entsteht. Die Finanzierung ist gewährleistet, wenn ausreichende Mittel vorhanden sind, um die Auszahlungen zu leisten. Dabei ist die Herkunft der Mittel (auch Liquiditäts- oder Kredite für Investitionen) nicht von Bedeutung.

(2) Über Aufwendungen und Auszahlungen, die nach Umfang und Bedeutung erheblich sind, hat der Rat nach § 83 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden.

§ 3
Aufnahme von Krediten

(1) Die Aufnahme von Krediten nach § 86 Absatz 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen für Auszahlungen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden soll auch dann zulässig sein, wenn es sich um wesentliche Instandsetzungen handelt.

(2) Sofern der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung nach § 78 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden überschritten werden muss, gilt die Überschreitung als genehmigt. In diesen Fällen sind die zuständigen Aufsichtsbehörden frühzeitig und umfassend zu unterrichten. Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Auf gegebenenfalls erforderliche Nachweise im Zusammenhang mit der Einhaltung der Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nach § 77 Absatz 4 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen darf verzichtet werden.

§ 4
Entfall der Verpflichtung zum Erlass einer Nachtragssatzung

(1) Die Verpflichtung zum Erlass einer Nachtragssatzung nach § 81 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen entfällt, soweit diese durch finanzielle Auswirkungen der Maßnahmen zur Aufnahme und Unterbringung der Schutzsuchenden oder maßnahmebedingte Abweichungen vom Stellenplan verursacht ist.

(2) Absatz 1 gilt für das Erfordernis von Nachtragssatzungen im Zusammenhang mit diesbezüglichen Kreditaufnahmen nach den §§ 86 und 89 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen entsprechend.

(3) Das für den Beschluss über die Haushaltssatzung zuständige Organ ist frühzeitig und umfassend zu unterrichten.

§ 5
Kontierung der mit der Aufnahme und Unterbringung der Schutzsuchenden
anfallenden Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen

(1) Die im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung der Schutzsuchenden sowie weiterer Hilfen und Unterstützungsleistungen anfallenden Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen sind auf den nach sachlichen Gesichtspunkten einschlägigen Konten zu erfassen.

(2) Um die Transparenz der Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlungen und Auszahlungen sicherzustellen, ist die Bildung entsprechender Konten und Produkte unterhalb der jeweils verbindlichen Ebene vorzunehmen, so dass hieraus der Bericht nach § 6 Absatz 1 erstellt werden kann.

(3) Bei der Erfassung der Erträge und Aufwendungen ist nach dem ordentlichen Ergebnis und dem außerordentlichen Ergebnis zu trennen. Dabei dürfen insbesondere Erträge und Aufwendungen mit absehbar einmaligem Charakter als außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit angefallen gelten und demzufolge im außerordentlichen Ergebnis erfasst werden. Eine eindeutige Zuordnung im Hinblick auf die Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden ist für Zwecke der Berichtserstellung nach § 6 Absatz 1 vorzunehmen. Eine pauschale Erfassung im außerordentlichen Ergebnis ist hingegen nicht sachgerecht.

§ 6
Berichtswesen

(1) Die Kämmerin oder der Kämmerer berichtet dem für den Beschluss über die Haushaltssatzung zuständigen Organ zum Ende eines jeden Quartals, erstmals zum Stichtag 30. Juni 2022, über Erträge und Aufwendungen sowie über Einzahlungen und Auszahlungen (einschließlich der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung oder von Krediten für Investitionen) im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung der Schutzsuchenden. Das für Kommunales zuständige Ministerium kann zum Zwecke der Berichterstattung ein Muster veröffentlichen. Ist dieses veröffentlicht, sind die Kommunen verpflichtet, dieses Muster zu verwenden.

(2) Der Bericht nach Absatz 1 ist des Weiteren der Aufsichtsbehörde zuzuleiten. Handelt es sich bei dieser um eine untere Aufsichtsbehörde, leitet diese den Bericht an die zuständige Bezirksregierung weiter.

§ 7
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am 31. Dezember 2022 außer Kraft.

Düsseldorf, den 11. April 2022

Die Ministerin
für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
des Landes Nordrhein-Westfalen
Ina  S c h a r r e n b a c h

GV. NRW. 2022 S. 464