Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 51 vom 23.12.1999 Seite 661 bis 668

 

Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG)

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Gesetz
über Hilfen und Schutzmaßnahmen
bei psychischen Krankheiten (PsychKG)

Vom 17. Dezember 1999

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlosssen, das hiermit verkündet wird:

Inhaltsübersicht

Abschnitt I
Allgemeines

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Grundsatz

Abschnitt II
Allgemeine Bestimmungen über die Hilfen für psychisch Kranke

§ 3 Ziel und Art der Hilfen

§ 4 Anspruch auf Hilfen

§ 5 Träger der Hilfen

§ 6 Zusammenarbeit

Abschnitt III
Vorsorgende Hilfe für psychisch Kranke

§ 7 Ziel der vorsorgenden Hilfe

§ 8 Durchführung der Hilfe

§ 9 Maßnahmen der unteren Gesundheitsbehörde

Abschnitt IV
Unterbringung

§ 10 Unterbringung und Aufsicht

§ 11 Voraussetzungen der Unterbringung

§ 12 Sachliche Zuständigkeit

§ 13 Anwendung der Vorschriften über die freiwillige Gerichtsbarkeit

§ 14 Sofortige Unterbringung

§ 15 Beendigung der Unterbringung

§ 16 Rechtsstellung der Betroffenen

§ 17 Aufnahme und Eingangsuntersuchung

§ 18 Behandlung

§ 19 Persönlicher Besitz

§ 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen

§ 21 Schriftverkehr

§ 22 Besuche, Telefongespräche, Telekommunikation

§ 23 Besuchskommissionen

§ 24 Beschwerdestellen

§ 25 Beurlaubungen

§ 26 Freiwilliger Krankenhausaufenthalt

Abschnitt V
Nachsorgende Hilfe für psychisch Kranke

§ 27 Ziel der nachsorgenden Hilfe

§ 28 Durchführung

§ 29 Mitwirkung bei der Aussetzung

Abschnitt VI
Zuständigkeit und Kosten

§ 30 Aufsichtsbehörden

§ 31 Kosten der Hilfen für psychisch Kranke

§ 32 Kosten der Unterbringung

§ 33 Kosten der Behandlung

§ 34 Einschränkung von Grundrechten

§ 35 Änderungsvorschrift

§ 36 In-Kraft-Treten

Abschnitt I
Allgemeines

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt

1. Hilfen für Personen, bei denen Anzeichen einer psychischen Krankheit bestehen, die psychisch erkrankt sind oder bei denen die Folgen einer psychischen Krankheit fortbestehen (Betroffene),

2. die Anordnung von Schutzmaßnahmen durch die untere Gesundheitsbehörde, soweit gewichtige Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer auf Grund einer psychischen Krankheit bestehen, und

3. die Unterbringung von den Betroffenen, die psychisch erkrankt sind und dadurch sich selbst oder bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährden.

(2) Psychische Krankheiten im Sinne dieses Gesetzes sind behandlungsbedürftige Psychosen sowie andere behandlungsbedürftige psychische Störungen und Abhängigkeitserkrankungen von vergleichbarer Schwere.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Personen, die auf Grund der §§ 63, 64 StGB, 81, 126 a, 453 c in Verbindung mit § 463 StPO, §§ 7, 73 JGG und §§ 1631 b, 1800,1915 sowie 1906 BGB untergebracht sind.

§ 2
Grundsatz

1Bei allen Hilfen und Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes ist auf den Willen und die Bedürfnisse der Betroffenen besondere Rücksicht zu nehmen. 2Dies gilt auch für Willensäußerungen der Betroffenen vor Beginn einer Maßnahme, insbesondere für Behandlungsvereinbarungen mit Ärztinnen und Ärzten ihres Vertrauens. 3Für eine ausreichende Dokumentation ist Sorge zu tragen.

Abschnitt II
Allgemeine Bestimmungen über die Hilfen
für psychisch Kranke

§ 3
Ziel und Art der Hilfen

(1) 1Die Hilfen sollen Betroffene aller Altersstufen durch rechtzeitige, der Art der Erkrankung angemessene medizinische und psychosoziale Vorsorge- und Nachsorgemaßnahmen befähigen, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu führen, sowie Anordnungen von Schutzmaßnahmen und insbesondere Unterbringungen vermeiden. 2Befinden sich die Betroffenen in ärztlicher, psychologisch psychotherapeutischer oder kinder- und jugendlichenpsychotherapeutischer (ärztlicher und psychotherapeutischer) Behandlung, werden die Hilfen ergänzend gewährt.

(2) 1Art, Ausmaß und Dauer der Hilfen richten sich, soweit dieses Gesetz nicht bestimmte Maßnahmen vorschreibt, nach den Besonderheiten des Einzelfalles. 2Sie werden nur geleistet, wenn sie freiwillig angenommen werden.

§ 4
Anspruch auf Hilfen

(1) Die Hilfen sind zu gewähren, sobald dem Träger dieser Hilfen durch begründeten Antrag Hilfebedürftiger oder Dritter bekannt wird, dass die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.

(2) Der Träger der Hilfen soll darüber hinaus von Amts wegen tätig werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass Hilfebedürftige nicht in der Lage sind, Hilfen zu beantragen.

§ 5
Träger der Hilfen

(1) 1Die Hilfen obliegen den Kreisen und kreisfreien Städten – unteren Gesundheitsbehörden - als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung und werden insbesondere durch Sozialpsychiatrische Dienste geleistet. 2Die unteren Gesundheitsbehörden haben darauf hinzuwirken, dass insbesondere ambulante Dienste und Einrichtungen, die die klinische Versorgung ergänzen, in Anspruch genommen werden können. 3 § 5 Abs. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) vom 25. November 1997 (GV. NRW. S. 430) in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.

(2) Die Aufsicht über die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Hilfen führen die Aufsichtsbehörden nach § 30.

(3) Die Aufsichtsbehörden können Weisungen erteilen, um die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben zu sichern.

(4) Zur zweckmäßigen Erfüllung dieser Aufgaben können die Aufsichtsbehörden allgemeine Weisungen erteilen, um die gleichmäßige Durchführung der Hilfen zu sichern.

§ 6
Zusammenarbeit

1Zur Unterstützung und Ergänzung der eigenen Maßnahmen arbeitet der Träger der Hilfen insbesondere

- mit Betroffenen- und Angehörigenorganisationen,

- mit Krankenhäusern im Sinne von. § 10 Abs.2 Satz 1,

- mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten,

- mit niedergelassenen psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und –therapeuten (Psychotherapeuten),

- mit Einrichtungen der Suchthilfe,

- mit sonstigen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens,

- mit der Sozial- und Jugendhilfe,

- mit Betreuungsbehörden und - vereinen und

- mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege

zusammen. 2Dabei ist die Koordination der psychiatrischen und Suchtkrankenversorgung gemäß §§ 3 und 23 ÖGDG in der jeweils geltenden Fassung zu gewährleisten.

Abschnitt III
Vorsorgende Hilfe für psychisch Kranke

§ 7
Ziel der vorsorgenden Hilfe

Die vorsorgende Hilfe soll insbesondere dazu beitragen, dass Betroffene rechtzeitig medizinisch und ihrer Krankheit angemessen behandelt werden, und sicherstellen, dass zusammen mit der ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung psychosoziale Maßnahmen und Dienste in Anspruch genommen werden.

§ 8
Durchführung der Hilfe

(1) 1Zur Durchführung der vorsorgenden Hilfe sind bei den Sozialpsychiatrischen Diensten der unteren Gesundheitsbehörden regelmäßig Sprechstunden abzuhalten. 2Diese sollen unter der Leitung einer in dem Gebiet der Psychiatrie weitergebildeten Ärztin oder eines in dem Gebiet der Psychiatrie weitergebildeten Arztes, zumindest aber einer in der Psychiatrie erfahrenen Ärztin oder eines in der Psychiatrie erfahrenen Arztes durchgeführt werden. 3Sie dienen dazu, im Einzelfall festzustellen, ob und in welcher Weise geholfen werden kann, ob eine Beratung Erfolg gehabt hat oder ob weitere Maßnahmen zu treffen sind.

(2) Hausbesuche sind anzubieten.

(3) 1Die vorsorgende Hilfe soll sich auch auf eine Beratung der Personen erstrecken, die Betroffene gesetzlich vertreten, mit ihnen zusammenleben oder von ihnen ausdrücklich als Vertrauenspersonen benannt worden sind. 2Sie soll Verständnis für die besondere Lage der Betroffenen bei den Vorgenannten wecken, ihre Bereitschaft zur Mitwirkung fördern und Unterstützung bei der Wahrnehmung der Hilfen leisten.

§ 9
Maßnahmen der unteren
Gesundheitsbehörde

(1) 1Sind gewichtige Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass Betroffene wegen einer psychischen Krankheit sich selbst erheblichen Schaden zuzufügen oder bedeutende Rechtsgüter anderer zu gefährden drohen, kann die untere Gesundheitsbehörde die Betroffenen auffordern, zu einer Untersuchung in der Sprechstunde des Sozialpsychiatrischen Dienstes zu erscheinen.2Ihnen ist die Möglichkeit zu eröffnen, statt in die Sprechstunde zu kommen, sich unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben, den Namen der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes anzugeben und diese aufzufordern, die untere Gesundheitsbehörde von der Übernahme der Behandlung zu unterrichten.
3Machen Betroffene von ihrem Wahlrecht nach Satz 2 Gebrauch, ist von weiteren Maßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 abzusehen.

(2) Folgen Betroffene der Aufforderung nach Absatz 1 nicht, sind sie zu Hause aufzusuchen und dort zu untersuchen.

(3) 1Ist ein Hausbesuch undurchführbar oder nicht zweckmäßig oder kann während des Hausbesuches die erforderliche Untersuchung nicht vorgenommen werden, ist die Aufforderung nach Absatz 1 unter Androhung einer zwangsweisen Vorführung zu wiederholen. 2Die Vorführung zur Untersuchung erfolgt auf Veranlassung der unteren Gesundheitsbehörde durch die örtliche Ordnungsbehörde.

(4) Untersuchungen nach den Absätzen 1 bis 3 sind von einer Ärztin oder einem Arzt vorzunehmen.

(5) 1Soweit die örtliche Ordnungsbehörde eine sofortige Untersuchung durch den Sozialpsychiatrischen Dienst aus Gründen beantragt, die eine besondere Eilbedürftigkeit belegen, hat die untere Gesundheitsbehörde die Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 durchzuführen. 2Absatz 1 Satz 2 findet keine Anwendung.

(6) 1Das Ergebnis der Untersuchungen nach den Absätzen 1 bis 3 teilt die untere Gesundheitsbehörde den Betroffenen oder deren gesetzlicher Vertretung und, sofern sie einen Antrag nach Absatz 5 gestellt hat, der örtlichen Ordnungsbehörde mit. 2Wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Mitteilung an die Betroffenen zu erheblichen Nachteilen für deren Gesundheit führt, kann sie unterbleiben. 3Begeben sich Betroffene nach der Untersuchung in ärztliche Behandlung, teilt die untere Gesundheitsbehörde ihren Untersuchungsbefund der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt auf Anforderung mit.

(7) Wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Betroffene sich selbst oder bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährden, kann der Sozialpsychiatrische Dienst der unteren Gesundheitsbehörde bei Gefahr im Verzug im Fall des Absatzes 2 Wohnungen, in denen Betroffene leben, betreten.

Abschnitt IV
Unterbringung

§ 10
Unterbringung und Aufsicht

(1) Ziel der Unterbringung ist es, die in § 11 Abs. 1 und 2 genannten Gefahren abzuwenden und die Betroffenen nach Maßgabe dieses Gesetzes zu behandeln.

(2) 1Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Betroffene gegen ihren Willen oder gegen den Willen Aufenthaltsbestimmungsberechtigter oder im Zustand der Willenlosigkeit in ein psychiatrisches Fachkrankenhaus, eine psychiatrische Fachabteilung eines Allgemeinkrankenhauses oder einer Hochschulklinik (Krankenhaus) eingewiesen werden und dort verbleiben. 2Die §§ 1631 b, 1800, 1915 und 1906 BGB bleiben unberührt. 3Die Krankenhäuser haben durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die Betroffenen der Unterbringung nicht entziehen.

(3) Die Zuständigkeit der Krankenhäuser ergibt sich aus § 2 in Verbindung mit § 18 Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - KHG NRW - vom 16. Dezember 1998 ( GV. NRW. S. 696) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) 1Die Rechtsaufsicht über Krankenhäuser nach Absatz 2, soweit Betroffene untergebracht sind, führt die Aufsichtsbehörde. 2§ 12 KHG NRW bleibt unberührt.

§ 11
Voraussetzungen der Unterbringung

(1) 1Die Unterbringung Betroffener ist nur zulässig, wenn und solange durch deren krankheitsbedingtes Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer besteht, die nicht anders abgewendet werden kann. 2Die fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, rechtfertigt allein keine Unterbringung.

(2) Von einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne von Absatz 1 ist dann auszugehen, wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.

(3) Die Anordnung der Unterbringung ist aufzuheben, wenn Maßnahmen nach den in § 1 Abs. 3 genannten Bestimmungen erfolgt sind.

§ 12
Sachliche Zuständigkeit

1Die Unterbringung wird auf Antrag der örtlichen Ordnungsbehörde im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst vom Amtsgericht – Vormundschaftsgericht - angeordnet. 2Dem Antrag ist ein den §§ 70 e und 70 h in Verbindung mit § 69 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGG entsprechendes ärztliches Zeugnis beizufügen. 3Antragstellung und Unterbringung sind von der örtlichen Ordnungsbehörde zu dokumentieren und dem Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde unverzüglich mitzuteilen.

§ 13
Anwendung der Vorschriften über die
freiwillige Gerichtsbarkeit

(1) Für einstweilige, längerfristige und Unterbringungen zur Begutachtung sowie für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG).

(2) Gemäß § 70 d Abs. 1 und § 70 g Abs. 2 FGG gibt das Gericht vor Unterbringungsmaßnahmen auch dem Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde Gelegenheit zur Äußerung und teilt ihm die Entscheidung mit.

§ 14
Sofortige Unterbringung

(1) 1Ist bei Gefahr im Verzug eine sofortige Unterbringung notwendig, kann die örtliche Ordnungsbehörde die sofortige Unterbringung ohne vorherige gerichtliche Entscheidung vornehmen, wenn ein ärztliches Zeugnis über einen entsprechenden Befund vorliegt, der nicht älter als vom Vortage ist.
2
Zeugnisse nach Satz 1 sind grundsätzlich von Ärztinnen oder Ärzten auszustellen, die im Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie weitergebildet oder auf dem Gebiet der Psychiatrie erfahren sind.
3Sie haben die Betroffenen persönlich zu untersuchen und die Notwendigkeit einer sofortigen Unterbringung schriftlich zu begründen. 4Will die örtliche Ordnungsbehörde in der Beurteilung der Voraussetzungen für eine sofortige Unterbringung von einem vorgelegten ärztlichen Zeugnis abweichen, hat sie den Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde zu beteiligen.

(2) 1Nimmt die örtliche Ordnungsbehörde eine sofortige Unterbringung vor, ist sie verpflichtet, unverzüglich beim Amtsgericht – Vormundschaftsgericht - einen Antrag auf Unterbringung zu stellen.
2In diesem Antrag ist darzulegen, warum andere Hilfsmaßnahmen nicht ausreichten und eine gerichtliche Entscheidung nicht möglich war. 3Ist die Unterbringung und deren sofortige Wirksamkeit nicht bis zum Ablauf des auf den Beginn der sofortigen Unterbringung folgenden Tages durch das Gericht angeordnet, so sind die Betroffenen von der ärztlichen Leitung des Krankenhauses, bei selbstständigen Abteilungen von der fachlich unabhängigen ärztlichen Leitung der Abteilung (ärztliche Leitung), zu entlassen.

§ 15
Beendigung der Unterbringung

1 Ordnet das Gericht nicht die Fortdauer der Unterbringung an, sind die Betroffenen nach Ablauf der festgesetzten Unterbringungszeit durch die ärztliche Leitung zu entlassen. 2 Von der bevorstehenden Entlassung sind zu benachrichtigen:

1. das Gericht,

2. der Sozialpsychiatrische Dienst der unteren Gesundheitsbehörde,

3. die Ärztin, der Arzt und die Psychotherapeuten, die die Betroffenen vor der Unterbringung

behandelt haben,

1. die örtliche Ordnungsbehörde, die die Unterbringung veranlasst hat,

2. die gesetzliche Vertretung der Betroffenen,

3. Bevollmächtigte nach § 1906 Abs. 5 BGB und

4. von den Betroffenen benannte Personen ihres Vertrauens.

§ 16
Rechtsstellung der Betroffenen

(1) 1Die Betroffenen unterliegen nur denjenigen Beschränkungen ihrer Freiheit, die sich zwingend aus dem Zweck der Unterbringung und aus den Anforderungen eines geordneten Zusammenlebens in einem Krankenhaus ergeben. 2Maßnahmen, die die Freiheit der Betroffenen beschränken, sind im Verlauf der Behandlung ständig zu überprüfen und dem Behandlungsfortschritt anzupassen. 3Der regelmäßige Aufenthalt im Freien ist zu gewährleisten.

(2) 1Eingriffe in die Rechte Betroffener sind schriftlich festzuhalten und zu begründen. 2Diese Unterlagen können Betroffene, ihre gesetzlichen Vertretungen, sowie die für die Betroffenen bestellten Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspfleger oder ihre Verfahrensbevollmächtigten einsehen.

(3) Die Betroffenen sind darin zu unterstützen, notwendige Maßnahmen für ihre Familien und hilfsbedürftigen Angehörigen sowie ihre Vermögensangelegenheiten zu veranlassen.

§ 17
Aufnahme und Eingangsuntersuchung

(1) 1Bei der Aufnahme unterrichtet das Krankenhaus die Betroffenen mündlich und schriftlich über ihre Rechte und Pflichten. 2Eine Person ihres Vertrauens ist unverzüglich über die Aufnahme zu benachrichtigen. 3Satz 1 gilt für die Vertrauensperson entsprechend.

(2) 1Nach der Aufnahme sind die Betroffenen sofort ärztlich zu untersuchen. 2Es ist sicherzustellen, dass die Erforderlichkeit der weiteren Unterbringung fortlaufend ärztlich überprüft und dokumentiert wird.

(3) 1Ergibt eine ärztliche Untersuchung, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, hat die ärztliche Leitung die in § 15 Satz 2 Genannten unverzüglich zu unterrichten. 2Bis zur Entscheidung des Gerichts können die Betroffenen sofort nach § 25 beurlaubt werden.

§ 18
Behandlung

(1) Während der Unterbringung wird eine ärztlich und psychotherapeutisch gebotene und rechtlich zulässige Heilbehandlung vorgenommen.

(2) 1Unverzüglich nach der Aufnahme ist für die Betroffenen ein individueller Behandlungsplan zu erstellen. 2Die Behandlung und der Plan sind den Betroffenen und ihrer gesetzlichen Vertretung zu erläutern. 3Befinden sich die Betroffenen in einer akuten Krise, sind Zeitpunkt und Form der Erläuterung des Behandlungsplanes nach therapeutischen Kriterien zu bestimmen. 4Betroffenen, ihren Verfahrenspflegerinnen, Verfahrenspflegern, Verfahrensbevollmächtigten und ihrer gesetzlichen Vertretung ist auf Verlangen unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen Einsicht in die Krankenunterlagen zu gewähren. 5Wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einsicht in die Krankenunterlagen zu erheblichen Nachteilen für die Gesundheit der Betroffenen führt, kann sie unterbleiben.

(3) 1Die Behandlung bedarf vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 4 und 5 der Einwilligung der Betroffenen. 2Können die Betroffenen bei einer erforderlichen Einwilligung Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung nicht einsehen oder sich nicht nach dieser Einsicht verhalten, ist die Einwilligung der gesetzlichen Vertretung oder der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten erforderlich. 3§ 1904 BGB bleibt unberührt.

(4) Nur in den Fällen von Lebensgefahr, von erheblicher Gefahr für die eigene und für die Gesundheit anderer Personen ist die Behandlung ohne oder gegen den Willen Betroffener oder deren gesetzlicher Vertretung oder der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten zulässig.

(5) Maßnahmen nach Absatz 4, die ohne Einwilligung der Betroffenen, ihrer gesetzlichen Vertretung oder ihrer Bevollmächtigten durchgeführt werden, dürfen nur durch die ärztliche Leitung, bei deren Verhinderung durch deren Vertretung angeordnet werden und nur durch Ärztinnen oder Ärzte vorgenommen werden.

§ 19
Persönlicher Besitz

1Betroffene haben das Recht, persönliche Gegenstände in ihrem Zimmer aufzubewahren. 2Dieses Recht darf nur eingeschränkt werden, soweit dies erforderlich ist, um gesundheitliche Nachteile für Betroffene oder erhebliche Gefahren für die Sicherheit oder das geordnete Zusammenleben abzuwehren.

§ 20
Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Bei einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer gegenwärtigen erheblichen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer können

- Beschränkung des Aufenthalts im Freien

- Unterbringung in einem besonderen Raum

- Fixierung (Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch mechanische Hilfsmittel)

angeordnet werden, soweit und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann.

(2) 1Maßnahmen nach Absatz 1 sind den Betroffenen vorher anzudrohen und zu begründen. 2Von der Androhung kann bei einer Fixierung ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. 3Sie bedürfen der ärztlichen Anordnung und Überwachung. 4Sie sind zu befristen und sofort aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung entfallen. 5Bei Fixierungen ist eine ständige Beobachtung sicherzustellen. 6Anlass, Anordnung, Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen sind zu dokumentieren und der Verfahrenspflegerin, dem Verfahrenspfleger, den Verfahrensbevollmächtigten und der gesetzlichen Vertretung der Betroffenen unverzüglich mitzuteilen.

§ 21
Schriftverkehr

(1) Die Betroffenen haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Schriftwechsel mit den gesetzlichen Vertretungen, den Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspflegern, den Verfahrensbevollmächtigten, Notarinnen und Notaren, mit dem Europäischen Parlament, Volksvertretungen des Bundes und des Landes, ihren Mitgliedern, dem Träger des Krankenhauses sowie seiner Beschwerdestelle, den zuständigen Behörden, den Gerichten oder Staatsanwaltschaften in der Bundesrepublik Deutschland, dem Bürgerbeauftragten der Europäischen Union, der Europäischen Kommission für Menschenrechte in Straßburg sowie den für die Datenschutzkontrolle zuständigen Stellen darf weder unterbunden noch überwacht werden.

(3) 1Um eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer zu vermeiden, können der Schriftwechsel überwacht und Schreiben angehalten oder verwahrt werden. 2Absenderinnen und Absender sowie die Betroffenen sind unverzüglich zu unterrichten, soweit die Schreiben nicht zurückgesendet werden. 3Die Unterrichtung der Betroffenen kann solange unterbleiben, wie dies aus Gründen der Behandlung zwingend geboten ist. 4Hiervon sind die Verfahrenspflegerinnen und Verfahrenspfleger, die gesetzliche Vertretung und die Verfahrensbevollmächtigten zu unterrichten.

(4) 1Die vorstehenden Bestimmungen sind auch auf Telegramme, Pakete, Päckchen, einzelne Zeitungen und Zeitschriften anzuwenden. 2Wenn Pakete und Päckchen geöffnet werden, hat dies in Gegenwart der Betroffenen zu geschehen. 3§ 19 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 22
Besuche, Telefongespräche, Telekommunikation

(1) 1Die Betroffenen haben das Recht, regelmäßig Besuche zu empfangen. 2§ 19 Satz 2 gilt entsprechend. 3Näheres kann durch Hausordnung geregelt werden.

(2) 1Besuche der gesetzlichen Vertretung, der Verfahrenspflegerinnen oder Verfahrenspfleger, der in einer Angelegenheit der Betroffenen tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Notarinnen und Notare dürfen nicht untersagt werden. 2Schriftstücke und sonstige Unterlagen, die diese Personen mit sich führen, werden nicht überprüft. 3Für die Übergabe anderer Gegenstände gilt § 19 Satz 2 entsprechend.

(3) Für die Nutzung von Telekommunikationsmitteln gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

§ 23
Besuchskommissionen

(1) 1Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium beruft Besuchskommissionen, die mindestens einmal in zwölf Monaten unangemeldet die Krankenhäuser, in denen Betroffene nach diesem Gesetz untergebracht werden, besuchen und daraufhin überprüfen, ob die mit der Unterbringung von psychisch Kranken verbundenen besonderen Aufgaben erfüllt werden. 2Dabei können Betroffene Wünsche und Beschwerden vortragen. 3Soweit zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich, darf eine Besuchskommission personenbezogene Daten der Betroffenen, der Beschäftigten und in diesem Zusammenhang unvermeidbar mitbetroffener Dritter erheben und unter Wahrung der schutzwürdigen Belange weiterverarbeiten. 4Für eine ausreichende Datensicherung hat die Besuchskommission Sorge zu tragen.

(2) 1Jede Besuchskommission legt alsbald, spätestens drei Monate nach einem Besuch der Aufsichtsbehörde einen Besuchsbericht mit dem Ergebnis der Überprüfung vor, der auch zu den Wünschen und Beschwerden von Betroffenen Stellung nimmt. 2Der Bericht wird von dem in Absatz 4 Nr. 2 genannten Mitglied der Kommission erstellt. 3Die Aufsichtsbehörde leitet ihn unverzüglich mit einer Stellungnahme und einem Bericht über die veranlassten Aufsichtsmaßnahmen an das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium weiter. 4Der Krankenhausträger erhält zeitgleich eine Durchschrift des Berichts nach Satz 2.

(3) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium legt dem Landtag alle zwei Jahre eine Zusammenfassung der Besuchsberichte nach Absatz 2 vor.

(4) 1Den Besuchskommissionen müssen angehören:

1. eine staatliche Medizinalbeamtin oder ein staatlicher Medizinalbeamter der Aufsichtsbehörde,

2. eine in der Psychiatrie weitergebildete Ärztin oder ein in der Psychiatrie weitergebildeter Arzt und

3. eine Vormundschaftsrichterin oder ein Vormundschaftsrichter oder eine Beamtin oder ein Beamter mit der Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst.

2Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium kann weitere Mitglieder, auch für einzelne Besuche der Kommission, bestellen, insbesondere der Betroffenen- und Angehörigenorganisationen. 3Angehörige der unteren Gesundheitsbehörde können an den Besuchen teilnehmen.

(5) Das Petitionsrecht, die Aufsichtspflichten und -rechte der zuständigen Behörden sowie das Gebot der Schweigepflicht der Angehörigen der Heilberufe bleiben unberührt.

§ 24
Beschwerdestellen

(1) 1In Krankenhäusern (§ 10 Abs. 2) sind die Betroffenen in geeigneter Weise über Name, Anschrift, Aufgabenbereich und Sprechstundenzeiten der Mitglieder der Patientenbeschwerdestelle nach § 5 KHG NRW zu unterrichten. 2Sprechstunden sollen bei Bedarf im geschlossenen Bereich des Krankenhauses abgehalten werden.

(2) Geeignet als Mitglied von Patientenbeschwerdestellen für die Belange Betroffener sind nach diesem Gesetz insbesondere Personen, die in der Behandlung und Betreuung von psychisch Kranken eine langjährige Erfahrung haben.

(3) 1Die Mitglieder der Patientenbeschwerdestellen haben im Rahmen ihrer Aufgaben das Recht, Unterbringungs- und Behandlungsräume zu begehen und bei Beanstandungen auf eine Änderung hinzuwirken. 2Sie prüfen die Wünsche und Beschwerden der Betroffenen und tragen sie auf deren Wunsch dem Krankenhausträger und den Besuchskommissionen (§ 23) vor.  3Schwerwiegende Mängel teilen sie der Aufsichtsbehörde unverzüglich mit.

§ 25
Beurlaubungen

(1) 1Die ärztliche Leitung kann die Betroffenen bis zu zehn Tagen beurlauben. 2Ein längerer Urlaub darf nur im Einvernehmen mit dem Vormundschaftsgericht gewährt werden. 3In den Fällen des Satzes 2 ist der Sozialpsychiatrische Dienst der unteren Gesundheitsbehörde zu unterrichten.

(2) Die Beurlaubung kann mit Auflagen, insbesondere der Verpflichtung zur Weiterführung der ärztlichen Behandlung, verbunden werden.

(3) Die Beurlaubung kann jederzeit widerrufen werden, insbesondere, wenn Auflagen nicht befolgt werden.

§ 26
Freiwilliger Krankenhausaufenthalt

Verbleiben die Betroffenen nach Aufhebung der Unterbringungsanordnung, Ablauf der angeordneten Unterbringungszeit oder Eintritt der Entlassungsverpflichtung gemäß § 14 Abs. 2 auf Grund rechtswirksamer Einwilligung weiter in dem Krankenhaus, ist dies durch die ärztliche Leitung dem Gericht, der örtlichen Ordnungsbehörde, dem Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde und der gesetzlichen Vertretung der Betroffenen mitzuteilen.

Abschnitt V
Nachsorgende Hilfe für psychisch Kranke

§ 27
Ziel der nachsorgenden Hilfe

(1) Ziel der nachsorgenden Hilfe ist es, die Betroffenen nach einer Unterbringung oder einer sonstigen stationären psychiatrischen Behandlung durch individuelle, ärztlich geleitete Beratung und psychosoziale Maßnahmen zu befähigen, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu führen.

(2) Ist die Aussetzung der Vollziehung einer Unterbringung nach § 70 k FGG von Auflagen über eine ärztliche Behandlung abhängig gemacht worden, gehört es zur Aufgabe der nachsorgenden Hilfe, die Einhaltung dieser Auflagen zu überwachen.

§ 28
Durchführung

(1) 1Soweit Krankenhäuser soziale Dienste nach § 6 KHG NRW oder Institutsambulanzen nach § 118 SGB V vorhalten, ist die nachsorgende Hilfe in enger Zusammenarbeit mit diesen durchzuführen und von den unteren Gesundheitsbehörden zu koordinieren. 2§ 8 gilt entsprechend. 3Sprechstunden und Hausbesuche können nach Absprache mit dem Träger der Hilfe für die untere Gesundheitsbehörde von den Einrichtungen nach Satz 1 wahrgenommen werden.

(2) In der nachsorgenden Hilfe sind, insbesondere nach Ablauf einer Aussetzung der Vollziehung, die Betroffenen erforderlichenfalls über die Folgen einer Unterbrechung der notwendigen ärztlichen Behandlung aufzuklären.

§ 29
Mitwirkung bei der Aussetzung

(1) Ist die Aussetzung der Vollziehung einer Unterbringung durch das Gericht nach § 70 k Abs. 1 Satz 2 FGG davon abhängig gemacht worden, dass Betroffene sich in ärztliche Behandlung begeben, haben Betroffene oder ihre gesetzlichen Vertretungen unverzüglich Namen und Anschrift der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes dem Krankenhaus, in dem sie untergebracht waren, mitzuteilen.

(2) 1Das Krankenhaus übersendet unverzüglich einen ärztlichen Entlassungsbericht der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt. 2Gleichzeitig ist eine Zweitschrift des Entlassungsberichtes unter Angabe der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes dem für den Aufenthaltsort der Betroffenen zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde zu übersenden.

(3) 1Die behandelnde Ärztin und der behandelnde Arzt haben den Sozialpsychiatrischen Dienst der unteren Gesundheitsbehörde zu unterrichten, wenn die ärztlichen Anordnungen von den Betroffenen nicht eingehalten werden. 2Der Sozialpsychiatrische Dienst der unteren Gesundheitsbehörde hat das Vormundschaftsgericht hiervon und über getroffene Maßnahmen zu unterrichten sowie eine Stellungnahme zum weiteren Vorgehen abzugeben.  3Soweit eine ärztliche Behandlung nicht mehr erforderlich ist, gilt § 15 Satz 2 entsprechend.

Abschnitt VI
Zuständigkeit und Kosten

§ 30
Aufsichtsbehörden

1Aufsichtsbehörde ist die Bezirksregierung. 2Oberste Aufsichtsbehörde ist das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium.

§ 31
Kosten der Hilfen für psychisch Kranke

Die Kosten der Hilfen für psychisch Kranke einschließlich der Untersuchung nach § 9 tragen die Kreise und kreisfreien Städte.

§ 32
Kosten der Unterbringung

(1) 1Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einem Krankenhaus tragen die Betroffenen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind. 2Die Kosten einer Unterbringung nach diesem Gesetz trägt bei Gefangenen des Justizvollzuges und bei Sicherungsverwahrten das Land, vertreten durch das für die Rechtspflege zuständige Ministerium; gleiches gilt bei Strafarrestanten, wenn der Strafarrest in einer Einrichtung der Justiz vollzogen wird.

(2) Die Kosten einer Unterbringung sind von der Staatskasse zu tragen, wenn der Antrag auf Anordnung der Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben.

(3) Hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag, so kann das Gericht die Kosten der Unterbringung ganz oder teilweise der Gebietskörperschaft, deren Behörde den Antrag gestellt hat, auferlegen.

(4) 1In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat die in der Hauptsache ergehende Entscheidung auszusprechen, wer die Kosten der Unterbringung zu tragen hat. 2Über die Kosten ist auch zu entscheiden, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht, und zwar unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes nach billigem Ermessen. 3Den Beteiligten nach Absatz 1 ist die Entscheidung mitzuteilen.

(5) Die Entscheidung über die Kosten der Unterbringung ist mit der sofortigen Beschwerde selbstständig anfechtbar.

§ 33
Kosten der Behandlung

Die Kosten einer ambulanten oder stationären ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung tragen die Betroffenen, soweit sie nicht von Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung, einem Träger der Sozialhilfe oder anderen zu zahlen sind.

§ 34
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden im Rahmen des Artikel 19 Abs. 2 des Grundgesetzes die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes), auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) und der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 35
Änderungsvorschrift

In § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Gesundheitswesen (Gesundheitsdatenschutzgesetz - GDSG NW) vom 22. Februar 1994 (GV. NRW. S. 84) werden das Datum und die Fundstelle „2. Dezember 1969 (GV. NRW. S. 872)“ durch „17. Dezember 1999 (GV. NRW. S. 662)“ ersetzt.

§ 36
In-Kraft-Treten

1Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. 2 Gleichzeitig tritt das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) vom 2. Dezember 1969 (GV. NRW. S. 872), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1984 (GV. NRW. S. 14), außer Kraft.

Düsseldorf, den 14.Dezember 1999

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Der Ministerpräsident

Wolfgang  C l e m e n t

(L. S.)

Der Innenminister

Dr. Fritz B e h r e n s

Der Justizminister

Jochen  D i e c k m a n n

Die Ministerin
für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit

Birgit  F i s c h e r

GV. NRW. 1999 S. 662