Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 1998 Nr. 39 vom 2.10.1998 Seite 555 bis 560

 

Satzung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR) über die Nutzung Offener Kanäle im lokalen Rundfunk

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Satzung der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR)
über die Nutzung Offener Kanäle
im lokalen Rundfunk

Vom 21. August 1998

Aufgrund der §§ 24 Abs. 4 Satz 7, 24 Abs. 5 Satz 3 des Rundfunkgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LRG NW) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 25. April 1998 (GV. NW. S. 240) erläßt die Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR) folgende Satzung:

§ 1

Grundsatz

Jede Veranstaltergemeinschaft muß in ihr tägliches Programm nach Maßgabe des Programmschemas mit bis zu 15 v.H. der Sendezeit, mindestens 60 Minuten, höchstens jedoch zwei Stunden täglich, Programmbeiträge von Gruppen, insbesondere mit kultureller Zielsetzung, gemäß § 24 Abs. 4 LRG NW einbeziehen.

§ 2

Zugangsberechtigung

(1) Zugangsberechtigt zum Offenen Kanal im lokalen Rundfunk sind Gruppen. Gruppe im Sinne des § 24 Abs. 4 Satz 1 LRG NW und dieser Satzung ist jeder Zusammenschluß von mindestens zwei Personen zu einem gemeinsamen Zweck.

(2) Zugangsberechtigt sind Gruppen, insbesondere mit kultureller Zielsetzung, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.

(3) Die Mitglieder oder die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vertreter der Gruppen müssen unbeschränkt geschäftsfähig sein. Sie dürfen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht durch Richterspruch verloren und das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nicht nach Artikel 18 GG verwirkt haben. Sie müssen gerichtlich unbeschränkt verfolgbar sein. Sie müssen ihre Wohnung im Verbreitungsgebiet (§ 31 LRG NW) haben.

(4) Programmbeiträge im Sinne von § 24 Abs. 4 Satz 1 LRG NW sind Beiträge, die von den im Verbreitungsgebiet (§ 31 LRG NW) tätigen Gruppen selbst hergestellt und eigenständig gestaltet werden und ausschließlich für die Ausstrahlung in diesem Verbreitungsgebiet oder in einem Teil davon bestimmt sind. Eine Gestaltung liegt insbesondere nicht vor, wenn lediglich aneinandergereihte fremde Tonträger oder fremde Texte den Beitrag prägen.

(5) Mit einzelnen Aufgaben der Beratung von Gruppen nach § 24 Abs. 4 LRG NW kann die LfR Dritte beauftragen, die über Erfahrung bei der Durchführung Offener Kanäle verfügen.

§ 3

Ausschluß der Zugangsberechtigung

(1) Nicht zugangsberechtigt sind die nach § 26 Abs. 1 LRG NW bestimmungsbefugten Stellen. Mitglieder einer Veranstaltergemeinschaft oder Personen, die zu dieser in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehen, dürfen an der Herstellung von Programmbeiträgen nach § 24 Abs. 4 Satz 1 LRG NW nicht mitwirken. Die für die Produktion erforderliche Beratung stellt keine Mitwirkung im Sinne dieser Bestimmungen dar.

(2) Nicht zugangsberechtigt sind juristische Personen des öffentlichen Rechts. Vom Zugangsverbot nach Satz 1 sind öffentlich-rechtliche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie Theater, Volkshochschulen, Hochschulen, Schulen und sonstige kulturellen Einrichtungen nicht erfaßt. Die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche und die jüdischen Kultusgemeinden sind als bestimmungsbefugte Stellen nach Absatz 1 vom Zugang ausgeschlossen.

(3) Nicht zugangsberechtigt sind Gruppen, deren Mitglieder oder gesetzliche oder satzungsmäßige Vertreter zugleich gesetzliche Vertreter von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Personen sind, die zu diesen juristischen Personen des öffentlichen Rechts in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis in leitender Stellung stehen.

(4) Nicht zugangsberechtigt sind Gruppen, deren Mitglieder oder gesetzliche oder satzungsmäßige Vertreter zugleich Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sind.

(5) Nicht zugangsberechtigt sind politische Parteien und Wählergruppen.

(6) Nicht zugangsberechtigt sind Gruppen, deren Mitglieder oder gesetzliche oder satzungsmäßige Vertreter zugleich Mitglieder eines Organs einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt oder Personen sind, die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu dieser stehen.

(7) Nicht zugangsberechtigt sind weiterhin Unternehmen und Vereinigungen, die von einer oder mehreren der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 LRG NW ausgeschlossenen juristischen Personen oder von politischen Parteien oder Wählergruppen abhängig (§ 17 Aktiengesetz) sind.

§ 4

Nutzungsbedingungen

(1) Die Sendezeit, die die Veranstaltergemeinschaft den zugangsberechtigten Gruppen zur Verfügung stellt, richtet sich nach der von der LfR zugelassenen Programmdauer und dem von der LfR zugelassenen Programmschema. Die Sendezeiten sollen im unmittelbaren Zusammenhang mit der im Programmschema für redaktionelle lokale Wortbeiträge vorgesehenen Sendezeit (lokal lizenzierte Sendezeit) stehen, wenn die Beteiligten keine anderweitige einvernehmliche Regelung erzielen.

(2) Die Beiträge werden grundsätzlich in der Reihenfolge des Eingangs der Sendeanmeldung auf den hierfür im Programmschema vorgesehenen Sendeplätzen verbreitet. Es besteht für die Gruppe nur ein Anspruch auf eine einmalige Ausstrahlung. Der Gruppe muß mit der Sendeanmeldung der Zeitpunkt der Ausstrahlung bekanntgegeben werden. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Wünsche der Nutzer können insbesondere für aktuelle Beiträge abweichende Regelungen getroffen werden.

(3) Eine aus aktuellen Gründen notwendige Programmänderung auf dem ursprünglich vorgesehenen Sendeplatz ist der zugangsberechtigten Gruppe von der Veranstaltergemeinschaft frühestmöglich bekanntzugeben; die Veranstaltergemeinschaft ist verpflichtet, am ursprünglich vorgesehenen Sendeplatz bzw. rechtzeitig vorher auf die Programmänderung hinzuweisen und der zugangsberechtigten Gruppe einen anderen Sendeplatz am gemäß § 4 Abs. 2 bekanntgegebenen Sendetag einzuräumen.

(4) Aktuelle Beiträge zugangsberechtigter Gruppen können außerhalb der Reihenfolge des Eingangs der Sendeanmeldung ausgestrahlt werden, wenn

(a) der Zeitpunkt des zu übertragenden oder zu kommentierenden Ereignisses der anmeldenden Personengruppe nachweislich erst kurzfristig bekanntgeworden ist und

(b) dieser Zeitpunkt von der angemeldeten Person oder Personengruppe nicht beeinflußt werden kann und

(c) ihr nicht früher eingegangene außer der Reihe anstehende Anmeldungen anderer Nutzergruppen entgegenstehen.

(5) Abweichend von der Reihenfolge des Eingangs der Sendeanmeldung müssen diejenigen Beiträge verbreitet werden, zu deren Ausstrahlung die Veranstaltergemeinschaft aufgrund einer bestandskräftigen Entscheidung gemäß § 24 Abs. 7 LRG NW verpflichtet wurde. Diese Beiträge sollen unverzüglich auf einem hierfür zusätzlich gesondert ausgewiesenen Sendeplatz zu einer gleichwertigen Sendezeit ausgestrahlt werden.

(6) Die Programmbeiträge dürfen keine Werbung enthalten. Gesponserte Programmbeiträge sind grundsätzlich unzulässig. Über Ausnahmen entscheidet die LfR.

(7) Unzulässig sind Beiträge, die in einem Zeitraum von drei Monaten vor einer Wahl im Verbreitungsgebiet der Öffentlichkeitsarbeit von Parteien oder Wählergruppen dienen.

(8) Nicht in Anspruch genommen Sendezeit kann die Veranstaltergemeinschaft selbst nutzen. Sie hat dabei auch die Möglichkeit eine Vereinbarung nach § 30 LRG NW zu schließen.

§ 5

Verfahren bei der Sendeanmeldung

(1) Mit jedem Beitrag ist von der Gruppe eine Sendeanmeldung rechtzeitig vor der Sendung einzureichen. Bestandteil der Sendeanmeldung ist eine kurze inhaltliche Beschreibung über den Ablauf der verwendeten Musiktitel und Wortbeiträge einschließlich der Angabe der Länge des Beitrages und der Produktionsart.

(2) Die Veranstaltergemeinschaft kann zur sachgerechten Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 24 Abs. 5 Satz 1 LRG NW verlangen, daß die Gruppe sich schriftlich verpflichtet, die Veranstaltergemeinschaft und die LfR von Schadensersatzansprüchen Dritter, die aus der Verbreitung des Beitrages entstehen können, freizustellen. Mit der Freistellungserklärung versichert die Gruppe, daß der Beitrag den in § 24 Abs. 4 LRG NW genannten Anforderungen und den übrigen Bestimmungen des LRG NW (§ 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 14 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, Abs. 6 LRG NW) entspricht und sie alle Rechte für die Verbreitung des Beitrags besitzt.

(3) Für den Nachweis der gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen reicht im Regelfall die schriftliche Erklärung des von der Gruppe der Veranstaltergemeinschaft gegenüber benannten Verantwortlichen (§ 15 LRG NW) für den Beitrag aus.

(4) Die Veranstaltergemeinschaft kann vor der Ausstrahlung von Beiträgen mit fremdsprachigen oder sonstigen sprachlich nicht allgemein verständlichen Inhalten die Vorlage einer inhaltlichen Zusammenfassung verlangen. Hat die Veranstaltergemeinschaft begründete Anhaltspunkte dafür, daß die gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen nicht eingehalten sind, kann sie die Vorlage einer Übersetzung des Beitrags verlangen. Hat die Veranstaltergemeinschaft begründete Anhaltspunkte dafür, daß die Übersetzung den Inhalt des Beitrags in wesentlichen Teilen nicht zutreffend wiedergibt, kann sie von der Gruppe die Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer verlangen.

§ 6

Aufgaben der Veranstaltergemeinschaft

(1) Die Veranstaltergemeinschaft ist für den Inhalt der Programmbeiträge der Gruppen nach § 24 Abs. 4 Satz 1 LRG NW verantwortlich. Die Veranstaltergemeinschaft ist verpflichtet, die eingereichten Beiträge inhaltlich und technisch unverändert entsprechend der im Programmschema ausgewiesenen Sendezeit auszustrahlen.

(2) Die Veranstaltergemeinschaft lehnt Programmbeiträge ab, die den in § 24 Abs. 4 LRG NW genannten Anforderungen und den übrigen Bestimmungen des LRG NW (§ 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 14 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, Abs. 6 LRG NW) nicht entsprechen.

(3) Die Veranstaltergemeinschaft gibt den Gruppen die ihr von der LfR zur Verfügung gestellten Unterlagen über die Nutzung des Offenen Kanals im lokalen Hörfunk zur Kenntnis.

(4) Hat die Veranstaltergemeinschaft begründete Zweifel an der Vereinbarkeit eines eingereichten Beitrags mit dem geltenden Recht nach § 6 Abs. 2 dieser Satzung, setzt sie sich rechtzeitig vor dem geplanten Sendetermin mit der Gruppe ins Benehmen; dabei ist der Gruppe der Grund der möglichen Ablehnung und der beanstandete Teil des Beitrags mitzuteilen.

§ 7

Produktionshilfen

(1) Die Veranstaltergemeinschaft muß zugansgberechtigten Gruppen auf deren Verlangen Produktionshilfen zur Verfügung stellen. Produktionshilfen nach § 24 Abs. 4 LRG NW sind die notwendigen studiotechnischen Einrichtungen einschließlich der für ihren Betrieb erforderlichen Beratung. Die studiotechnische Einrichtung umfaßt insbesondere alle technischen Geräte wie Bandmaschinen, Mischpult, Mikrophone, Zuspielgeräte, die für die Produktion der im Lokalfunk üblichen Beitragsformen notwendig sind. Zur Produktionshilfe gehört auch die Einweisung in die Bedienung der technischen Geräte sowie die für die technische Produktion eines Beitrags erforderliche Beratung.

(2) Die Veranstaltergemeinschaft kann für die von ihr zur Verfügung gestellten Produktionshilfen die Erstattung ihrer Selbstkosten verlangen. Dabei müssen alle Gruppen gleichbehandelt werden. Für den Fall, daß die Veranstaltergemeinschaft die Erstattung der Selbstkosten verlangt, hat sie eine Entgeltordnung aufzustellen.

(3) Die Veranstaltergemeinschaft kann sich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus § 24 Abs. 4 Satz 4 LRG NW, Abs. 6 LRG NW und zur Abwicklung des Verfahrens bei der Sendeanmeldung gemäß § 5 dieser Satzung Dritter bedienen; dabei sind die Grundsätze des Absatzes 1 und 2 zu beachten.

§ 8

Aufbewahrungspflicht und Gegendarstellung

(1) Die Veranstaltergemeinschaft ist gegenüber der LfR dafür verantwortlich, daß eine Aufzeichnung eines jeden gesendeten Beitrags erfolgt und für die Dauer der Frist gemäß § 17 Abs. 2 LRG NW (drei Monate nach dem Tag der Verbreitung) aufbewahrt wird. Wird innerhalb dieser Frist ein Beitrag beanstandet, enden die Pflichten der Aufzeichnung und Aufbewahrung erst, wenn die Beanstandung durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, durch gerichtlichen Vergleich oder auf andere Weise erledigt ist. Die Verpflichtung der Veranstaltergemeinschaft aus § 17 Abs. 3 LRG NW bleibt unberührt.

(2) Gegendarstellungsansprüche sind an die Veranstaltergemeinschaft zu richten.

(3) Das Verfahren über Programmbeschwerden gegen Beiträge richtet sich nach der Satzung der LfR über das Verfahren bei Programmbeschwerden in der jeweils gültigen Fassung.

§ 9

Entscheidungsrecht der LfR

(1) Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet in den Fällen des § 24 Abs. 4 bis 6 LRG NW die LfR.

(2) Bei Meinungsverschiedenheiten gemäß § 24 Abs. 7 LRG NW sind die Beteiligten jeweils verpflichtet, der LfR unverzüglich auf deren Verlangen den Beitrag auf Cassette oder DAT einschließlich der schriftlichen Ablehnungsbegründung zu übersenden.

§ 10

Schlußbestimmungen

(1) Die Veranstaltergemeinschaften sollen der LfR auf Nachfrage Berichte über ihre Erfahrungen bei der Anwendung dieser Satzung vorlegen.

(2) Einzelheiten zu § 4 Abs. 6 Satz 3 werden in einer Richtlinie und § 7 Abs. 1 in einer Satzung geregelt.

(3) Diese Satzung tritt am Tage nach der Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

Düsseldorf, den 21. August 1998

Der Direktor der

Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR)

Dr. Norbert S c h n e i d e r

-GV. NW. 1998 S. 556